Berlin. Die Jamaika-Verhandler haben die größten Brocken am Mittwoch verschoben. Immerhin beim Thema Wohnungsbau gibt es einen Fortschritt.

Jamaika, das neue Land des Lächelns? Vor dem siebten Tag der Sondierungsgespräche von CDU, CSU, FDP und Grünen schlugen jedenfalls einige Vertreter der Parteien im Vergleich zu den vergangenen Tagen auffallend sanfte Töne an.

So gab es am Mittwochmittag viel freundliches Nicken und Winken, als die CSU-Delegation auf dem Weg zur Parlamentarischen Gesellschaft den Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir über den Weg lief. Göring-Eckardt, gerade am Ende eines Statements angelangt, bot an, den Platz am Mikrofon zu räumen: „Ich gebe gerne das Wort weiter an Herrn Seehofer.“

Flucht und Migration als Chefsache

Der Parteichef der Christsozialen wollte sich zwar nicht äußern. Dafür gab sich kurz darauf der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt – sonst bekannt für scharfe Töne – versöhnlich: Es gebe ein „großes Bemühen von vielen Seiten“, Themen „konstruktiv und verantwortungsvoll“ anzusprechen, sagte Dobrindt.

Doch die größten Brocken werden erst mal verschoben. So sollte am Donnerstag eigentlich über Flucht und Klima sondiert werden. Aber CDU, CSU, FDP und Grüne sind zum Schluss gekommen, dass es wenig bringt, immer wieder die bekannten Argumente auszutauschen. Jetzt sollen kleine Gruppen aus Fachpolitikern zu beiden Themen eine gemeinsame Faktenbasis aufschreiben. Aufgrund dessen soll dann weiterverhandelt werden.

Schon dieses Prozedere zeigt, wie komplex die Gespräche sind. Vor allem die Themen Flucht und Migration werden Chefsache, also von den Parteivorsitzenden untereinander ausgehandelt. Ende vergangener Woche war es bei der Flüchtlings- und Klimapolitik zum großen Krach zwischen den möglichen Koalitionspartnern gekommen.

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    Fortschritte beim Thema Wohnungsbau

    Doch bei aller Rückkehr zur gepflegten Gesprächskultur: Auf vielen Feldern ist man weit auseinander. Auch das stellte Dobrindt klar: „Nettigkeiten führen nicht dazu, dass falsche Dinge auf einmal richtig werden.“ Soll so viel heißen wie: Die CSU hält einige Positionen der anderen noch immer für wenig realitätsnah.

    Am Mittwoch ging es um Kommunen, Wohnen, Landwirtschaft, Wirtschaft und Verkehr. Immerhin beim Thema Wohnungsbau und Kommunen gab es einen Fortschritt: Alle vier Parteien sind der Meinung, dass es starke Kommunen brauche, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

    „Wir sind uns einig, dass wir starke Kommunen wollen in Ost und West und dass wir dafür einiges tun wollen“, sagte der Grünen-Politiker. „Das war schon ein ziemlicher Konsens.“ Beim Thema Wohnen verständigten sich die Parteien auf ein Leitlinienpapier, in dem es heißt: „Unser Ziel ist es, für ausreichenden bezahlbaren und geeigneten Wohnraum für alle zu sorgen und auch Eigentumsbildung gerade für Familien zu ermöglichen.“

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      Papier zu Klima und Energie

      Weniger Gemeinsamkeiten gab es offenbar in der Agrarpolitik. Vor allem zwischen CSU und Grünen wurde der Ton am frühen Abend schärfer. Der grüne Umweltminister Schleswig-Holsteins, Robert Habeck, soll dafür plädiert haben, zunächst keine gemeinsamen
      Agrar-Leitlinien zu Papier zu bringen. Daraufhin habe CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer an Habeck gerichtet erklärt, dieser habe schon vergangene Woche ein Papier zu Klima und Energie verhindert, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Nun solle er sich wenigstens bei der Landwirtschaft anstrengen.

      Scheuer soll Habeck destruktive Verhandlungsführung vorgeworfen haben. Der CSU-Politiker sagte demnach, Habeck meine offenbar, er könne nur seine eigenen Forderungen durchsetzen. Habeck ist Verhandlungsführer der Grünen beim Thema Landwirtschaft.