Washington. US-Präsident Donald Trump boxt sein Steuer-Paket durch. Was für ihn ein Erfolg ist, widerspricht seinen Versprechungen an das US-Volk.

Siege ohne Ende, Siege bis zum Überdruss. So hatte es Donald Trump seinen Wählern versprochen. Stattdessen legte Amerikas Präsident bei den großen Gesetzesvorhaben trotz republikanischer Mehrheit im Kongress eine Niederlagenserie hin, die bei den Konservativen vor den Zwischenwahlen im kommenden Jahr Angstschweiß auslöst.

Weder die Abschaffung der Krankenversicherung seines Vorgängers Barack Obama noch der Bau eines Grenzwalls zu Mexiko ist bisher vollzogen. Auch so erklären sich die schlechten Zustimmungswerte des Präsidenten. Konstant 60 Prozent (plus x) der Amerikaner sind unzufrieden bis peinlich berührt.

Keine Ja-Stimme von Demokraten

Vor dieser Folie ist das mit hauchdünner Mehrheit im Senat durchgeboxte Paket für die größte Steuerreform seit 30 Jahren für Trump und die ihn tragende Partei eine dringend benötigte politische Rettungsleine – und gerade angesichts der jüngsten Zuspitzung in der Russland-Affäre ein willkommener Erfolg.

Ob Amerika mit dem 500-seitigen Gesetz, in das in letzter Minute handschriftlich von Lobbyisten lancierte Veränderungen einfließen durften, besser leben wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. Bevor Trump seine Unterschrift leistet, muss erst die Harmonisierung mit einem abweichenden Konzept des Repräsentantenhauses gelingen.

Im Senat hat nicht ein einziger Demokrat mit Ja gestimmt. Breite gesellschaftliche Akzeptanz kann das Projekt, das der Linie folgt „Die Steuern müssen sinken – koste es, was es wolle“, darum nicht beanspruchen.

Höhere Steuerlast für Kleinverdiener

Trump hat beim Kern seines Universalversprechens (Bürger entlasten, Konsum, Investitionen und Beschäftigung ankurbeln, im Ausland geparkte Firmengewinne zurücklotsen, Bürokratie abbauen, Schlupflöcher schließen) nicht weniger als Wahlbetrug begangen. Denn der größte Nutznießer des Fiskalpokers ist auf Dauer nicht der „vergessene kleine Mann“ der Arbeiter- und Mittelschicht, als dessen Robin Hood sich Trump im Wahlkampf geriert hat. Sondern das Segment der Reichen. Trumps seinesgleichen.

Unabhängige Experten haben errechnet, dass – nach anfänglichen Zückerchen – die auf zehn Jahre begrenzten Steuersenkungen in der Schlussphase den Beziehern kleiner Einkommen (unter 30.000 Dollar im Jahr) sogar mehr Steuern abverlangen als heute. Einkommensmillionäre müssten dagegen fünf Prozent weniger an den Staat entrichten.

Steuerplan treibt Defizit in die Höhe

Wer das zynisch nennt, hier kommt noch mehr: Durch die geplante Streichung der Erbschaftssteuer (bisher bei Nachlässen von über fünf Millionen Dollar fällig) bekommen die, die bereits haben, weitere Vergünstigungen. Während untere Einkommen durch den Wegfall staatlicher Hilfen im Gesundheitswesen zusätzlich zur Kasse gebeten werden oder in der Größenordnung von 13 Millionen Menschen ihren Versicherungsschutz verlieren.

Trumps Steuerreform wird die Staatsverschuldung um 1000 Milliarden Dollar steigen lassen. Dabei sind konjunkturelle Effekte bereits eingepreist. Weil nur Exoten unter den Ökonomen glauben, dass sich Steuersenkungen durch höheres Wachstum, höhere Löhne und höhere Steuereinnahmen selbst finanzieren, ist ein Szenario erkennbar, das den Republikanern die Schamesröte ins Gesicht treiben muss.

Jahrzehntelang haben sie ausgeglichene Haushalte zur Staatsräson erklärt und – als Obama in der Finanzkrise die Autoindustrie mit Subventionen rettete – strenge Ausgabendisziplin gepredigt. Jetzt treiben sie das Staatsdefizit auf neue Rekordhöhen. Kommende Generationen sind die Leidtragenden. So wird Amerika mit Sicherheit nicht wieder „great“.