Ankara . Die Regierung in Ankara warnt vor dem Unabhängigkeitsreferendum und lässt ihre Streitkräfte in Grenznähe zum Manöver aufmarschieren.

Panzer gehen in Stellung, Geschütze werden gefechtsbereit gemacht – seit Montagmorgen übt das türkische Militär an der irakischen Grenze für den Ernstfall. Die unerwartet anberaumten Manöver gelten der Volksabstimmung, die für den kommenden Montag jenseits der Grenze in der Autonomen Region Kurdistan (KRG) des Nordirak angesetzt ist.

Mit dem Referendum sollen die Kurden darüber entscheiden, ob sie sich vom Irak lossagen und einen eigenen Staat ausrufen. Die irakische Regierung wirft der KRG ein „Spiel mit dem Feuer“ vor. Das oberste irakische Bundesgericht untersagte am Montag das Referendum als verfassungswidrig. Alle Maßnahmen für das Referendum müssten eingestellt werden.

Auch Berlin hat sich gegen das Referendum ausgesprochen

Der Referendumsplan stößt international auf breite Kritik. Auch die Bundesregierung hat sich gegen den Volksentscheid ausgesprochen. Die Regierungen in den Nachbarländern Türkei und Iran befürchten, dass die Unabhängigkeitsbestrebungen der irakischen Kurden kurdischen Separatisten in ihren Ländern Auftrieb geben und zu einem Bürgerkrieg in der Region führen könnte.

Besonders schwer wiegt die Kritik der USA, des wichtigsten Partners der nordirakischen Kurden, nicht zuletzt im Kampf gegen den IS. Das Weiße Haus kritisierte die Pläne der Kurden als „provokant und destabilisierend“. Washington treibt vor allem die Sorge um, der Streit über eine kurdische Unabhängigkeit könnte den Kampf gegen die IS-Dschihadisten behindern, der für die USA absolute Priorität hat.

Erdogan droht mit einem militärischen Eingreifen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warnte die irakischen Kurden: „Wenn ihr euch für die Auflösung des Irak entscheidet, werden wir nicht untätig zusehen.“ Regierungschef Binali Yildirim sagte, das geplante Referendum tangiere die nationale Sicherheit der Türkei. „Niemand sollte daran zweifeln, dass wir alle nötigen Maßnahmen ergreifen“, so Yildirim.

Die Türkei hatte in den vergangenen Jahren enge wirtschaftliche und politische Beziehungen zur kurdischen Autonomieregion geknüpft. Der irakische Kurdenführer Massud Barsani unterstützte die Türkei beim Kampf gegen die PKK, die im Nordirak ihre wichtigsten Stützpunkte unterhält. Aber das geplante Unabhängigkeitsreferendum stellt die Beziehungen auf eine schwere Probe. Erdogan kritisierte: „Ihr klopft an unsere Tür, wenn ihr Unterstützung braucht und erhaltet alle möglichen Hilfen; aber wenn es darum geht, den Irak aufzulösen, geht ihr euren eigenen Weg.“

Das Manöver konzentriert sich auf die Region Silopi

Die am Montag gestarteten Militärmanöver konzentrieren sich auf die Region Silopi. Das ist kein Zufall. Hier befindet sich der Grenzübergang Habur, die einzige Straßenverbindung zwischen der Türkei und dem Nordirak. Für die Autonomieregion ist Habur das wichtigste Tor zum Rest der Welt. Auch die Erdölexporte der Kurdenregion laufen über die Türkei. Eine Schließung der Grenze würde die irakischen Kurden wirtschaftlich strangulieren.

Kurdenführer Barsani darf daher den Konflikt nicht auf die Spitze treiben. Er beteuert zwar, das Referendum werde wie geplant am 25. September stattfinden. Zugleich ließ Barsani aber die Tür einen Spaltbreit offen, als er vergangene Woche sagte: „Wir haben bisher keinen Vorschlag gehört, der eine Alternative zu dem Kurdistan-Referendum sein könnte.“

Westliche Diplomaten vermuten, dass Barsani mit dem Referendum internationale Sicherheitsgarantien für die irakischen Kurden durchsetzen will. Bindend wäre das Ergebnis der Volksabstimmung für ihn ohnehin nicht.