Berlin. Die Bildungsstudie der OECD zeigt, dass noch immer das Elternhaus über den späteren Beruf entscheidet. Die Politik muss nun handeln.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka ist dankbar: Im Vergleich zu der Situation vor zehn, 15 Jahren sei doch die Bildungsstudie der OECD für Deutschland durchaus erfreulich. Vieles habe man erreicht, man sei sogar führend bei den Studentenzahlen in den technischen Berufen. Positive Nachrichten für das Hochtechnologieland Deutschland.

So weit, so gut. Doch der Bericht, ein sehr großer internationaler Vergleich, weist auch andere Zahlen auf: Nur 28 Prozent der Studienanfänger in den technischen Fächern etwa sind junge Frauen. Das ist deshalb schlecht, weil gerade diese Berufe hohe Gehälter beinhalten und dort Karrierechancen vorhanden sind. Um die Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern auszugleichen, erklärtes Ziel der Politik, müsste sich hier dringend etwas ändern.

Kind aus Arbeitermilieu wird seltener Chirurg

Ein anderer Schwerpunkt der Studie lässt noch stärker aufhorchen: Der Anteil der Hochschulabsolventen, deren Eltern keinen akademischen Abschluss haben, liegt seit Jahren unterhalb der 15-Prozent-Marke.

Das heißt grob übersetzt, dass ein Kind aus dem Arbeitermilieu später selten Chirurg wird. Das heißt auch, dass hierzulande nach wie vor das Elternhaus über den späteren Berufsweg entscheidet. Das ist deswegen schlecht, weil es dem in der Verfassung verankerten Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Was der Einzelne aus seinem Leben macht und wie ihn sein Elternhaus dabei prägt, das kann die Politik nicht beeinflussen. Aber gleiche Startchancen schaffen, das muss ein Staat ganz intensiv versuchen.

Im Wahlkampf stehen Bildungsversprechen ganz oben, doch es bedarf auch einer sinnvollen Umsetzung. Die Idee etwa, Schülern in zwölf Jahren noch mehr Lehrstoff beizubringen, hat vor allem diejenigen gestärkt, deren Eltern Geld und auch Zeit in Erklärungen, Hausaufgaben und Nachhilfe investieren können.

Ende des Kooperationsverbots

Was schafft Abhilfe? Flächendeckend Ganztagsschulen, in denen auch Kindern, deren Eltern nicht in der Lage sind, den Mathestoff nachzuvollziehen, geholfen wird. Genug Lehrer, die sinnvoll ausgebildet und gut bezahlt werden. Auch wenn sie nicht Beamte, sondern nur Angestellte sind. Außerdem muss es im neuen Bundeskabinett ein mächtiges Bildungsministerium geben, das nicht unter „Familie und Gedöns“ abgehandelt wird. Sondern als mächtiger Verwalter von – so bezeichnet es die OECD – Deutschlands „wichtigstem Rohstoff, der Kompetenz und Bildung seiner Bürger“.

Und es muss endlich ein Ende des Kooperationsverbots geben. Schluss mit der Idee, dass Bund und Länder in Sachen Bildung nicht zusammenarbeiten dürfen. Der Aufwand für die Grenzziehung ist oft höher als der Ertrag.

„Digitalpakt Schule“ gutes Beispiel

Beispiel ist der „Digitalpakt Schule“. Damit soll das Ende der Kreidezeit in Deutschlands Klassenzimmern eingeläutet werden: Finanziert werden sollen Schulvernetzung, Wlan-Bereitstellung in den Klassenzimmern sowie Cloudlösungen für Unterrichtsinhalte.

Der Bund sagte dafür fünf Milliarden Euro zu. Eine große Summe. Bislang sind diese allerdings im Haushalt nicht verankert, auch eine genaue Ausgestaltung des Konzepts fehlt noch. Das ist traurig. Denn die guten Werte, die die OECD Deutschland etwa im Bereich der Bildung von Kleinkindern bescheinigt, sind auch Folge einer sinnvollen Bund-Länder-Zusammenarbeit. Beim Kita-Ausbau ist man bereits auf einem guten Weg.

Der deutsche OECD-Beauftragte betont, seine Organisation wolle das Verbot nicht kommentieren, aber eine sinnvolle Kooperation sei durchaus produktiv – das zeigten Beispiele aus anderen, föderal geprägten Ländern. Recht hat er.