Bonn/Berlin. Die Geiselbefreiung auf der „Landshut“ vor 40 Jahren machte die GSG 9 berühmt. Für die Regierung ist sie noch immer unverzichtbar.

Sie geben alles, in letzter Konsequenz auch ihr Leben. Sie sind die letzte Trumpfkarte des Rechtsstaates. „Nach uns kommt keiner mehr“, sagt Jérôme Fuchs, „wir können nicht nach der Polizei rufen.“ So sehen sich die Männer von der GSG 9, der legendären Anti-Terror-Einheit, so sieht es ihr Kommandeur Fuchs.

2017 ist ein Jahr der Jubiläen. Vor 45 Jahren wurde die Einheit gegründet. Heute vor 40 Jahren stürmten die „Neuner“, wie sie bei der Bundespolizei heißen, in Mogadischu die Lufthansa-Maschine „Landshut“, befreiten 90 Geiseln aus den Händen von Terroristen: 86 Passagiere und vier Besatzungsmitglieder, Kapitän Jürgen Schumann war schon auf einer Zwischenstation getötet worden. Die Rettungsaktion in Somalia dauert nur sieben Minuten. Und doch markieren die sieben Minuten kurz nach Mitternacht eine Zäsur.

Schleyer war 44 Tage in der Hand der RAF-Terroristen

Die am 13. Oktober 1977 auf dem Flug von Mallorca nach Frankfurt/Main von vier Terroristen entführte Lufthansa Maschine
Die am 13. Oktober 1977 auf dem Flug von Mallorca nach Frankfurt/Main von vier Terroristen entführte Lufthansa Maschine "Landshut" auf dem Flughafen von Mogadischu. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / dpa

„Operation Feuerzauber“ ist die Feuertaufe der Truppe, der Beginn eines Mythos und das Ende des Deutschen Herbstes. 44 Tage war Arbeitgeber-Präsident Hanns Martin Schleyer damals in der Hand von RAF-Terroristen. Nach „Feuerzauber“ wird den Terroristen klar, dass sie keine Gefangenen freipressen können und der Staat unbeugsam bleiben würde. Die Demokratie hatte gezeigt, dass sie „wehrhaft und gut gerüstet ist“, wie der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, bei einem Festakt im Haus der Geschichte am Montag in Bonn in Erinnerung ruft.

Im Sommer der Erinnerung wird das Wrack der „Landshut“ in Brasilien aufgekauft, zerlegt und vor wenigen Wochen nach Deutschland geflogen. Die Boeing 737 soll in Friedrichshafen am Bodensee, am Sitz der Dornier-Stiftung, ausgestellt werden. Die GSG 9 ist nicht museumsreif, ein Relikt der Bonner Republik ist sie schon.

GSG 9 durfte Traditionsnamen behalten

Auch fast 20 Jahre nach dem Berlin-Umzug ist sie in Sankt Augustin bei Bonn stationiert, ihr vollständiger Name (Grenzschutzgruppe) klingt auch ziemlich „retro“. Seit 2005 heißt die Behörde „Bundespolizei“, die Neuner jedoch durften den Traditionsnamen behalten. Doch auch Legenden müssen sich anpassen.

Im August wurde die Truppe der neuen „Direktion 11“ der Bundespolizei in Berlin unterstellt, nun folgt der nächste Schritt: Romann plant, in den nächsten vier Jahren eine neue, vierte Einheit der GSG 9 mit Sitz in Berlin aufzubauen. Ziel sei eine „schnellere Reaktionsfähigkeit in unserer Hauptstadt“, verrät Fuchs. Romann kündigt an, dass sich diese Einheit auf die Abwehr von Terrorangriffen mit chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Waffen spezialisieren soll. „Unser Land braucht die GSG 9 mehr denn je“, glaubt Romann.

