Berlin. Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt vor Frauen in der Salafisten-Szene. Das Netzwerk ist allerdings nur schwer zu überwachen.

Es sind diese Kanäle, die den Sicherheitsbehörden zunehmend Arbeit und Sorge bereiten: „Lasst uns den Feinden des Islam zeigen, dass wir al-Kuds mehr lieben als sie“, schreiben die Autoren in dem Chat „Hijra Sham“.

Im Messengerdienst Telegram sprechen Islamisten direkt Frauen an, „Schwestern und Mütter“, hetzen gegen „Ungläubige“ und werben für die Ausreise nach Syrien. In einem anderen Kanal sammeln Frauen Spenden für Gefangene der Szene, schreiben Briefe, erledigen Einkäufe für andere Frauen, deren Mann an der Seite einer Extremistengruppe getötet wurde.

„Kleine konspirative Zirkel“

Seitdem führende Männer der radikalen Szene inhaftiert, erschossen oder abgetaucht sind, wächst die Bedeutung von Frauen für die radikalen Salafisten in Deutschland. Es ist ein „Netzwerk“, in das „nur erschwert nachrichtendienstliche Zugangsmöglichkeiten“ bestehen, schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz in einer aktuellen Mitteilung.

Frauen organisieren sich demnach häufig in „kleinen konspirativen Zirkeln“ und vor allem im Internet. Das macht es für den Geheimdienst schwer, die jungen Musliminnen auszuspionieren, sofern sie mit radikalen Parolen auffällig werden. Man beobachte eine „Privatisierung des Salafismus“, erklärt Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen.

Fast 1000 Islamisten ausgereist

Beim Thema Salafismus sind die Behörden aufmerksamer geworden.
Beim Thema Salafismus sind die Behörden aufmerksamer geworden. © dpa | Marijan Murat

Das gelte auch für Männer in der Szene, die unter den Muslimen in Deutschland eine Minderheit bildet. Und doch steigt die Zahl der von den Sicherheitsbehörden sogenannten Salafisten auf ein Allzeithoch: Derzeit sind es 10.800 Personen, schätzt der Inlandsgeheimdienst. Im Dezember 2016 waren es 9700, im September 2017 schon 10.300 Personen, die den Islam radikal auslegen. Aus Sicht von Polizei und Verfassungsschutz gehen fast alle Dschihadisten und Anhänger von Terrormilizen wie dem „Islamischen Staat“ aus dem Milieu der Salafisten hervor – fast alle Angeklagten sind Männer.

Urteil im Fall Safia S.

Die Zahl der Salafisten steigt laut Experten allerdings auch deshalb immer weiter an, da Polizei und Geheimdienst die Aufmerksamkeit auf diese Gruppe in den vergangenen Jahren stark erhöht haben. Bis heute sind laut Sicherheitsbehörden fast 1000 deutsche Islamisten in den Dschihad ausgereist – etwa ein Fünftel von ihnen sind Frauen.

Im Januar war die damals 16 Jahre Safia S. wegen einer Messerattacke in Hannover auf einen Polizisten zu einer Jugendhaftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Es war einer der wenigen Verfahren, in dem die Sicherheitsbehörden einer jungen Islamistin eine Straftat nachweisen konnten.