Straßburg. Kommissionspräsident Juncker will Reformen für die EU. Die gehen aber nicht so weit, wie es etwa Frankreichs Präsident Macron fordert.

  • Jean-Claude Juncker hat sich mit mehreren Reformvorschlägen an das EU-Parlament gewandt
  • Unter anderem will er den Euro für alle 28 EU-Staaten
  • Außerdem soll die EU bis 2025 auf 30 Mitglieder wachsen

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will eine engere Zusammenarbeit in der EU: So sollen alle EU-Länder den Euro übernehmen und der Schengenzone ohne Grenzkontrollen beitreten, wie EU-Diplomaten vor Junckers Grundsatzrede im Europaparlament am Mittwoch sagten. Zudem soll die EU weiter wachsen: Bis 2025 könnte sie um die 30 Mitglieder haben.

Kurz vor der Bundestagswahl macht Juncker damit Vorschläge, die erheblichen Streit auslösen könnten. So bedeutet die gewünschte Ausweitung der Eurozone, dass auch EU-kritische Länder wie Ungarn oder Polen die Einheitswährung einführen sollen. Auch soll sie in armen EU-Ländern wie Rumänien oder Bulgarien gelten.

Keine neuen Strukturen oder Verträge

Zudem stellt sich Juncker gegen viel weit reichendere Reformkonzepte, wie sie der französische Präsident Emmanuel Macron will. Dagegen kommt Juncker Bundeskanzlerin Angela Merkel entgegen, die skeptisch gegenüber einem weitreichenden Umbau der Gemeinschaft ist.

Junckers Rede zur Lage der Union im Straßburger Europaparlament war mit Spannung erwartet worden. Nach Entscheidung der Briten für einen EU-Austritt hatte er eine Reformdebatte angestoßen und im März fünf Szenarien zur EU der Zukunft vorgelegt. Doch Juncker will nach Angaben der EU-Diplomaten keine neuen Strukturen und auch keine Änderung der Europäischen Verträge – anders als Macron, der einen Euro-Finanzminister mit eigenem Milliarden-Budget verlangt.

Juncker fordert einen „Mr. Euro“

Als Kompromissformel will Juncker, dass ein Vizepräsident der Kommission hauptamtlicher Chef der Eurogruppe wird – eine Art „Mr. Euro“ ohne neuen Apparat. Im EU-Haushalt soll ein eigener Titel für die Eurozone vorgesehen werden. Daraus will Juncker unter anderem Hilfen für EU-Staaten wie Rumänien oder Bulgarien finanzieren, um sie fit für den Euro zu machen.

Derzeit haben 19 der 28 EU-Staaten die Gemeinschaftswährung. Einige andere schaffen die wirtschaftlichen Hürden nicht oder wollen den Euro nicht übernehmen.

Neue Verhandlungen zum Freihandel

Juncker plant für die nächsten Monate den Angaben zufolge unabhängig von der Reformdebatte einige konkrete Initiativen. So sollen Verhandlungen über Freihandelsverträge mit Australien und Neuseeland begonnen werden.

Ein neuer Prüfmechanismus soll unerwünschte Übernahmen sensibler Wirtschaftsunternehmen oder Infrastruktur durch chinesische Staatskonzerne erschweren. Geplant sind zudem Abwehrmaßnahmen gegen Cyberangriffe, eine Initiative zum Datenaustausch sowie eine Strategie zur Stärkung und Digitalisierung der europäischen Industrie. (dpa)