Die heutigen Aufgaben der GSG 9

Die Truppe wird nach offiziellen Angaben jährlich 50- bis 60-mal eingesetzt, statistisch gesehen nahezu jede Woche, insgesamt seit 1972 rund 1900-mal. „Die Neuner“, versichert Romann, „sind keine Rambos, sie sind Chirurgen.“ Nur zweimal mussten sie auf Menschen schießen: In Mogadischu werden drei Terroristen getötet und eine Terroristin verletzt, 1993 stirbt das RAF-Mitglied Wolfgang Grams bei einem Feuergefecht im Bahnhof von Bad Kleinen.

Die Geschichte der Roten Armee Fraktion

Der Kampf gegen die Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) war die bisher größte Belastungsprobe für die Bundesrepublik Deutschland. 34 Morde gehen auf das Konto der RAF, dazu zahlreiche Banküberfälle und Sprengstoffattentate. Einer der führenden Köpfe war Andreas Baader (Foto).
Der Kampf gegen die Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) war die bisher größte Belastungsprobe für die Bundesrepublik Deutschland. 34 Morde gehen auf das Konto der RAF, dazu zahlreiche Banküberfälle und Sprengstoffattentate. Einer der führenden Köpfe war Andreas Baader (Foto). © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Nach Baaders Befreiung aus der Haft gründete er im Mai 1970 die linksextremistische Terrorgruppe zusammen mit Gudrun Ensslin, Horst Mahler, Ulrike Meinhof (Foto) und anderen. Die Gruppe wurde zunächst als „Baader-Meinhof-Bande“ bezeichnet, Mitte der 70er-Jahre setzte sich der selbstgewählte, auf die sowjetische Rote Armee bezogene Name „Rote Armee Fraktion“ durch.
Nach Baaders Befreiung aus der Haft gründete er im Mai 1970 die linksextremistische Terrorgruppe zusammen mit Gudrun Ensslin, Horst Mahler, Ulrike Meinhof (Foto) und anderen. Die Gruppe wurde zunächst als „Baader-Meinhof-Bande“ bezeichnet, Mitte der 70er-Jahre setzte sich der selbstgewählte, auf die sowjetische Rote Armee bezogene Name „Rote Armee Fraktion“ durch. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Bereits 1968 hatten Baader und Ensslin zwei Kaufhäuser in Brand gesetzt. Sie wurden gefasst und vor Gericht gestellt. Dort wurden sie von Mahler als Anwalt vertreten, Meinhof nahm als Reporterin am Prozess teil. Die Führungsriege der sogenannten ersten RAF-Generation kam so zum ersten Mal zusammen.
Bereits 1968 hatten Baader und Ensslin zwei Kaufhäuser in Brand gesetzt. Sie wurden gefasst und vor Gericht gestellt. Dort wurden sie von Mahler als Anwalt vertreten, Meinhof nahm als Reporterin am Prozess teil. Die Führungsriege der sogenannten ersten RAF-Generation kam so zum ersten Mal zusammen. © imago stock&people | imago stock&people
Die RAF verstand sich als Stadtguerilla, die sich gegen Kapitalismus, die parlamentarische Demokratie und bürgerliche Lebensformen wandte. Beeinflusst wurde sie von der Westdeutschen Studentenbewegung der 60er-Jahre, aus der die außerparlamentarische Opposition (APO) hervorging. Dass am 2. Juni 1967 der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen wurde (das Foto zeigt Ohensorgs Beerdigung), ließ die Situation weiter eskalieren.
Die RAF verstand sich als Stadtguerilla, die sich gegen Kapitalismus, die parlamentarische Demokratie und bürgerliche Lebensformen wandte. Beeinflusst wurde sie von der Westdeutschen Studentenbewegung der 60er-Jahre, aus der die außerparlamentarische Opposition (APO) hervorging. Dass am 2. Juni 1967 der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen wurde (das Foto zeigt Ohensorgs Beerdigung), ließ die Situation weiter eskalieren. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Auch das Attentat auf Rudi Dutschke, den Wortführer der Studentenbewegung, am 11. April 1968 hat wohl dazu beigetragen, dass sich innerhalb der APO ein militanter Teil entwickelte. Nach dem Zerfall der Bewegung 1969 fand diese Radikalität ihren Ausdruck in der RAF.
