Riad/Beirut. Sigmar Gabriel hat die Außenpolitik Riads als „Abenteurertum“ bezeichnet. Nun ruft Saudi-Arabien seinen Botschafter aus Berlin zurück.

Diplomatischer Eklat zwischen Deutschland und Saudi-Arabien: Nach kritischen Aussagen von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) ruft das Königreich seinen Botschafter aus Berlin zurück. Wie die staatliche Nachrichtenagentur SPA am Samstagmorgen mitteilte, beorderte Saudi-Arabien seinen diplomatischen Vertreter für „Konsultationen“ nach Riad. Auch werde dem deutschen Botschafter in Saudi-Arabien eine Protestnote überreicht.

Der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri traf inzwischen von Saudi-Arabien aus in Frankreich ein. Hariri hatte vor zwei Wochen mit einer völlig überraschenden Rücktrittserklärung von Saudi-Arabien aus eine politische Krise in seiner Heimat Libanon ausgelöst. Er hatte seitdem die Golfregion nicht verlassen.

Gabriel hatte Kritik geäußert

Es gab Spekulationen, Saudi-Arabien habe seinen Rückzug erzwungen und ihn festgehalten, um im Libanon Spannungen mit der einflussreichen Schiitenmiliz Hisbollah zu erzeugen. Schutzmacht der Hisbollah ist der Iran, der mit Saudi-Arabien um Einfluss in der Region ringt.

Gabriel hatte am Donnerstag beim Besuch seines libanesischen Kollegen Dschibran Bassil in Berlin mit Blick auf die Politik Riads in der Region gesagt, „dass gemeinsam aus Europa das Signal kommen muss, dass wir das Abenteurertum, was sich in den letzten Monaten dort breitgemacht hat, nicht mehr bereit sind, einfach sprachlos hinzunehmen“. Nach der humanitären Krise durch den Krieg im Jemen und dem Konflikt mit dem Golfemirat Katar sei mit der Art und Weise, „wie mit dem Libanon umgegangen wird“, nun die Spitze erreicht.

Auswärtiges Amt verteidigt Kritik an Saudi-Arabien

Das Auswärtige Amt hat sein Vorgehen inzwischen verteidigt. „Wir haben angesichts der aktuellen Lage große Sorge über die Stabilität in der Region und rufen alle Seiten zum Abbau der Spannungen auf. Dies offen anzusprechen, ist unter engen internationalen Partnern möglich und selbstverständlich“, erklärte das Außenministerium am Samstag in Berlin. „Wir richten unsere Botschaft an alle Akteure der Region.“

Hariri hatte Saudi-Arabien in der Nacht zum Samstag in Richtung Paris verlassen. Er richtete via Twitter eine Nachricht direkt an den deutschen Außenminister: „Zu sagen, dass ich in Saudi-Arabien festgehalten werde und es mir nicht erlaubt sei, das Land zu verlassen, ist eine Lüge. Ich bin auf dem Weg zum Flughafen, Herr Sigmar Gabriel“, schrieb Hariri.

Treffen mit Macron in Paris

Der 47-Jährige wurde am Samstagmittag vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron empfangen. Es ist unter anderem ein gemeinsames Essen geplant, zu dem auch Hariris Familie erwartet wird. Es blieb zunächst unklar, wie lange Hariri in Frankreich bleiben wird. Seine erwartete Rückkehr nach Beirut wird als Voraussetzung für die Lösung der politischen Krise gesehen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron trifft sich im Elysee-Palast mit Saad Hariri.
Der französische Präsident Emmanuel Macron trifft sich im Elysee-Palast mit Saad Hariri. © REUTERS | BENOIT TESSIER

Paris hatte sich in den vergangenen zwei Wochen mit zahlreichen diplomatischen Kontakten in die Krise eingeschaltet, unter anderem war Macron selbst nach Riad gereist. Er hatte Hariri schließlich „für einige Tage“ nach Frankreich eingeladen. Frankreich hat als frühere Mandatsmacht traditionell enge Kontakte zum Libanon, auch die Familie Hariri hat enge Beziehungen zu den Machtzirkeln in Paris.

Hariri ist trotz seiner Rücktrittserklärung rechtlich noch immer der Regierungschef des Libanons, weil er seinen Rücktritt bislang nicht offiziell in Beirut eingereicht und auch Präsident Michel Aoun den Schritt nicht akzeptiert hat. (dpa)