Düsseldorf/Bremerhaven. Seit 2011 hat sich die Zahl der Kinder im Hartz-IV-System verdoppelt – auf knapp 584.000. Die höchste Quote hat eine Stadt in NRW.

  • Fast 15 Prozent der Kinder in Deutschland erhalten Sozialleistungen. Das ist ein neuer Höchststand
  • Besonders viele Kinder sind in Gelsenkirchen betroffen - immerhin 41 Prozent
  • Grund für den Anstieg ist die Zuwanderung von Flüchtlingen seit 2012

Der Anteil der Kinder in Deutschland, deren Eltern Hartz IV beziehen, hat einer Untersuchung zufolge einen neuen Höchststand erreicht. 14,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland erhalten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Mittwoch in Düsseldorf mitteilte.

Die höchsten SGB-II-Quoten unter Minderjährigen weisen Gelsenkirchen mit 41 Prozent, Bremerhaven (36,1 Prozent) und Halle an der Saale (34,3 Prozent) auf. Die Kreise mit den niedrigsten Quoten liegen alle in Bayern: Pfaffenhofen an der Illm (2,2 Prozent), Eichstätt (2,3 Prozent) und Donau-Ries (2,5 Prozent).

Anstieg wegen hoher Zahl von Geflüchteten

Nach einer Auswertung von Daten der Bundesagentur für Arbeit vom Juni ist der Anstieg der Quote eine Folge der Zuwanderung vor allem von Flüchtlingen seit dem Jahr 2012, wie der WSI-Sozialexperte Eric Seils erläuterte. Zunächst habe sich dies in einem Anstieg der Fallzahlen beim Asylbewerberleistungsgesetz bemerkbar gemacht, da Flüchtlinge in der Regel in den ersten 15 Monaten keinen Anspruch auf Hartz IV haben.

Mit einer Verzögerung sei es dann zu einer starken Zunahme der Zahl ausländischer Kinder im SGB-II-System gekommen, erläuterte der Forscher. Diese Zahl habe sich seit Dezember 2011 von 291.373 auf 583.639 verdoppelt. Die Zahl der Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit in SGB-II-Haushalten sei dagegen seit Dezember 2011 um über 120.000 gesunken. Insgesamt seien rund 1,95 Millionen Kinder und Jugendliche betroffen. Das seien über 110.000 Kinder oder 0,8 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.

Kirche fordert Kindergrundsicherung

Es sei zwar erfreulich, dass die verbesserte wirtschaftliche Entwicklung die Zahl der betroffenen deutschen Kinder senkt, erklärte Seils. „Aber dieser Rückgang vollzieht sich auf einem nach wie vor hohen Niveau und ist kein Selbstläufer.“ Die starke Zunahme der ausländischen Kinder im SGB-II-Bezug unterstreiche die Bedeutung einer besseren Arbeitsmarktintegration für alle Eltern. Hohe Hartz-IV-Quoten in vielen ostdeutschen Regionen zeigten, dass die Masse der bedürftigen Kinder deutsche Staatsbürger seien.

Bremens Landesdiakoniepastor Manfred Meyer sagte, um etwas gegen die Armut der Kinder zu unternehmen, müsse auch etwas gegen die Armut der Eltern unternommen werden. Die Diakonie setzt sich für eine Neuausrichtung der Unterstützungsleistungen ein. Das bestehende Versorgungssystem aus Kindergeld, Kinderfreibeträgen, Kinderzuschlag und Hartz-IV-Regelsätzen sollte Meyer zufolge durch eine Kindergrundsicherung für jedes Kind in Höhe von 573 Euro pro Kind und Monat ersetzt werden. (epd)