Auch das Attentat auf Rudi Dutschke, den Wortführer der Studentenbewegung, am 11. April 1968 hat wohl dazu beigetragen, dass sich innerhalb der APO ein militanter Teil entwickelte. Nach dem Zerfall der Bewegung 1969 fand diese Radikalität ihren Ausdruck in der RAF. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Im Mai 1972 starteten die Terroristen um Ulrike Meinhof eine Offensive mit mehreren Anschlägen in deutschen Städten, unter anderem auf die Polizei in Augsburg und München. Vier Menschen kamen dabei ums Leben. Schon kurze Zeit später fassten die Ermittler Andreas Baader – Ulrike Meinhof wurde zwei Wochen nach ihm verhaftet.
Im Mai 1972 starteten die Terroristen um Ulrike Meinhof eine Offensive mit mehreren Anschlägen in deutschen Städten, unter anderem auf die Polizei in Augsburg und München. Vier Menschen kamen dabei ums Leben. Schon kurze Zeit später fassten die Ermittler Andreas Baader – Ulrike Meinhof wurde zwei Wochen nach ihm verhaftet. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Bis Ende Juni 1972 befand sich die komplette Führungsriege der ersten RAF-Generation in Haft.
Bis Ende Juni 1972 befand sich die komplette Führungsriege der ersten RAF-Generation in Haft. © imago | imago
Wichtigstes Ziel der zweiten RAF-Generation um Siegfried Haag und Roland Mayer war es, die inhaftierte erste Generation zu befreien. Dafür brauchten sie Druckmittel.
Wichtigstes Ziel der zweiten RAF-Generation um Siegfried Haag und Roland Mayer war es, die inhaftierte erste Generation zu befreien. Dafür brauchten sie Druckmittel. © imago stock&people | imago stock&people
Also gingen die Terroristen dazu über, Geiseln zu nehmen. Erstes Opfer war der Berliner CDU-Spitzenkandidat Peter Lorenz.
Also gingen die Terroristen dazu über, Geiseln zu nehmen. Erstes Opfer war der Berliner CDU-Spitzenkandidat Peter Lorenz. © imago stock&people | imago stock&people
Die Entführung ereignete sich am 27. Februar 1975, als der Politiker mit dem Auto auf dem Weg ins Büro war. Zwei Männer und eine Frau stoppten den Wagen, schlugen seinen Fahrer nieder und entführten Lorenz. Anschließend forderten sie die Freilassung inhaftierter Terroristen. Unter anderem kam Verena Becker frei. Es sollte das einzige Mal bleiben, dass die Regierung auf einen Erpressungsversuch der RAF einging.
Die Entführung ereignete sich am 27. Februar 1975, als der Politiker mit dem Auto auf dem Weg ins Büro war. Zwei Männer und eine Frau stoppten den Wagen, schlugen seinen Fahrer nieder und entführten Lorenz. Anschließend forderten sie die Freilassung inhaftierter Terroristen. Unter anderem kam Verena Becker frei. Es sollte das einzige Mal bleiben, dass die Regierung auf einen Erpressungsversuch der RAF einging. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Am 4. April 1975 nahm die RAF Geiseln in der deutschen Botschaft in Stockholm. Zwei Diplomaten wurden getötet. Als ein Sprengsatz aus Versehen detonierte, starben auch zwei Terroristen.
Am 4. April 1975 nahm die RAF Geiseln in der deutschen Botschaft in Stockholm. Zwei Diplomaten wurden getötet. Als ein Sprengsatz aus Versehen detonierte, starben auch zwei Terroristen. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Am 9. Mai 1976 starb Ulrike Meinhof. Sie erhängte sich mit einem in Streifen gerissenen Handtuch an ihrem Zellenfenster in der JVA Stuttgart-Stammheim.
Am 9. Mai 1976 starb Ulrike Meinhof. Sie erhängte sich mit einem in Streifen gerissenen Handtuch an ihrem Zellenfenster in der JVA Stuttgart-Stammheim. © imago | imago
1977 sollte als blutigstes Jahr in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen. Es begann mit der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback am 7. April. Er wurde zusammen mit seinem Fahrer Wolfgang Göbel und dem Leiter der Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft Georg Wurster in seinem Wagen erschossen. Wer die Tat begangen hat, ist bis heute unklar.
