Bagdad/Istanbul. Beim Referendum der Kurden im Irak wird eine Mehrheit für eine Abspaltung erwartet. Die Türkei und Irak reagieren mit einem Manöver.

Nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak haben die türkische und die irakische Armee an der Grenze ein gemeinsames Militärmanöver begonnen. Es handele sich um eine groß angelegte militärische Übung, teilte der irakische Generalstabschef Uthman al-Ghanami am Dienstag mit.

In einer Mitteilung der türkischen Streitkräfte hieß es, Einheiten der irakischen Armee seien für das Manöver in die südosttürkische Provinz Silopi gebracht worden. Die Übung finde in der Gegend des Grenzübergangs Habur statt, dem Übergang zwischen der Türkei und der Kurden-Region im Nordirak.

Türkei betrachtet Referendum als illegal

Auf Fotos auf der Internetseite der türkische Armee waren vor einem Transportflugzeug der irakischen Armee Soldaten zu sehen, die die Flaggen der Türkei und des Iraks in die Kamera hielten. Die türkische Armee hatte das Manöver bereits am Montag vergangener Woche begonnen. Nach Angaben der Streitkräfte markiert die gemeinsame Übung mit den irakischen Truppen die dritte Phase des Manövers.

Die irakische Zentralregierung und die Türkei betrachten das kurdische Referendum als illegal und wollen es nicht anerkennen. Sie lehnen einen unabhängigen kurdischen Staat ab.

Ergebnis wird in drei Tagen erwartet

Bei dem Referendum der Kurden rechnet die Wahlkommission mit einer deutlichen Mehrheit für eine Abspaltung vom Rest des Landes. Die ersten Auszählungen deuteten darauf hin, dass mehr als 90 Prozent der Wähler für die Unabhängigkeit gestimmt haben. Die vorläufige Wahlbeteiligung lag bei mehr als 72 Prozent, wie die Kommission am Montagabend weiter mitteilte. Das endgültige Ergebnis will sie innerhalb von drei Tagen verkünden.

Kurden feiern nach der Schließung der Wahllokale für das Referendum in Erbil (Irak).
Kurden feiern nach der Schließung der Wahllokale für das Referendum in Erbil (Irak). © dpa | Oliver Weiken

Nach dem Referendum feierten die Kurden ausgelassen auf den Straßen. Durch die kurdische Hauptstadt Erbil fuhren hupende Autos, teilweise brach der Verkehr zusammen. Menschen tanzten auf den Bürgersteigen und schwenkten rot-weiß-grüne kurdische Fahnen. Immer wieder stieg Feuerwerk auf, Freudenschüsse waren zu hören. Für viele Kurden würde sich mit der Unabhängigkeit ein langgehegter Traum erfüllen. Sie verweisen darauf, dass sie lange von der Zentralregierung unterdrückt und bekämpft worden seien.

Massive Kritik von irakischer und türkischer Regierung

Die nordirakischen Kurden hatten das historische Referendum über ihre Unabhängigkeit am Montag trotz scharfer internationaler Kritik durchgeführt. Das Ergebnis ist jedoch rechtlich nicht bindend. Die irakische Zentralregierung hatte die Abstimmung als nicht verfassungsgemäß verurteilt. Vize-Präsident Nuri al-Maliki sagte, „das Referendum sei eine Kriegserklärung an die Einheit des irakischen Volks“.

Auch aus der Türkei kam Kritik. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit einem Stopp des kurdischen Ölexports und einer militärischen Intervention im Nordirak nach dem Vorbild des türkischen Einmarsches in Syrien. Das Referendum nannte er „null und nichtig“. (dpa)