Berlin. Im Bundestagswahlkampf gibt es für Politiker kaum eine ruhige Minute. Aber sie alle haben ihre eigenen Methoden, um Kraft zu sammeln.

Der Bundestagswahlkampf verlangt Spitzenkandidaten viel ab. Wie erholen sie sich? Wer sind die Menschen, die ihnen privat den Rücken stärken? Ein Blick in die Runde.

• Angela Merkel (CDU)

In ihrem Haus in der Uckermark ist die Kanzlerin Privatperson. Sie liest viel und verbringt Zeit mit ihrer Familie. Im Garten zieht die CDU-Bewerberin sogar Gemüse, hin und wieder kommt Selbstangebautes auf den Tisch.

Die 1954 geborene Merkel, als Kind nach Selbstauskunft ein „Bewegungsidiot“, geht heute zur Erholung gerne wandern und Ski laufen. Jährlich gibt es neue Paparazzi-Bilder aus Südtirol von ihr und ihrem Mann Joachim Sauer, dem weltweit renommierten Quantenchemiker. Offizielle Fotos gibt’s vom roten Teppich in Bayreuth, beide mögen Opern.

Merkel und Sauer lernten sich in den 80er-Jahren an der Ostberliner Akademie der Wissenschaften kennen. Dort half er ihr als Korrekturleser bei ihrer Dissertation, der „Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden“. Hochzeit war 1998.

Die Spitzenkandidaten der Bundestagswahl

Sie ist zum vierten Mal angetreten und siegte erneut: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit ihrer Partei CDU die Wahl gewonnen – wenn auch mit herben Verlusten: 26,8 Prozent holten die Christdemokraten. Das sind 7,3 Prozent weniger als bei der Wahl 2013.
Sie ist zum vierten Mal angetreten und siegte erneut: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit ihrer Partei CDU die Wahl gewonnen – wenn auch mit herben Verlusten: 26,8 Prozent holten die Christdemokraten. Das sind 7,3 Prozent weniger als bei der Wahl 2013. © dpa | Michael Kappeler
Auch für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der als Spitzenkandidat der CSU in den Wahlkampf zog, hatte das schlechte Abschneiden seiner Partei Folgen: Zwar haben alle Direktkandidaten der CSU den Sprung in den Bundestag geschafft – von der Landesliste gelang das aber keinem. Darunter auch Herrmann.
Auch für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der als Spitzenkandidat der CSU in den Wahlkampf zog, hatte das schlechte Abschneiden seiner Partei Folgen: Zwar haben alle Direktkandidaten der CSU den Sprung in den Bundestag geschafft – von der Landesliste gelang das aber keinem. Darunter auch Herrmann. © dpa | Matthias Balk
Als der ehemalige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten der SPD ernannt wurde, waren die Hoffnungen auf einen Machtwechsel groß. Sie zerschlugen sich: Mit Schulz als Spitzenkandidat fuhr die SPD mit 20,5 Prozent des schlechteste Ergebnis überhaupt ein.
Als der ehemalige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten der SPD ernannt wurde, waren die Hoffnungen auf einen Machtwechsel groß. Sie zerschlugen sich: Mit Schulz als Spitzenkandidat fuhr die SPD mit 20,5 Prozent des schlechteste Ergebnis überhaupt ein. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Cem Özdemir und die Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt gingen als Spitzenduo in die Bundestagswahl. Nachdem die Grünen laut Umfragen zeitweise um den Einzug in den Bundestag bangen mussten, holten sie am Ende souverän 8,9 Prozent.
Cem Özdemir und die Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt gingen als Spitzenduo in die Bundestagswahl. Nachdem die Grünen laut Umfragen zeitweise um den Einzug in den Bundestag bangen mussten, holten sie am Ende souverän 8,9 Prozent. © imago | Jens Jeske
Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch wollten den Platz der Linken als drittstärkste Kraft im Bundestag unbedingt verteidigen. Zwar holten sie 9,2 Prozent und damit mehr als bei der letzten Wahl 2013. Stärkste Opposition ist die Linke aber nicht mehr. Diesen Platz nimmt nun ausgerechnet die AfD ein.
Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch wollten den Platz der Linken als drittstärkste Kraft im Bundestag unbedingt verteidigen. Zwar holten sie 9,2 Prozent und damit mehr als bei der letzten Wahl 2013. Stärkste Opposition ist die Linke aber nicht mehr. Diesen Platz nimmt nun ausgerechnet die AfD ein. © dpa picture alliance | Emmanuele Contini
Christian Lindner ist das Gesicht der FDP – und konnte die FDP wieder in den Bundestag bringen. Nur die AfD konnte den Liberalen, die 10,7 Prozent holten, den dritten Platz streitig machen.
Christian Lindner ist das Gesicht der FDP – und konnte die FDP wieder in den Bundestag bringen. Nur die AfD konnte den Liberalen, die 10,7 Prozent holten, den dritten Platz streitig machen. © picture alliance / Maurizio Gamb | dpa Picture-Alliance / Maurizio Gambarini
Alice Weidel und Alexander Gauland haben die AfD als Spitzenkandidaten auf Platz drei geführt. Insgesamt holten die Rechtspopulisten 12,6 Prozent.
Alice Weidel und Alexander Gauland haben die AfD als Spitzenkandidaten auf Platz drei geführt. Insgesamt holten die Rechtspopulisten 12,6 Prozent. © picture alliance / Uli Deck/dpa | dpa Picture-Alliance / Uli Deck
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• Martin Schulz (SPD)

