Berlin. Die Bundesdatenschutzbeauftragte will den Probelauf zur Gesichtserkennung in Berlin stoppen. Innenminister de Maizière wiegelt ab.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat Bedenken gegen den umstrittenen Versuch zur automatischen Gesichtserkennung im Berliner Bahnhof Südkreuz zurückgewiesen. Sie beruhten auf fehlerhaften Informationen, sagte er am Donnerstag bei einem Besuch in dem Bahnhof.

Auch angesichts der Terrorgefahr „wollen wir unser freiheitliches Leben nicht absagen“. Es müsse mit dem Schutz der Bürger abgewogen werden. De Maizière ließ sich von der Bundespolizei über das sechsmonatige Pilotprojekt informieren.

Grüne kritisieren „Wahlkampf-Show“ des Ministers

300 Personen nehmen an dem Versuch freiwillig teil. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sagt, sie seien nicht hinreichend informiert worden.
300 Personen nehmen an dem Versuch freiwillig teil. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sagt, sie seien nicht hinreichend informiert worden. © dpa | Jörg Carstensen

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff forderte einen vorläufigen Stopp des Tests. Die rund 300 freiwilligen Teilnehmer seien nicht ausreichend informiert worden, sagte sie der „Berliner Zeitung“. Die Bundespolizei müsse eine neue Einwilligung einholen. So lange sollte der Versuch unterbrochen werden.

Auch aus Sicht der Grünen fehlt eine tragfähige Rechtsgrundlage. Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf de Maizière vor, rechtsstaatliche Prinzipien für eine „Wahlkampf-Show“ zu opfern. Es habe sich gezeigt, dass mit den Daten mehr gemacht werden könne, als den Bürgern klar gewesen sei. „Der Staat verspielt Vertrauen, wenn er solche weitreichenden Pilotprojekte nicht ausreichend rechtlich und wissenschaftlich vorbereitet“, sagte die Spitzenkandidatin.

Anwaltsverein hält Gesichtserkennung für verfassungswidrig

Der Deutsche Anwaltverein argumentierte, es sei mit der Verfassung unvereinbar, Menschen an öffentlichen Plätzen ohne Anlass zu identifizieren. „Ein solches Vorgehen stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar“, sagte Präsident Ulrich Schellenberg der Deutschen Presse-Agentur.

Seit dem 1. August filmen mehrere Kameras die Menschen in drei Bereichen des Umsteigebahnhofs. Mit Computern werden die Aufnahmen mit den gespeicherten Gesichtern der Testpersonen verglichen, die den Bahnhof regelmäßig nutzen. Das Innenministerium und die Bundespolizei wollen herausfinden, ob Computer unter realistischen Bedingungen zuverlässig Gesichter erkennen können. (dpa)

Berlin testet Technik für Gesichtserkennung

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