Washington. Nicht nur der zurückgetretene US-Minister Tom Price macht sich in der Flug-Affäre angreifbar. Der Kongress startet eine Untersuchung.

Die Flug-Affäre um Tom Price, die zum ersten Minister-Rücktritt der neuen US-Regierung geführt hat, zieht Kreise. Weil sich auch andere Mitglieder im Kabinett von Präsident Donald Trump bei der am Ende beim Steuerzahler landenden Nutzung von teuren Privatjets angreifbar gemacht haben, startet der Kongress eine umfangreiche Untersuchung.

Bis 10. Oktober muss das Weiße Haus alle Flugdaten von Regierungsmitgliedern vorlegen, die seit Trumps Amtsantritt im Januar ihren Reiseverkehr nicht mit kommerziellen Linien erledigt haben. Parallel hat Trump eine neue Sicherheitsschleuse einbauen lassen: Bevor Kabinettsmitglieder mit „staatseigenen, privaten, gemieteten, geleasten oder gecharterten“ Flugzeugen in die Luft gehen, muss Stabschef John Kelly grünes Licht gegeben haben.

Trump könnte Glaubwürdigkeit einbüßen

In Regierungskreisen wird befürchtet, dass Trumps Versprechen, den „verschwenderischen, korrupten Sumpf in Washington trocken zu legen“ nach dem Fall Price in der Wählerschaft stark an Glaubwürdigkeit einbüßt.

Der 62-Jährige hatte als Gesundheitsminister seit Mai Reise-Kosten von über einer Million Dollar erzeugt. Der frühere Orthopäde flog zu Kongressen, Unterredungen und anderen dienstlichen Verpflichtungen bevorzugt Militärmaschinen und Learjets. Dass dabei zuweilen Ziele angesteuert wurden, wo der Millionär Ferienhäuser oder Familienmitglieder zuhaus weiß, ließ Zweifel an der Vertretbarkeit aufkommen. In einem Fall – es ging um einen Kurzflug von Washington nach Philadelphia – belief sich sein Ticket auf 25.000 Dollar. Die einfache Fahrt mit dem Zug hätte 70 Dollar gekostet.

Trump gab Price Mitschuld am Scheitern der Gesundheitsreform

Price war bei Trump bereits in Ungnade gefallen, weil der Präsident auch ihm das Scheitern der Gesundheitsreform („Obamacare“) anlastete. Die Flugaffäre brachte das Fass zum Überlaufen. Selbst das Angebot von Price, knapp 50.000 Dollar an die Staatskasse zu erstatten, zog nicht mehr. Am Freitagabend reichte der erzkonservative Abgeordnete aus Georgia seinen Rücktritt ein. Trump akzeptierte. Wissend, dass die Akte damit nicht geschlossen ist.

Obwohl die Regierung Trump vor Milliardären und Millionären nur so strotzt: Über den Wolken lässt man sich gerne alimentieren. Innenminister Ryan Zinke ließ sich per teurem Charter-Flug von Las Vegas nach Montana fliegen, dort hat er eine Farm.

Finanzminister wollte für Flitterwochen Regierungsmaschine ordern

Finanzminister Steven Mnuchin machte sich ausgerechnet am Tag der Sonnenfinsternis nach Kentucky auf, um in Fort Knox, wo die US-Goldreserven liegen, nach dem Rechten zu sehen. Zuvor wollte der auf 350 Millionen Dollar taxierte Unternehmer für die Flitterwochen in Europa eine Regierungsmaschine ordern, verzichtet aber am Ende darauf. Scott Pruitt, Chef der Umweltbehörde EPA wiederum, zieht es häufig in die Heimat nach Tulsa/Oklahoma. Auch hier dienen meist Privatmaschinen oder Militärjets als Transportmittel.

Letzte Arabeske: Der Minister für Kriegsveteranen, David Shulkin – ebenfalls ein Millionär –, war im Sommer halb dienstlich, halb privat mit Gattin in Europa unterwegs. Bezahlt aus der Staatskasse.

Trump gebe schlechtes Beispiel ab

Für Robert Weissman von der Watchdog-Organisation „Public Citizen“ ist das Gebaren kein Wunder. Trump persönlich gebe mit seinem verschwenderischen Umgang mit Staatsgeldern bei Flügen in seine Privat-Domizile Mar-a-Largo (Florida) und Bedminster (New Jersey) ein schlechtes Beispiel ab.

Nicht alle Regierungsmitglieder lassen sich davon leiten. Bildungsministerin Betsy DeVos benutzt auf Terminen ihr Privat-Flugzeug und stellt nach Angaben ihres Ministeriums niemals eine Rechnung. Geschätztes Privatvermögen der 59-Jährigen: 1,5 Milliarden Dollar.