Berlin. Für eine friedliche Lösung der Nordkorea-Krise müssten die USA China ins Boot holen. Dass Trump dazu fähig ist, darf bezweifelt werden.

Der Nordkorea-Konflikt wird zu einer unendlichen Geschichte mit den ewig gleichen Reflexen. Auf jeden Raketen- oder Atomtest des Regimes in Pjöngjang folgen Schmähungen und Beleidigungen aus Washington. Es entfacht sich ein Krieg der Worte, der mit immer schärferen rhetorischen Geschützen geführt wird.

Auch nach dem neuesten Raketenversuch Nordkoreas holt Amerika die große Verbalkeule heraus. Die Welt solle den Handel und die diplomatischen Beziehungen mit dem ostasiatischen Land einstellen, verlangt die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley. China wird aufgefordert, die Öllieferung an den südlichen Nachbarn sofort zu stoppen. Sollte es Krieg geben, werde die nordkoreanische Führung „völlig zerstört“, poltert Haley.

Die amerikanische Regierung hat sich in eine Mechanik der Eskalation manövriert, die außerhalb von kriegerischen Mitteln kaum noch zu steigern ist. Bereits im August hatte US-Präsident Donald Trump seine „Wut-und-Feuer“-Rede gehalten, in der er Nordkorea mit der Vernichtung drohte, sollte die Regierung weiter provozieren. All dies hat nicht verhindert, dass die Waffeningenieure von Diktator Kim Jong-un beträchtliche Fortschritte gemacht haben. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Pjöngjang über nuklear bestückbare Langstreckenraketen verfügt, die in der Lage sind, auch das amerikanische Festland zu erreichen.

Erstes Szenario: Erstschlag gegen Kim

Es gibt nur drei Szenarien, wie die Welt mit Nordkorea umgehen kann. Entweder Trump macht seine finsteren Ankündigungen wahr und startet einen Erstschlag gegen Kim, bevor dieser sein atomares Arsenal vervollständigt hat.

Nordkorea veröffentlicht Bilder seines jüngsten Raketentests

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    Es wäre eine hochriskante Intervention mit ungewissem Ausgang. Nordkorea hat Zehntausende Artilleriegeschütze in der Nähe der südkoreanischen Millionenmetropole Seoul stationiert – die Zahl der zivilen Opfer wäre enorm. Es käme zudem zu einer atomaren Kettenwirkung. Mittelfristig würden auch Staaten wie Japan oder Südkorea zum eigenen Schutz nach Kernwaffen trachten. Der Startschuss für ein nukleares Wettrüsten.

    Die zweite Möglichkeit: Die internationale Gemeinschaft arrangiert sich mit der Atommacht Nordkorea. Auch dies würde in Asien an der Rüstungsspirale drehen.

    Politische Lösung wäre einzig gangbare Option

    Die dritte, aber einzig gangbare Option besteht in einer politischen Lösung. Trump müsste von seiner Einschüchterungskampagne gegen Kim abrücken. Der Autokrat von Pjöngjang ist finster entschlossen, sein Nuklearwaffenprogramm zu komplettieren, weil er nur hierin eine Garantie für sein politisches Überleben sieht.

    Das Knifflige daran: Der Störfaktor Kim liegt im strategischen Interesse Chinas, das konsequent an seinen Weltmachtambitionen arbeitet. Peking betrachtet den Pazifik – insbesondere das Südchinesische Meer – als seinen maritimen Hinterhof. Alles, was die USA davon abhält, die Zahl der eigenen Truppen und Seestreitkräfte in der Region auszuweiten, ist China recht.

    Um den Nordkorea-Konflikt zu entschärfen, muss Washington Peking ins Boot holen. Kein Geringerer als der Altmeister der amerikanischen China-Politik, Ex-Außenminister Henry Kissinger, hat es auf den Punkt gebracht: Eine Übereinkunft zwischen beiden Regierungen sei die „notwendige Vorbedingung“ für eine Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel. Im Notfall könne ein Plan für Nordkorea auch darauf hinauslaufen, dass die USA ihre knapp 30.000 Soldaten aus Südkorea abziehen.

    Ob der hoch impulsive und völlig erratisch agierende Trump zu solch konzeptionellen Überlegungen fähig ist, darf allerdings bezweifelt werden. Noch wäre es nicht zu spät.