1977 sollte als blutigstes Jahr in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen. Es begann mit der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback am 7. April. Er wurde zusammen mit seinem Fahrer Wolfgang Göbel und dem Leiter der Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft Georg Wurster in seinem Wagen erschossen. Wer die Tat begangen hat, ist bis heute unklar. © imago/Sven Simon | imago stock&people
Am 30. Juli 1977 folgte der Mord an Jürgen Ponto, Vorstandssprecher der Dresdner Bank AG. Weil das RAF-Mitglied Susanne Albrecht persönlich mit ihm bekannt war, lud er sie zu sich nach Hause ein. Sie erschien mit Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar, um ihn zu entführen. Doch als sich Ponto wehrte, schossen Mohnhaupt und Klar auf ihn. Er starb im Krankenhaus.
Am 30. Juli 1977 folgte der Mord an Jürgen Ponto, Vorstandssprecher der Dresdner Bank AG. Weil das RAF-Mitglied Susanne Albrecht persönlich mit ihm bekannt war, lud er sie zu sich nach Hause ein. Sie erschien mit Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar, um ihn zu entführen. Doch als sich Ponto wehrte, schossen Mohnhaupt und Klar auf ihn. Er starb im Krankenhaus. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Seinen Höhepunkt erreichte der Linksterrorismus in Deutschland im sogenannten Deutschen Herbst im September und Oktober 1977. Der Präsident des Bundesverbandes der Arbeitgeber Hanns Martin Schleyer wurde am 5. September zunächst entführt.
Seinen Höhepunkt erreichte der Linksterrorismus in Deutschland im sogenannten Deutschen Herbst im September und Oktober 1977. Der Präsident des Bundesverbandes der Arbeitgeber Hanns Martin Schleyer wurde am 5. September zunächst entführt. © imago | imago
Die Terroristen überfielen Schleyer in seinem Auto und erschossen seine vier Begleiter.
Die Terroristen überfielen Schleyer in seinem Auto und erschossen seine vier Begleiter. © imago stock&people | imago stock&people
Ein Fahndungsblatt zeigt die Hauptverdächtigen Friederike Krabbe, Willy Peter Stoll und Rolf Clemens Wagner sowie die zur Tat benutzten Autos. Mit der Geiselnahme wollte man erneut alle inhaftierten RAF-Terroristen der ersten Generation freipressen.
Ein Fahndungsblatt zeigt die Hauptverdächtigen Friederike Krabbe, Willy Peter Stoll und Rolf Clemens Wagner sowie die zur Tat benutzten Autos. Mit der Geiselnahme wollte man erneut alle inhaftierten RAF-Terroristen der ersten Generation freipressen. © imago stock&people | imago stock&people
Als die Regierung nicht darauf einging, entführte die mit der RAF kooperierende Palästinensische Volksfront zur Befreiung Palästinas die Lufthansamaschine „Landshut“ am 13. Oktober 1977.
Als die Regierung nicht darauf einging, entführte die mit der RAF kooperierende Palästinensische Volksfront zur Befreiung Palästinas die Lufthansamaschine „Landshut“ am 13. Oktober 1977. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Die 86 Passagiere konnten am 18. Oktober durch einen GSG9-Einsatz befreit werden. Drei von vier Terroristen wurden erschossen. Der Pilot war bereits zuvor von den Geiselnehmern getötet worden.
Die 86 Passagiere konnten am 18. Oktober durch einen GSG9-Einsatz befreit werden. Drei von vier Terroristen wurden erschossen. Der Pilot war bereits zuvor von den Geiselnehmern getötet worden. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Heinz Wieseler
Die „Landshut“ befand sich bis 2017 auf dem Flugzeug-Friedhof des International Airport von Fortaleza in Brasilien.
Die „Landshut“ befand sich bis 2017 auf dem Flugzeug-Friedhof des International Airport von Fortaleza in Brasilien. © imago/Agencia EFE | imago stock&people
