Berlin. Extreme Lagen wie die Flüchtlingskrise erfordern unkonventionelle Maßnahmen. Quotenregeln und Verteilungsschlüssel reichen dabei nicht.

Weihnachten ist die Zeit des Innehaltens, des Treffens im Familienkreis – und des Denkens an die anderen, denen es nicht so gut geht wie uns im wohlhabenden und wohlgeordneten Deutschland. Bischöfe erinnern in ihren Predigten an die Mühseligen und Beladenen dieser Erde, mahnen Solidarität und Mitmenschlichkeit an, vor allen mit Flüchtlingen, die Europa nach wie vor in großer Zahl erreichen. Zu Recht. Denn ohne Humanität und gegenseitige Hilfe fehlt jeder Gesellschaft das Menschliche.

Gefühle, innere Verpflichtungen und religiöse Gebote reichen jedoch nicht aus, wenn es um die praktische Bewältigung der Wanderbewegungen der Moderne geht. Es schlägt um ins Kontraproduktive, wenn eine Gesellschaft zumindest in Teilen überfordert wird, wie im Herbst 2015 geschehen, als Tür und Tor für einen unkontrollierten Zustrom von Menschen geöffnet wurden. Das hat die Politik längst begriffen und versucht seitdem gegenzusteuern. Ob man es nun Obergrenze, „atmenden Deckel“ oder wie auch immer nennt: Es wird versucht, die Einwanderung zu begrenzen, Integration zu beschleunigen und zu verbessern.

Hartz IV für Migranten ist keine Lösung

Der Vorschlag der Kommunen, Migranten wie in Dänemark leichteren Zugang zur Arbeitswelt zu verschaffen, klingt vielversprechend. Warum Menschen mittels ausgeklügelter Kurse erst quasi zu „Diplom-Migranten“ qualifizieren, wenn es möglicherweise schneller, einfacher und billiger direkt im Arbeitsprozess funktionieren kann? Vorausgesetzt, es gibt genügend geeignete Arbeitsplätze und Bewerber dafür. Aber alles wäre besser als wie im Moment 600.000 arbeitsfähige Migranten mit Hartz IV zu versorgen, die dann über kurz oder lang sich in Problemvierteln wiederfinden könnten. Besondere Situationen erfordern auch unkonventionelle Maßnahmen.

Auf europäischer Ebene wird es auch nicht ausreichen, die Dublin-Regeln dahingehend zu verändern, dass nicht mehr nur diejenigen Staaten für die Asylverfahren zuständig sind, die ein Migrant zuerst betreten hat. Es wird weder zur Lösung des Problems noch zur Beilegung des Streits innerhalb der EU beitragen, Flüchtlinge per Quotensystem auf alle Mitgliedsstaaten verteilen zu wollen. Es ist zum einen problematisch, Staaten Migranten aufzwingen zu wollen, die diese ablehnen. Genauso illusorisch ist es zu glauben, dass Menschen, die der besseren Sozialleistungen wegen eigentlich nach Deutschland, Österreich oder Skandinavien wollen, in Polen oder Ungarn bleiben, weil es ein bürokratisch ausgeklügelter EU-Schlüssel so vorsieht.

Kontrolle der Schengen-Außengrenzen ist keine Forderung von Hardlinern

Zu einer „fairen und ausgewogenen“ Migrationspolitik, wie sie EU-Flüchtlingskommissar Avramopoulos fordert, würde auch gehören, dass man bereits an den Außengrenzen des Schengen-Raumes kontrolliert, wer überhaupt asylberechtigt oder anderweitig schutzbedürftig ist. Der Schutz der Außengrenzen ist keine rechtspopulistische Forderung von Hardlinern, sondern war in den Schengen-Verträgen schon immer so vorgesehen.

Oft wird das Bild der „Festung Europa“ bemüht, wird Kontrolle mit Abschottung gleichgesetzt – und unterstellt, dass eine Festung per se etwas Negatives sei. Eine Festung hat aber nicht nur ihren Insassen Schutz gegen Angreifer geboten, sie hat auch für Sicherheit, Kontrolle und Ordnung in der Umgebung gesorgt, sie hat Tore, durch die Bewohner und in friedlicher Absicht kommende Gäste ein- und ausgehen konnten, war Ort der Rechtsprechung und Vorratslager für die Not.

Das macht sicherlich nicht das gesamte menschliche Zusammenleben aus. Aber ohne ein Mindestmaß an Sicherheit ist es auch schwer, tätige Solidarität mit anderen zu üben.