Berlin. Ein Smartphone von Anis Amri wurde offenbar lange nicht richtig ausgewertet. Fotos des Terroristen mit Waffen übersahen die Ermittler.

Im Fall Anis Amri ist eine neue Ermittlungspanne bekannt geworden. Wie der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), am Montag auf einer Pressekonferenz mitteilte, wurde das Handy des Attentäters vom Berliner Breitscheidplatz offenbar lange nicht richtig ausgewertet. Wegen eines Datenfilters wurden Fotos übersehen.

Als das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt (LKA) im Februar 2016 die Daten eines in Berlin bei Amri sichergestellten Mobiltelefons auswertete, wurden mehrere Handy-Fotos, die unter anderem Amri mit einer Schusswaffe zeigen, nicht entdeckt. Auf dem Handy seien 12.000 Mediendateien gespeichert gewesen. Wegen der Filtereinstellung seien Fotos mit schlechter Qualität nicht gesichtet worden, darunter sieben Bilder, die Amri mit Waffen zeigen.

Nach einem entsprechenden Hinweis aus Berlin habe dies erst jetzt aufgeklärt werden können, erklärte Reul. „Hier ist ein Fehler passiert, der nicht hätte passieren dürfen“, sagte er. Ob dies zu einer anderen Einschätzung Amris geführt hätte, könne er nicht sagen. Für einen Haftbefehl hätten die Fotos jedenfalls nicht gereicht. Die Daten hätten allerdings nicht nur dem nordrhein-westfälischen LKA, sondern auch dem Berliner LKA und dem BKA vorgelegen.

NRW-Landesregierung will Standards verbessern

„Ich habe den Vorsitzenden des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Fall Amri darüber bereits informiert“, sagte Reul. „Die neue Landesregierung setzt sich für die umfassende Aufklärung des schrecklichen Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt ein – unabhängig von Wahlterminen.“

Anis Amri war am 18. Februar 2016 von Fahndern in Berlin kontrolliert und sein Handy dabei beschlagnahmt worden. Am 29. Februar 2016 wurde der gesamte Datensatz von 12.000 Mediendateien an das LKA in Düsseldorf geschickt.

Das Waffen-Foto fiel dort bei der Auswertung offenbar durchs Raster. „Wir werden deshalb die Standards zur Auswertung großer Datenmengen beim LKA auf den Prüfstand stellen“, sagte Reul. (kali/dpa)