Nach der gescheiterten Geiselnahme tötete die RAF Hanns Martin Schleyer am 18. Oktober 1977. Seine Leiche legten die Terroristen in den Kofferraum eines Autos und teilten Medien den Standort im französischen Mülhausen mit. Doch es sollte noch mehr Tote geben.
Nach der gescheiterten Geiselnahme tötete die RAF Hanns Martin Schleyer am 18. Oktober 1977. Seine Leiche legten die Terroristen in den Kofferraum eines Autos und teilten Medien den Standort im französischen Mülhausen mit. Doch es sollte noch mehr Tote geben. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Die RAF-Spitze der ersten Generation beging noch am gleichen Tag kollektiven Selbstmord. Andreas Baader und Jan-Carl Raspe erschossen sich in ihren Zellen in der JVA Stammheim mit Waffen, die zuvor hineingeschmuggelt worden waren.
Die RAF-Spitze der ersten Generation beging noch am gleichen Tag kollektiven Selbstmord. Andreas Baader und Jan-Carl Raspe erschossen sich in ihren Zellen in der JVA Stammheim mit Waffen, die zuvor hineingeschmuggelt worden waren. © imago stock&people | imago stock&people
Gudrun Ensslin (r.) erhängte sich mit einem Kabel. Einen knappen Monat später, am 12. November 1977, tat es RAF-Gründungsmitglied Ingrid Schubert (l.) ihr gleich. Sie starb in ihrer Zelle in der JVA München.
Gudrun Ensslin (r.) erhängte sich mit einem Kabel. Einen knappen Monat später, am 12. November 1977, tat es RAF-Gründungsmitglied Ingrid Schubert (l.) ihr gleich. Sie starb in ihrer Zelle in der JVA München. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Auch Irmgard Möller hatte sich am 18. Oktober 1977 umbringen wollen. Sie fügte sich vier Herzstiche mit dem anstaltseigenen Besteckmesser zu. Sie waren aber nicht tödlich. Damit war Möller die einzige Überlebende der sogenannten Todesnacht von Stammheim.
Auch Irmgard Möller hatte sich am 18. Oktober 1977 umbringen wollen. Sie fügte sich vier Herzstiche mit dem anstaltseigenen Besteckmesser zu. Sie waren aber nicht tödlich. Damit war Möller die einzige Überlebende der sogenannten Todesnacht von Stammheim. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Großer Andrang bei der Beerdigung der drei RAF-Terroristen Baader, Ensslin und Raspe auf dem Stuttgarter Dornhaldenfriedhof am 28. Oktober 1977.
Großer Andrang bei der Beerdigung der drei RAF-Terroristen Baader, Ensslin und Raspe auf dem Stuttgarter Dornhaldenfriedhof am 28. Oktober 1977. © imago/Horst Rudel | imago stock&people
Etwa 1000 Polizisten bewachten die Beerdigung und kontrollierten die Teilnehmer.
Etwa 1000 Polizisten bewachten die Beerdigung und kontrollierten die Teilnehmer. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Nachdem die zweite RAF-Generation damit gescheitert war, die erste Generation freizupressen, konzentrierte sich die dritte Generation ab Mai 1982 auf ein neues Ziel: präzise geplante Angriffe und Kooperation mit anderen westeuropäischen linksextremistischen Gruppen. Von dieser Generation sind nur wenige Mitglieder bekannt. Zwischen 1985 und 1993 beging die RAF zehn Morde. Eines ihrer Opfer war der Diplomat Gerold von Braunmühl.
Nachdem die zweite RAF-Generation damit gescheitert war, die erste Generation freizupressen, konzentrierte sich die dritte Generation ab Mai 1982 auf ein neues Ziel: präzise geplante Angriffe und Kooperation mit anderen westeuropäischen linksextremistischen Gruppen. Von dieser Generation sind nur wenige Mitglieder bekannt. Zwischen 1985 und 1993 beging die RAF zehn Morde. Eines ihrer Opfer war der Diplomat Gerold von Braunmühl. © imago/Dieter Bauer | imago stock&people
Braunmühl wurde am 10. Oktober 1986 vor seinem Haus in Bonn-Ippendorf erschossen. Das Fluchtauto (Foto) fanden die Ermittler vier Tage später im Stadtteil Endenich. Als Tatwaffe wurde ein Revolver identifiziert, mit dem wahrscheinlich auch Hanns Martin Schleyer erschossen worden war.
