Paris. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron startet an diesem Dienstag eine Europa-Initiative. Was steckt dahinter? Die wichtigsten Punkte.
- Macron will nicht warten, bis eine deutsche Regierungskoalition steht
- Direkt nach der Bundestagswahl stößt er eine Europadebatte an
- Doch Macrons weitreichenden Reformpläne für Europa stoßen auch auf Kritik
Frankreich meldet sich auf der europäischen Bühne zurück. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ist zwar wirtschaftlich immer noch erholungsbedürftig und kämpft gegen eine hohe Arbeitslosigkeit. Paris will aber nach Jahren der Krise wieder mit dem großen Partner Deutschland auf Augenhöhe sprechen und Europas Zukunft mitgestalten.
Gut vier Monate nach Amtsantritt stellt Präsident Emmanuel Macron an diesem Dienstag in der traditionsreichen Sorbonne-Universität seine Europa-Pläne vor. Darum geht es:
Warum meldet sich Macron gerade jetzt zu Wort?
Paris hält den Zeitpunkt direkt nach der Wahl in Deutschland für günstig. Macron wolle nicht abwarten, bis in Berlin ein Koalitionsvertrag unter Dach und Fach ist, dann sei es möglicherweise zu spät, die Europadebatte zu beeinflussen, heißt es. Nach der Wahl in Deutschland öffne sich für Europa ein neues Kapitel, die Debatte müsse sofort beginnen, es sei keine Zeit zu verlieren, lautet das Credo im Élyséepalast.
Die Karriere von Präsident Macron
Wie sieht das Deutschland?
Nikolaus Meyer-Landrut, deutscher Botschafter in Paris, begrüßt die Vorlage der Pläne und eine öffentliche Debatte. „Deutschland wird aber derzeit nicht in der Lage sein, auf die Vorschläge im Detail zu antworten, denn dafür ist eine Mehrheit, eine Regierung nötig“, resümierte der Spitzendiplomat beim Nachrichtensender BFMTV.
Wie lautet Macrons Vision für Europa?
Er will für die Eurozone einen eigenen Haushalt mit Hunderten Milliarden Euro, ein eigenes Parlament und einen Finanzminister. Das ist ein ambitionierter Plan. In Deutschland spricht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar auch von einem Euro-Finanzminister und einem eigenen Haushalt, meint damit aber „nicht Hunderte Milliarden Euro, sondern erst einmal kleine Beträge“. Auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker wendet sich gegen weitreichende Reformpläne. In Paris warnen Experten vor einer Angstdebatte: Wir wollen reden, Arbeitsgruppen mit willigen Partnern einrichten, wir kommen nicht mit ausformulierten Texten, die von anderen unterzeichnet werden müssen – so ist die Herangehensweise.
Wie sieht es aus mit anderen Themen?
Macron will in der Sorbonne den Bogen weit spannen. Für ein „souveränes Europa“ sieht der Präsident fünf Herausforderungen: den Kampf gegen den Klimawandel, die Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Migration, die digitale Revolution sowie Wirtschafts- und Handelsfragen – dazu gehöre auch eine gestärkte Wirtschafts- und Währungsunion.
Welche Rolle spielen die Rechtspopulisten?
Bei der Präsidentenwahl im Frühjahr ist Macron gegenüber dem rechtsextremen Front National (FN) ohne Wenn und Aber als Europabefürworter angetreten. Das sei eine Antwort gewesen, die die Menschen erwartet hätten, heißt es in Élyséekreisen. Die Linie habe ihm Recht gegeben: Er setzte sich mit sehr deutlichem Vorsprung gegen die europafeindliche Rechtspopulistin Marine Le Pen durch, die in der Stichwahl aber immerhin über zehn Millionen Stimmen einfuhr. Das Land ist immer noch gespalten – und der mit gesunkenen Umfragewerten konfrontierte Macron muss liefern und zeigen, dass sich sein europafreundlicher Kurs tatsächlich auszahlt. Daran hat auch Deutschland ein Interesse.
Ziehen Berlin und Paris in der Flüchtlingspolitik am selben Strang?
Macron und Merkel waren beide Ende August bei einem Migrations-Gipfel in Paris, wo auch afrikanische Staaten am Tisch saßen. Die Europäer zeigten sich dabei offen, manchen Schutzbedürftigen aus Afrika einen legalen Weg nach Europa zu ermöglichen. Allerdings koppelten sie dies daran, illegale Migrationsströme über das Mittelmeer zu stoppen. Macron will in der Migrationsdebatte auf jeden Fall aktiver auftreten als sein Amtsvorgänger François Hollande. Viele werfen dem Sozialisten immer noch vor, Merkel in der Flüchtlingskrise alleingelassen zu haben, beispielsweise bei den schwierigen Gesprächen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. (dpa)