Berlin. Zwar gießt Kim Jong-un im Nordkorea-Konflikt nicht noch mehr Feuer ins Öl. Doch es droht nun ein Konflikt zwischen China und den USA.

Kurze Atempause im Nordkorea-Konflikt. Entgegen allgemeiner Befürchtungen hat Machthaber Kim Jong-un anlässlich des Nationalfeiertags seines Landes am Sonnabend keine weitere Rakete ins All geschossen oder gar einen weiteren Nukleartest durchgeführt. Verbal hat er zwar weiter provoziert, sein Land als „unbesiegbare Atommacht“ gefeiert und mit weiteren Waffentests gedroht. Doch offenbar will er zunächst einmal nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen. Das braucht er auch gar nicht. Denn auch ohne sein Zutun spitzt sich der Konflikt weiter zu. Und zwar zwischen den USA und China.

Die amerikanische Regierung hat für diesen Montag im Weltsicherheitsrat eine Abstimmung über weitere Sanktionen gegen Nordkorea anberaumt. US-Präsident Donald Trump hat bereits angekündigt, dass er neben dem Einfrieren sämtlicher ausländischer Vermögenswerte des Kim-Regimes vor allem ein Erdöl-Embargo durchsetzen will.

Affront gegen China

Angesichts der Tatsache, dass alle bisherigen Sanktionen das Kim-Regime nicht davon abgehalten haben, weiter an seinem Atomwaffenprogramm festzuhalten, mag das auf den ersten Blick ein folgerichtiger Schritt sein. Doch dem ist nicht so. Vielmehr ist dieser Vorstoß ein Affront, der sich unmittelbar auch gegen China richtet.

Keine Frage: Öl ist die Lebensader einer jeden Volkswirtschaft. Ein Embargo wäre schmerzhaft für Nordkorea – vor allem aber für das einfache Volk und nicht für das Militär. Das Regime hat mit entsprechenden Vorräten längst vorgesorgt. Sein Atomwaffenprogramm könnte es unbeirrt fortführen.

China will Ölembargo nicht mittragen

Sehr viel härter würde ein Ölembargo aber die Menschen treffen. Erdöl ist ein wichtiger Treibstoff nicht zuletzt auch für die Bewässerungssysteme und für die Landwirtschaft. Nach mehreren Monaten Lieferstopp würde sich das Leben der Menschen so sehr verschlimmern, dass sie in ihrer Verzweiflung vermutlich eher den Anweisungen der Führung folgen, als dass sie gegen das Regime aufbegehren. Das waren zumindest die Erfahrungen, die die Welt mit Japan im Zweiten Weltkrieg machen musste. Damals stachelte unter anderem ein weltweites Ölembargo das japanische Militär so sehr auf, dass sie unter dem Jubel der Bevölkerung Pearl Harbor angriff.

Aus Furcht vor einer ähnlichen Radikalisierung des Regimes in Pjöngjang hat die chinesische Führung mehrfach deutlich gemacht, dass sie ein Ölembargo gegen Nordkorea nicht mittragen werde. China, das bis vor Kurzem mehr als 90 Prozent des nordkoreanischen Außenhandels abwickelte, hatte sich zuletzt bewegt und weiteren Sanktionen zugestimmt. Denn auch die chinesische Führung will keine Atommacht Nordkorea. Sie befürchtet ein nukleares Wettrüsten in der Region.

Chinesische Führung hat keine Lösung

Den Kollaps des Landes will Peking aber nicht riskieren. So wenig die chinesische Führung einen Krieg vor ihrer Haustür haben will, so wenig will sie Flüchtlingsströme oder gar ein wiedervereinigtes Korea unter Führung des Südens, mit – möglicherweise – amerikanischen Soldaten an ihrer Grenze. Peking will Nordkorea als Pufferstaat erhalten. Das sollte Washington respektieren.

Auch die chinesische Führung hat kein Rezept, wie die schwere Krise auf der koreanischen Halbinsel abgemildert werden könnte. Einiges hat sie durch ihr langes Zögern selbst verwirkt. Doch es wäre ein großer Fehler, würde US-Präsident Donald Trump auch Peking gegen sich aufbringen. Ein Flächenbrand von globalem Ausmaß könnte die Folge sein. Und den kann niemand wollen.