Braunmühl wurde am 10. Oktober 1986 vor seinem Haus in Bonn-Ippendorf erschossen. Das Fluchtauto (Foto) fanden die Ermittler vier Tage später im Stadtteil Endenich. Als Tatwaffe wurde ein Revolver identifiziert, mit dem wahrscheinlich auch Hanns Martin Schleyer erschossen worden war. © imago/Dieter Bauer | imago stock&people
Am 30. November 1989 starb der Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, in Bad Homburg durch eine Bombe. Diese befand sich auf einem präparierten Fahrrad am Straßenrand. Herrhausens Fahrer wurde nur leicht verletzt. Die Täter konnte nicht ermittelt werden.
Am 30. November 1989 starb der Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, in Bad Homburg durch eine Bombe. Diese befand sich auf einem präparierten Fahrrad am Straßenrand. Herrhausens Fahrer wurde nur leicht verletzt. Die Täter konnte nicht ermittelt werden. © imago stock&people | imago stock&people
Am 27. Juli 1990 überlebte Staatssekretär Hans Neusel einen Bombenanschlag auf sein Auto an der Autobahnauffahrt Bonn-Auerberg.
Am 27. Juli 1990 überlebte Staatssekretär Hans Neusel einen Bombenanschlag auf sein Auto an der Autobahnauffahrt Bonn-Auerberg. © imago stock&people | imago stock&people
Das letzte Todesopfer der RAF war Detlev Karsten Rohwedder, Präsident der Treuhandanstalt. Er wurde am 1. April 1991 von einem Scharfschützen ermordet. Seine Ehefrau wurde verletzt. Am Tatort wurden Haare gefunden, die 2001 Wolfgang Grams zugeordnet werden konnten. Die Bundesanwaltschaft hielt dieses Indiz aber für nicht ausreichend, um den Terroristen als Tatverdächtigen zu benennen. Grams war bereits im Juni 1993 beim Versuch seiner Festnahme durch die GSG9 gestorben. Todesursache war ein aufgesetzter Kopfschuss. Die Umstände seines Todes sind nicht vollständig geklärt.
Das letzte Todesopfer der RAF war Detlev Karsten Rohwedder, Präsident der Treuhandanstalt. Er wurde am 1. April 1991 von einem Scharfschützen ermordet. Seine Ehefrau wurde verletzt. Am Tatort wurden Haare gefunden, die 2001 Wolfgang Grams zugeordnet werden konnten. Die Bundesanwaltschaft hielt dieses Indiz aber für nicht ausreichend, um den Terroristen als Tatverdächtigen zu benennen. Grams war bereits im Juni 1993 beim Versuch seiner Festnahme durch die GSG9 gestorben. Todesursache war ein aufgesetzter Kopfschuss. Die Umstände seines Todes sind nicht vollständig geklärt. © imago stock&people | imago stock&people
Anfang 1992 bot Bundesjustizminister Klaus Kinkel (r.) den RAF-Häftlingen Haftentlassung an, wenn im Gegenzug weitere illegale Aktionen unterblieben. Die RAF ging darauf ein. Gleichwohl verübten die Terroristen im März 1993 einen Sprengstoffanschlag auf die JVA Weiterstadt, bei dem niemand verletzt wurde. Es war die letzte Aktion der Terrorgruppe. Am 20. April 1998 verkündete sie ihre Selbstauflösung in einem Schreiben an die Nachrichtenagentur Reuters. Seitdem trat die RAF nicht mehr in Erscheinung.
Anfang 1992 bot Bundesjustizminister Klaus Kinkel (r.) den RAF-Häftlingen Haftentlassung an, wenn im Gegenzug weitere illegale Aktionen unterblieben. Die RAF ging darauf ein. Gleichwohl verübten die Terroristen im März 1993 einen Sprengstoffanschlag auf die JVA Weiterstadt, bei dem niemand verletzt wurde. Es war die letzte Aktion der Terrorgruppe. Am 20. April 1998 verkündete sie ihre Selbstauflösung in einem Schreiben an die Nachrichtenagentur Reuters. Seitdem trat die RAF nicht mehr in Erscheinung. © imago | imago
Einer der letzten Anschläge der RAF: Bomben zerstörten am 27. Maerz 1993 große Teile der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt westlich von Darmstadt (Hessen). Der damals noch nicht in Betrieb genommene Neubau einer Justizvollzugsanstalt war mit 200 Kilogramm Sprengstoff angegriffen worden. Die mit Haftbefehl gesuchten RAF-Mitglieder Daniela Klette und Volker Straub waren nach Erkenntnis der Ermittler am Terroranschlag beteiligt.
