Berlin. Der Acht-Stunden-Tag entspricht in vielen Branchen nicht mehr der Arbeitsrealität, sagen Kritiker. Deshalb fordert die FDP Änderungen.

FDP will sich in den Jamaika-Sondierungsgesprächen für eine
flexi­blere Regelung von Arbeitszeiten bei Arbeitnehmern einsetzen. „Das Arbeitszeitgesetz ist nicht mehr zeitgemäß und muss flexibler werden“, sagte FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer dieser Redaktion. „Sonst entfernt es sich immer weiter von der Lebensrealität der Menschen.“

Nach dem Willen der Partei sollen die deutschen Regelungen an die EU-Arbeitszeitrichtlinie angepasst werden. Diese sieht statt einer täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden nur noch eine wöchentliche Maximaldauer von 48 Stunden vor. Das sorge für mehr Freiheit und damit Chancen, erklärte Theurer. „Die Sorgen der Gewerkschaften teilen wir nicht.“

Noch gibt es keine Einigkeit zur Arbeitszeit

Das Thema Arbeitszeit steht noch auf der langen Liste der Punkte, bei denen es unter den Sondierern von CDU, CSU, FDP und Grünen noch keine Einigung gibt. Bei den Grünen dürfte die Position der Liberalen auf Widerstand stoßen. Parteichefin Simone Peter hatte noch vor zwei Wochen erklärt, das Arbeitszeitgesetz sei „nicht Teil der Verhandlungsmasse“.

Angestoßen hatte die Diskussion der Rat der Wirtschaftsweisen. Christoph Schmidt, Vorsitzender des Beratergremiums der Bundesregierung, hatte der „Welt am Sonntag“ gesagt: „Flexiblere Arbeitszeiten sind wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen“. Firmen, die in der digitalisierten Welt bestehen wollten, müssten agil sein und schnell ihre Teams zusammenrufen können.

Arbeitgeber fordern flexiblere Arbeitszeiten

„Die Vorstellung, dass man morgens im Büro den Arbeitstag beginnt und mit dem Verlassen der Firma beendet, ist veraltet“, erklärte Schmidt. Der Arbeitnehmerschutz in Deutschland habe sich zwar bewährt, er sei aber in Teilen nicht mehr für die digitalisierte Welt geeignet. Schmidt sagte, Unternehmen bräuchten die „Sicherheit, dass sie nicht gesetzwidrig handeln, wenn ein Angestellter abends noch an einer Telefonkonferenz teilnimmt und dann morgens beim Frühstück seine Mails liest.“ Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA) fordert seit Längerem flexiblere Arbeitszeitregelungen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fürchtet, dass eine Neuregelung nicht nur zu flexibleren, sondern vor allem zu längeren Arbeitszeiten führe. Nichts anderes bedeute eine Aufgabe des Acht-Stunden-Tages, erklärte Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des DGB: „Deutschland hat ein modernes Arbeitszeitgesetz, das hochflexible Arbeitszeitmodelle ermöglicht, die auch in unzähligen Unternehmen entwickelt und praktiziert werden.“ DGB-Chef Reiner Hoffmann bekräftigte am Sonntag, dass die Gewerkschaften eine Lockerung des Gesetzes ablehnen.