Berlin. Hunderte Islamisten sitzen in deutschen Gefängnissen – verurteilt oder in Untersuchungshaft. Die Betreuung ist laut Behörden aufwändig.

Fast 300 Islamisten sitzen derzeit in deutschen Gefängnissen – die meisten sind in Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Berlin inhaftiert. Das zeigt eine Umfrage unserer Redaktion bei den Justizministerien der Bundesländer.

In Bayern sind derzeit 55 Gefangene mit „islamistischen Bezügen“ und teilweise Gewaltbereitschaft inhaftiert, bei 30 weiteren hegen die Sicherheitsbehörden einen Verdacht. In Hessen ist es nach Angaben des Ministeriums eine „mittlere zweistellige Zahl“, in Nordrhein-Westfalen sind derzeit 46 Islamisten in Haft, in Berlin 42, in Hamburg sind es zwölf Gefangene, die den Islam radikal auslegen.

In den ostdeutschen Bundesländern ist die Zahl der inhaftierten Islamisten deutlich geringer – in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen derzeit etwa keine einzige Person.

Viele Islamisten sind wegen anderer Delikte verurteilt

Manche der Extremisten sind den Angaben zufolge bereits verurteilt, andere sitzen derzeit in Untersuchungshaft, wieder andere hegen eine „Sympathie“ mit dem religiös begründeten Extremismus. Nicht alle der Islamisten sind auch wegen extremistischer oder terroristischer Straftaten verurteilt, sondern viele nach Informationen unserer Redaktion aufgrund anderer Delikte, etwa Körperverletzung oder Drogenkriminalität.

Zudem geht aus der Anfrage an die Justizministerien der Länder hervor, dass Islamisten hinter Gittern fast überall „unter besonderer Beobachtung“ der Behörden stehen und „speziellen Sicherheitsmaßnahmen“ unterzogen werden. Die verantwortlichen Haftanstalten sind demnach in Kontakt zu Polizei und Verfassungsschutz.

Betreuung der extremistischen Gefangenen sehr aufwändig

Die meisten Justizministerien geben zudem explizit an, dass die Islamisten getrennt von anderen Extremisten untergebracht sind, um „gegenseitiger Bestärkung in der radikalen Gesinnung nicht Vorschub zu leisten“, wie etwa der Berliner Senat auf Nachfrage angibt. Im Justizministerium in Nordrhein-Westfalen heißt es zudem: „Auch Kontakte mit anderen Gefangenen müssen intensiv begleitet werden.“

Zudem gibt die Regierung in NRW an: „Je mehr Gefangene inhaftiert werden, desto größer werden organisatorische Voraussetzungen für die erforderliche räumliche Trennung“. Die Betreuung sei „sehr personalaufwendig“, schreibt auch die sächsische Landesregierung. „Gespräche sind in der Regel mit Dolmetscher zu führen“, heißt es. Zudem sei der „Gefahr der Radikalisierung anderer Gefangener“ zu begegnen.

In fast allen Bundesländern werden Justizvollzugsbeamte zudem für die Präventionsarbeit und für den Umgang mit Islamisten in Gefängnissen in Fortbildungskursen trainiert. In mehreren Bundesländern wie etwa Hamburg, Hessen oder Bayern arbeiten derzeit Imame als Seelsorger für die muslimischen Gefangenen. (cu)