Einer der letzten Anschläge der RAF: Bomben zerstörten am 27. Maerz 1993 große Teile der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt westlich von Darmstadt (Hessen). Der damals noch nicht in Betrieb genommene Neubau einer Justizvollzugsanstalt war mit 200 Kilogramm Sprengstoff angegriffen worden. Die mit Haftbefehl gesuchten RAF-Mitglieder Daniela Klette und Volker Straub waren nach Erkenntnis der Ermittler am Terroranschlag beteiligt. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content
Die RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub, Hubert Garweg und Daniela Klette auf Fahndungsfotos des LKA Niedersachsen. Die drei Mitglieder der dritten RAF-Generation leben seit 1990 im Untergrund. 1998 erklärten andere Mitglieder der Terrorgruppe die Auflösung der RAF, weil ihre Mission gescheitert sei.
Die RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub, Hubert Garweg und Daniela Klette auf Fahndungsfotos des LKA Niedersachsen. Die drei Mitglieder der dritten RAF-Generation leben seit 1990 im Untergrund. 1998 erklärten andere Mitglieder der Terrorgruppe die Auflösung der RAF, weil ihre Mission gescheitert sei. © BKA | BKA
Diese Szene stammt aus dem „Tatort: Der rote Schatten
Diese Szene stammt aus dem „Tatort: Der rote Schatten" vom 15. Oktober 2017 – ist aber empfindlich nah an der Realität. Offenbar um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, überfielen die untergetauchten Ex-RAF-Mitglieder Staub, Garweg und Klette mehrere Geldtransporter und Supermärkte. Der letzte Überfall, der ihnen zugeschrieben wird, datiert vom 25. Juni 2016. Das Trio soll an diesem Tag einen Geldtransporter in Cremlingen östlich von Braunschweig (Niedersachsen). © ARD | ARD
40 Jahre nach ihrer Entführung wurde die ehemalige Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach zurück Deutschland geholt. Im Innenraum einer russischen Transportmaschine Antonow kam sie am 23. September 2017 auf dem Flughafen von Friedrichshafen (Baden-Württemberg) an. Nun soll sie im Dornier-Museum Friedrichshafen ausgestellt werden.
40 Jahre nach ihrer Entführung wurde die ehemalige Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach zurück Deutschland geholt. Im Innenraum einer russischen Transportmaschine Antonow kam sie am 23. September 2017 auf dem Flughafen von Friedrichshafen (Baden-Württemberg) an. Nun soll sie im Dornier-Museum Friedrichshafen ausgestellt werden. © dpa | Karl-Josef Hildenbrand
Das Erbe der RAF beschäftigt die Sicherheitsbehörden aber auch heute noch: nach den RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub, Hubert Garweg und Daniela Klette wird nach wie vor gefahndet. Auf Hinweise, die zu ihrer Ergreifung führen, sind hohe Belohnungen ausgesetzt. Experten vermuten, dass sie sich ins Ausland abgesetzt haben und nur für ihre Überfällle nach Deutschland zurückkehren.
Das Erbe der RAF beschäftigt die Sicherheitsbehörden aber auch heute noch: nach den RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub, Hubert Garweg und Daniela Klette wird nach wie vor gefahndet. Auf Hinweise, die zu ihrer Ergreifung führen, sind hohe Belohnungen ausgesetzt. Experten vermuten, dass sie sich ins Ausland abgesetzt haben und nur für ihre Überfällle nach Deutschland zurückkehren. © BKA | BKA
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Heute rückt die GSG 9 aus, um mal einen ausländischen Spion, mal ein ranghohes Mitglied der Rockerszene oder, wie in diesem Sommer, den Attentäter auf den Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund zu verhaften. Als ein Amokläufer München im Jahr 2016 bedrohte, wurde die GSG 9 ebenso angefordert wie nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt oder bei den Krawallen beim G20-Gipfel im Juli in Hamburg.

