Johannesburg/Harare. Die Regierungspartei in Simbabwe hat Präsident Robert Mugabe entmachtet. Der aber will nicht abtreten. Er will um sein Amt kämpfen.

Entgegen den Erwartungen ist Simbabwes Präsident Robert Mugabe am Sonntag nicht zurückgetreten. Ein Insider hatte zuvor berichtet, Mugabe habe sich in Verhandlungen mit der Militärführung zum Rücktritt bereit erklärt. Es werde noch an einer Rücktrittserklärung gearbeitet.

In einer am Abend im Fernsehen übertragenen Rede kündigte Mugabe indes an, er werde den Kongress der Regierungspartei ZANU-PF im Dezember leiten. Die Partei hatte ihn allerdings am Vormittag vom Amt des Vorsitzenden entlassen und ihm 24 Stunden Zeit gegeben, seinen Rücktritt als Präsident zu erklären. Andernfalls würde ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Mugabe akzeptierte in seiner Rede, dass es Kritik an ihm von der Partei, vom Militär und vom Volk gebe. Zu einem Rücktritt äußerte er sich nicht.

Menschen feiern schon Ende der Ära Mugabe

Am Wochenende hatten die Menschen in der Hauptstadt Harare bereits das Ende der Ära Mugabe gefeiert. Zigtausende von Menschen strömten auf die Straßen. Viele von ihnen hatten kleine Flaggen in der Hand. Autofahrer drehten quietschend Kreise und hupten.

Auf den Dächern von Reisebussen tanzten junge Männer, und auf den Gehsteigen fielen sich wildfremde Menschen um den Hals. „Das sind Freudentränen“, schluchzte der 34-jährige Frank Mutsindikwa: „Darauf habe ich mein gesamtes Leben gewartet. Wir sind frei, endlich frei!“

Regierungspartei wählt Mugabe ab

Am Sonntag wählte die Regierungspartei Zanu-PF den 93-jährigen Mugabe als Vorsitzenden ab. Zum neuen Chef wurde der von Mugabe geschasste Stellvertreter Emmerson Mnangagwa bestimmt. Das Militär hatte auf die Absetzung Mnangagwas am Mittwoch mit der Machtübernahme reagiert und Mugabe unter Hausarrest gestellt.

Tausende Menschen fordern in Simbabwes Hauptstadt Harare den Rücktritt von Präsident Mugabe.
Tausende Menschen fordern in Simbabwes Hauptstadt Harare den Rücktritt von Präsident Mugabe. © action press | NurPhoto via ZUMA Press / Zuma P

Mugabes Frau Grace, die seine Nachfolgerin werden sollte, wurde aus der Partei ausgeschlossen und soll wie andere Gefolgsleute Mugabes vor Gericht gestellt werden. Die Partei stellte Mugabe zudem ein Ultimatum: Bis zum Montag um 12 Uhr müsse er auch als Präsident Simbabwes abtreten, andernfalls werde ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet.

Die einflussreiche Veteranengruppe in der Partei fordert ihn auf, das Land zu verlassen, so lange er das noch könne. Noch vor einer Woche hätte das Prügelorgien oder gar ein Massaker der Polizei ausgelöst, sagt der 78-jährige Terry Angelos.

Auf dem „Simbabwe-Gelände“ am Stadtrand Harares, wo Mugabe 1980 seine Unabhängigkeitsrede hielt, versammelten sich bereits am Samstag Tausende von Menschen, um den Rücktritt Mugabes zu fordern. Als General Sibusiso Moyo auftritt, meinen sie, die erlösende Botschaft vom Abritt Mugabes zu hören.

Der Offizier hatte die Simbabwer bereits am frühen Mittwochmorgen im Staatsfernsehen vom Putsch, der allerdings nicht so genannt wurde, in Kenntnis gesetzt. Moyo muss die Menschenmenge allerdings vertrösten: Der alterstarre Autokrat habe noch immer nicht begriffen, dass seine Stunde gekommen sei.

Sturz Mugabes seit Monaten vorbereitet

Südafrikanischen Presseberichten zufolge wurde der Sturz Mugabes bereits seit Monaten vorbereitet: Armeechef Constantino Chiwengas größtes Problem war, jüngere Kollegen von einem vorschnellen Coup abzuhalten. Die ungeduldigen Offiziere wollten Mugabe schon im August bei dessen Rückkehr von einem Gesundheitscheck in Singapur am Flughafen in Gewahrsam nehmen.

Das wäre dann ein regelrechter Putsch gewesen – einen Eindruck, den Drahtzieher Emmerson Mnangagwa unbedingt verhindern wollte. Denn in diesem Fall hätte das Ausland den ehemaligen Vizepräsidenten nicht als Nachfolger Mugabes anerkennen können.

Das „Krokodil“: So wird Emmerson Mnangagwa genannt (Archivbild).
Das „Krokodil“: So wird Emmerson Mnangagwa genannt (Archivbild). © dpa | Tsvangirayi Mukwazhi

Mnangagwas Pläne sind raffinierter. Das „Krokodil“, wie der jahrzehntelange Vertraute Mugabes im Volksmund halb schmeichelhaft, halb ängstlich genannt wird, will den halsstarrigen Staatschef auf politische Weise ausmanövrieren, indem er ihn erst als Partei- und dann als Staatschef absetzen lässt. Die erste Hürde ist bereits genommen.

Sollte Mugabe nun nicht selbst als Präsident zurücktreten, muss das Parlament zusammenkommen, um ihn abzusetzen: Das soll bereits am Dienstag geschehen. Weil auch die Opposition hinter dem Vorstoß steht, ist die nötige Zweidrittelmehrheit sicher. Dann ist Robert Mugabe Rentner – ohne dass die Verfassung verletzt werden musste.

Die Nachfolge kann dann Emmerson Mnangagwa antreten: Ihn halten viele allerdings für genauso undemokratisch und korrupt wie seinen Vorgänger. Soweit wollen die Simbabwer jedoch derzeit nicht denken. Jetzt müsse erst einmal gefeiert werden, sagt der 38-jährige Sam Sechete, der am Tag des Amtsantritts Mugabes ein Jahr alt war: „Das ist der schönste Tag meines Lebens.“

Demonstranten in Simbabwe fordern Mugabes Rücktritt

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