Im Rückblick räumt Martin Schulz ein, dass es für eine Profifußballerkarriere wohl nicht gereicht hätte, auch ohne seine Knieverletzung von 1975 nicht. Die Liebe zum Fußball lebt der 1955 bei Aachen geborene SPD-Kanzlerkandidat heute als Fan und Beirat des 1. FC Köln aus. Außerdem liest er gerne und viel. Er ist immer noch Kunde in seiner einstigen Buchhandlung. 1982 hatte er sie gegründet, da lagen die schweren Jahre der Alkoholsucht hinter ihm. Wenn er heute Stress abbauen muss, singt er gern, wie er jüngst der „Bild am Sonntag“ sagte.

Die Familie hält Schulz aus der Öffentlichkeit raus. Er versäumt aber keine Gelegenheit, von seiner Frau Inge zu schwärmen. Geheiratet haben sie 1985, zusammen haben sie zwei inzwischen erwachsene Kinder. Seine Frau wisse genau, was man „einem Typen wie mir“ sagen müsste, wenn er mal die Brocken hinschmeißen wolle, erzählte er im Juni beim „Brigitte“-Gespräch. Inge Schulz, deren Eltern aus Polen eingewandert sind, ist Landschaftsarchitektin. Ihr Garten in Würselen gehört zu Martin Schulz’ liebsten Erholungsorten.

• Cem Özdemir (Grüne)

Er tankt gerne „die Energie der Berge“, sagt der Grünen-Chef, der gemeinsam mit Katrin Göring-Eckardt antritt. Im Sommer sammelte er Kraft im Vinschgau in Südtirol. Die Oma eines Freundes hatte ihn schon als Kind auf Wandertouren durch die schwäbische Heimat mitgenommen – das prägte ihn. Özdemir, 1994 als erstes „Gastarbeiter“-Kind in den Bundestag gewählt, ist mit Pia Castro verheiratet. Die argentinische Journalistin mit italienischen Wurzeln kam nach dem Mauerfall nach Berlin, weil sie die historischen Veränderungen miterleben wollte. Mit Tochter ( *2005) und Sohn (*2009) lebt das Paar in Kreuzberg. Die Kinder sprechen Deutsch und Spanisch und verstehen Türkisch. Das deutsche Weihnachten lernte Özdemir auch als Kind bei einem Freund kennen. Heute ist er es, der für seine Familie den Weihnachtsbaum kauft.

• Christian Lindner (FDP)

Christian Lindner muss Romantiker sein. Anders lässt sich der Heiratsantrag nicht deuten, den der FDP-Spitzenkandidat seiner damaligen Freundin Dagmar Rosenfeld machte. Eine Serviette, darauf gekritzelt eine Frage und drei Ankreuzmöglichkeiten: Willst du mich heiraten? Ja. Nein. Vielleicht. Ein Erfolg: 2011 heirateten die beiden nach zwei Jahren Beziehung. Rosenfeld, Jahrgang 1972, war bei der „Zeit“ für die FDP-Berichterstattung zuständig. Das beendete sie – und verteidigte sich später gegen Mutmaßungen, ihre Arbeit werde von der FDP beeinflusst. Heute ist Dagmar Rosenfeld-Lindner stellvertretende Chefredakteurin von WeltN24. Mit ihr und mit Freunden Zeit zu verbringen, beschreibt ihr Mann als kostbar: „Viel Raum für Freizeit blieb nie.“ Neben gutem Essen interessiert den 1979 geborenen Lindner alles, „was mit Benzin betankt werden kann“. Aus seinem Urlaub auf Mallorca postete er im Sommer ein Foto von der Go-Kart-Bahn.