Innenminister entscheidet über Einsatz

Viel hat sich nicht geändert. Die Truppenstärke war und ist topsecret, bis heute ist die GSG 9 eine Männerbastion (zumindest in den Einsatzeinheiten) geblieben, wie eh und je entscheidet der Innenminister über ihren Einsatz, und noch immer rekrutiert man den Nachwuchs allein aus dem Polizeidienst. Die Bewerber müssen topfit, keine Brille oder Kontaktlinsen tragen, höchstens 31 Jahre alt sein. Das Auswahlverfahren dauert vier Tage, die Ausbildung zehn Monate. Die Truppe besteht aus drei Einheiten: Scharfschützen, Tauchern, Fallschirmspringern, im Einsatz unterstützt von Aufklärern, Entschärfern, Öffnungstechnikern, Sanitätern und Ärzten.

Es musste etwas passieren, damit etwas passiert. Bei den Olympischen Spielen 1972 in München misslingt der Versuch, israelische Sportler aus den Fängen eines palästinensischen Terrorkommandos zu befreien. Auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck kommen alle elf Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizeibeamter ums Leben.

Kommandeur Wegener rief Kanzler Schmidt an

Noch in der Nacht des Fiaskos schlägt der Grenzschutzbeamte Ulrich Wegener dem damaligen Bundesinnen­minister Hans-Dietrich Genscher (FDP) den Aufbau einer Sondereinheit vor, die am 26. September 1972 gegründet wird. Es ist Pionierarbeit. Berühmte Einheiten wie die Navy Seals und Delta in den USA werden erst später gegründet. Wegener geht bei denen in Lehre, die schon damals die besten Anti-Terror-Kämpfer sind: bei der israelischen Yamam-Einheit.

Der letzte der 60 Beamten, die in Somalia im Einsatz waren, ging vor nur wenigen Wochen in Pension. Kommandeur Wegener ist heute 88 Jahre alt und sitzt nach einem Unfall im Rollstuhl, er musste in den letzten 40 Jahren unzählige Mal von den dramatischen sieben Minuten seines Lebens erzählen und wie er die Erfolgsnachricht dem damaligen Kanzler Helmut Schmidt am Telefon überbrachte. „Ich merkte, wie er schluckte, er hatte natürlich mit Toten gerechnet.“

„Wir haben alle erschossen“

Aber die Männer von der GSG 9 – sie waren flexibler, härter, schneller als ihre Gegner. „Wir haben alle erschossen“, erinnert sich Dieter Fox, heute 70 Jahre alt, damals Truppenführer und am Montag einer der Redner bei der Feierstunde in Bonn, „das ist das Prinzip des schnellen Handelns. Nur wer schneller mit der Waffe ist, überlebt.“ Und wird manchmal auch unsterblich.