Berlin. Die neue Bundesregierung muss kontinuierlich für Qualität an Schulen sorgen. Sonst geraten schlechte Schüler weiter ins Hintertreffen.

Lesen ist nicht nur eine Technik. Lesen ist der Schlüssel zur Welt. Wer nicht lesen kann, verliert nicht nur den Anschluss. Sondern auch die Perspektive auf ein selbstbestimmtes Leben. Wenn also mittlerweile jedes fünfte Kind die Grundschule verlässt, ohne richtig lesen zu können, dann ist das nicht nur eine dramatische Entwicklung. Es ist beschämend.

Lesen: ungenügend. Dieser schlichte Befund bedeutet für das Leben jedes einzelnen Schülers eine schleichende Katastrophe. Kinder, die am Ende der Grundschulzeit nicht einmal einfachste Texte erfassen können, haben es später nicht nur im Deutschunterricht schwer. Sie können die Textaufgaben in Mathe nicht verstehen. Sie können keine Erklärungen im Geschichtsbuch begreifen. Sie können die Anweisungen im Physiktest nicht befolgen. Kurz: Sie haben keine Chance auf gute Noten und gute Abschlüsse.

Nächste Bundesregierung muss kontinuierliche Qualität liefern

Das liegt auch daran, dass die wenigsten die Leselücken aus der Grundschulzeit später füllen können – weil die Lehrer an weiterführenden Schulen nicht die Zeit dazu haben, Basisfähigkeiten zu vermitteln. Experten warnen deswegen seit Jahren davor, die Gruppe dieser sehr schwachen Schüler einfach immer weiter durchzureichen – und sie am Ende ohne Schulabschluss zu entlassen.

Die nächste Bundesregierung hat es in der Hand, ob jetzt wieder Jahre vergehen, mit neuen Tests und neuer kurzfristiger Empörung. Oder ob es endlich eine bundesweite Qualitätsoffensive für die Grundschulen gibt, orientiert an den guten Erfahrungen in anderen Ländern oder an deutschen Vorreitern wie Hamburg. Denn bei den Grundschulen liegt die Lösung. Sicher, sie haben jetzt schon viel mit der Inklusion behinderter Kinder und der Integration von Kindern aus Zuwandererfamilien zu tun. Doch wer hier klug und großzügig investiert, hat am Ende den denkbar größten Ertrag: gute Startchancen für alle Kinder.