• Alice Weidel (AfD)

Das Erste, was Alice Weidel an einem wahlkampffreien Tag macht: „Mich aufs Rad setzen oder wandern gehen.“ Das erzählt die AfD-Spitzenkandidatin, die im Duo mit Alexander Gauland antritt, in einem Video auf Facebook, gefilmt vom Fahrradsattel aus. Bei Instagram zeigt sie Wanderfotos aus den Bergen, auf einem sind in der Ferne eine Frau und ein Kind zu sehen – Familie? Steht nicht dabei. Ihr Privatleben will die 1979 in Ostwestfalen geborene studierte Ökonomin ganz privat halten. Von ihr und ihrer Lebenspartnerin Sarah Bossard, einer Schweizer Film- und Fernsehproduzentin mit Wurzeln in Südasien, gibt es kein offizielles Foto. Geschweige denn von den beiden Söhnen, die sie gemeinsam im schweizereischen Biel aufziehen.

• Sahra Wagenknecht (Linke)

Sie verausgabt sich gerne, um den Kopf frei zu kriegen. Sonst ist sie gejoggt, jetzt fährt Sahra Wagenknecht zusammen mit ihrem Mann Fahrrad. Durch das Saarland, ihr Zuhause, seit sie 2012 mit Oskar Lafontaine zusammengezogen ist.

Frankreich liegt um die Ecke, so nah, dass das Paar seine Frühstücksbaguettes dort holen kann. Auch den Urlaub verbringen die Linken-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl und der Linken-Fraktionsvorsitzende im saarländischen Landtag gerne in Frankreich, ebenfalls auf dem Fahrrad. Für die gebürtige Thüringerin, die im Duo mit Dietmar Bartsch kandidiert, spielen außerdem Bücher seit der Kindheit eine entscheidende Rolle. Vom Lesesessel in ihrem Haus schwärmte sie einmal: Darin könne sie 15 Stunden sitzen, ohne Rückenschmerzen zu bekommen.

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    • Joachim Herrmann (CSU)

    Auch Joachim Herrmann mag Bewegung an der frischen Luft. „Mit dem Fahrrad fahr’ ich seit meiner Kindheit mit Begeisterung“, erzählt er. „Da werden die Gedanken frei, wenn ich durch den Wald radle.“ Seine ungesunde Leidenschaft: Süßigkeiten. Die Frau des Franken, die aus Bremerhaven stammende Gerswid Terheyen, studierte Jura wie er, sie lernten sich 1976 an der Uni Erlangen kennen. Schon damals sei sie in der „Jungen Union“ gewesen, „in Bremerhaven gehört dazu schon Bekennertum“, sagte Herrmann einmal dem Magazin „Cicero“. 1983 heiratete das Paar, bekam eine Tochter und zwei Söhne. Und egal, was passiert, ob ein Sohn öffentlichkeitswirksam zum Mini-Gangster-Rapper wird, wie vor enigen Jahren geschehen, oder ob es größere Sorgen sind: Für den Katholiken Herrmann bleibt der Glaube die größte Kraftquelle.

    CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann

    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann tritt als Spitzenkandidat der CSU zur Bundestagswahl an.
    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann tritt als Spitzenkandidat der CSU zur Bundestagswahl an. © picture alliance / Matthias Balk | dpa Picture-Alliance / Matthias Balk
    Der studierte Jurist (*1956) tritt 1977 der Jungen Union und der CSU bei. 1983 wird er erstmals in den Bundesvorstand der Jungen Union gewählt – lernt dort Roland Koch und Christian Wulff kennen. Von 1987 bis 1991 ist Herrmann  stellvertretender Bundesvorsitzender der JU Deutschland.
    Der studierte Jurist (*1956) tritt 1977 der Jungen Union und der CSU bei. 1983 wird er erstmals in den Bundesvorstand der Jungen Union gewählt – lernt dort Roland Koch und Christian Wulff kennen. Von 1987 bis 1991 ist Herrmann stellvertretender Bundesvorsitzender der JU Deutschland. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content
    Nachdem die Wahl zum Erlanger Oberbürgermeister 1990 scheitert, wird der Münchner vier Jahre später in den Bayerischen Landtag gewählt.
    Nachdem die Wahl zum Erlanger Oberbürgermeister 1990 scheitert, wird der Münchner vier Jahre später in den Bayerischen Landtag gewählt. © imago | Astrid Schmidhuber
    Der stellvertretende CSU-Generalsekretär Joachim Herrmann – wieder mit Schnäuzer – hält im Juli 1998 vor der Münchner Parteizentrale die Papp-Aufsteller mit den Abbildungen von Ministerpräsident Edmund Stoiber und Parteichef Theo Waigel (r.) in den Armen. Letzterer ernennt Herrmann im April 1997 zum stellvertretenden Generalsekretär der CSU.
    Der stellvertretende CSU-Generalsekretär Joachim Herrmann – wieder mit Schnäuzer – hält im Juli 1998 vor der Münchner Parteizentrale die Papp-Aufsteller mit den Abbildungen von Ministerpräsident Edmund Stoiber und Parteichef Theo Waigel (r.) in den Armen. Letzterer ernennt Herrmann im April 1997 zum stellvertretenden Generalsekretär der CSU. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Stephan Jansen
    Von 2003 bis 2007 ist Herrmann Vorsitzender der CSU-Fraktion im Landtag.
    Von 2003 bis 2007 ist Herrmann Vorsitzender der CSU-Fraktion im Landtag. © picture alliance / Sebastian Kah | dpa Picture-Alliance / Sebastian Kahnert
    Am 16. Oktober 2007 überreicht Ministerpräsident Günther Beckstein seinem Nachfolger die Ernennungsurkunde zum bayerischen Innenminister.
    Am 16. Oktober 2007 überreicht Ministerpräsident Günther Beckstein seinem Nachfolger die Ernennungsurkunde zum bayerischen Innenminister. © imago | Sven Simon
    Herrmann wechselt damit aus der parlamentarischen Funktion des Fraktionsvorsitzenden (wieder) in die Staatsregierung ...
    Herrmann wechselt damit aus der parlamentarischen Funktion des Fraktionsvorsitzenden (wieder) in die Staatsregierung ... © REUTERS | REUTERS / ALEXANDRA BEIER
    ... und führt mit dem Innenressort eines der größten und wichtigsten Ministerien im Freistaat.
    ... und führt mit dem Innenressort eines der größten und wichtigsten Ministerien im Freistaat. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Andreas Gebert
    Reserveoffizier Herrmann nimmt im Juli 2010 an einem Hochwasserszenario nach schweren Unwettern in der bayerischen Gemeinde Münchsmünster teil.
    Reserveoffizier Herrmann nimmt im Juli 2010 an einem Hochwasserszenario nach schweren Unwettern in der bayerischen Gemeinde Münchsmünster teil. © imago/argum | imago stock&people
    Handschlag zwischen Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und dem 2013 erneut zum Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr ernannten Herrmann.
    Handschlag zwischen Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und dem 2013 erneut zum Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr ernannten Herrmann. © dpa | Matthias Balk
    Herrmann ist mit Gerswid Terheyden verheiratet. Sie haben eine Tochter und zwei Söhne.
    Herrmann ist mit Gerswid Terheyden verheiratet. Sie haben eine Tochter und zwei Söhne. © imago/Future Image | imago stock&people
    Herrmann im August 2017 auf einer Pressekonferenz in München zum bayernweiten Ausbau der Videoüberwachung.
    Herrmann im August 2017 auf einer Pressekonferenz in München zum bayernweiten Ausbau der Videoüberwachung. © dpa | Peter Kneffel
    Ein Sonderparteitag wählte Herrmann am 6. Mai 2017 mit über 98 Prozent der Stimmen zum Spitzenkandidaten der CSU für die Bundestagswahl.
    Ein Sonderparteitag wählte Herrmann am 6. Mai 2017 mit über 98 Prozent der Stimmen zum Spitzenkandidaten der CSU für die Bundestagswahl. © dpa | Alexander Heinl
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