Berlin. Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes fordert ein Lohnauskunftsrecht für alle Beschäftigten – auch in kleinen Unternehmen.

Was verdient mein Kollege? Diese Frage wird in vielen deutschen Unternehmen als Betriebsgeheimnis bewahrt. Damit ist nun Schluss – zumindest in einigen Firmen. Vom 6. Januar an erhalten Mitarbeiter in größeren Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten ein Auskunftsrecht darüber, was ihre Arbeitskollegen in gleichrangiger Position verdienen. Allerdings ist der Weg zur Information über das Entgelttransparenzgesetz nicht ganz so einfach.

Das Grundgesetz, Artikel 3, schreibt die Gleichberechtigung für Männer und Frauen vor. Dazu gehört auch, dass alle Geschlechter im Arbeitsleben gleich behandelt werden. Transparenz der Löhne ist eine Voraussetzung, um Ungerechtigkeiten überhaupt aufzudecken.

Frauen verdienen in Deutschland im Schnitt 21 Prozent weniger

Frauen verdienen in Deutschland aber im Durchschnitt 21 Prozent weniger als Männer. Gründe für diese Lohnlücke liegen auch darin, dass Frauen häufiger in Teilzeitjobs beschäftigt sind, seltener Führungspositionen besetzen oder in schlechter bezahlten Jobs wie etwa in Sozialberufen arbeiten. Laut Statistischem Bundesamt bekommen Frauen durchschnittlich einen Stundenlohn von 16,26 Euro brutto, Männer 20,71 Euro. Selbst wenn Berufstätige in gleicher Beschäftigung verglichen werden, verdienen Frauen im Durchschnitt sieben Prozent weniger als Männer.

Alle Mitarbeiter in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten haben nun einen individuellen Auskunftsanspruch. Bundesweit sind dies mehr als 14 Millionen Beschäftigte – und zwar sowohl Frauen als auch Männer. Sie haben das Recht, von ihrem Arbeitgeber zu erfahren, was sie im Vergleich zu Kollegen in ähnlichen Positionen verdienen. Das Gesetz erlaubt es nicht, das Gehalt eines einzelnen Kollegen zu erfahren. Vielmehr muss es mit den Löhnen von mindestens sechs Beschäftigten des anderen Geschlechts verglichen werden, die einen ähnlichen Job ausüben.

Arbeitgeber muss Kriterien des Gehaltsgefüges erklären

Die Beschäftigten sollten sich mit ihrem Auskunftswunsch an ihren Betriebsrat oder Personalrat wenden. Der Arbeitgeber muss dann bei einer Anfrage den Mittelwert der Bruttogehälter der Vergleichsgruppe nennen und erklären, nach welchen Kriterien die Gehälter festgelegt werden.

Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. © imago/Metodi Popow | imago stock&people

Sollten Mitarbeiter zu wenig Lohn bekommen, besteht für sie ein Rechtsanspruch auf Nachzahlung. Arbeitnehmer können ihren Anspruch vor Arbeitsgerichten einklagen, Beamte vor den Verwaltungsgerichten.

Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Christine Lüders, setzt darauf, „dass viele Beschäftigte von ihrem Recht auf Auskunft Gebrauch machen und so allmählich eine Kultur der Transparenz geschaffen wird, die bisher in vielen Unternehmen leider fehlt“.

Auch DGB-Vizechefin fordert Ausweitung der Rechte

Lüders macht sich außerdem dafür stark, dass der neue Auskunftsanspruch für Löhne nach dem Entgelttransparenzgesetz auf alle Beschäftigten in Deutschland ausgeweitet wird – und damit auch für Betriebe mit weniger als 200 Mitarbeiter gilt. „Wir müssen uns weiter dafür einsetzen, dass endlich alle Menschen für gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten – ganz unabhängig vom Geschlecht“, sagte Christine Lüders unserer Redaktion.

„Auch Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen sollten die Möglichkeit haben, Transparenz über die Entgeltstrukturen zu erhalten.“ Ohne Transparenz sei eine gerechte Gehaltsverteilung nicht zu erreichen.

Auch die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack fordert eine Ausweitung der Rechte gerade auch auf Kleinstbetriebe mit ein bis fünf Mitarbeitern: „Dort ist die Entgeltdiskriminierung am höchsten.“