Eckernförde. Präsident Trump zielt auf einen reinen Kampfeinsatz. Das ist mit dem Auftrag der deutschen Soldaten am Hindukusch nicht vereinbar.

Wenn der internationale Militäreinsatz in Afghanistan auf Betreiben von US-Präsident Donald Trump erweitert wird, sieht sich die Bundeswehr selbst „nicht in der ersten Reihe“ der zusätzlichen Truppensteller. Sie will ihren Einsatz nicht ausweiten. Und vor allem: nicht jetzt. Das machte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Dienstag am Rande eines Besuches im Marinestützpunkt Eckernförde klar.

Ihr Argument ist, dass die Bundesrepublik bereits im Dezember 2016 ihr Engagement am Hindukusch um 18 Prozent erhöht hat, als andere Truppensteller die Zahl ihrer Soldaten reduziert haben. Nach dieser Logik sind jetzt die anderen Staaten an der Reihe. Die Bundeswehr ist in Afghanistan mit bis zu 980 Soldaten heute nach den USA der zweitgrößte Truppensteller.

Trump blieb in vielen Punkten vage

Von der Leyen und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt entgegen, dass der US-Präsident in vielen Punkten vage geblieben ist. Er hat nicht präzisiert, wann, wie schnell und stark die Amerikaner ihren Einsatz ausweiten werden. Von der Leyen betonte denn auch, darüber könne man nur lageabhängig entscheiden und nicht etwa „nach dem heimischen Wahlkalender“. Jede (Vor-)Entscheidung mitten im deutschen Wahlkampf würde eine Gegenposition der SPD provozieren, die ohnehin seit Wochen aus allen Rohren auf die Verteidigungsministerin feuert.

Die USA wollen den politischen In­stanzenweg innerhalb der Nato gehen und sich mit den Partnern beraten. Wenn es im Bündnis zum Schwur kommt, ist die Bundestagswahl längst vorbei. Mit ihrem Statement vom Dienstag spielt von der Leyen auf Zeit und hat eine Haltelinie formuliert, die mindestens bis zum 24. September Bestand hat. Gleichwohl dürfte Afghanistan ein Thema bei den nächsten Koalitionsverhandlungen werden.

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Zum einen könnte es auf Dauer schwer werden, die Forderungen der Amerikaner abzuwehren, zumal Trumps Kurskorrektur im Prinzip der Linie der Bundesregierung entspricht. Sie hatte stets vor einem überstürzten Abzug gewarnt. Von der Leyen begrüßte dann auch die Entscheidung der USA, ihr Engagement zu „verstetigen“. Unterm Strich ist die Bundesregierung erleichtert; eine außenpolitische Isolierung der USA ist nicht in ihrem Interesse. Für die Ministerin kam die Kurskorrektur nicht wirklich überraschend. Die US-Streitkräfte hatten nie verhehlt, dass sie am Afghanistan-Einsatz festhalten wollten. Es war klar, dass sie Trump „bearbeiten“ würden.

Für einen Kampfeinsatz bräuchte die Bundeswehr ein neues Mandat

Für Deutschland zeichnen sich zwei Probleme ab. Zunächst einmal will der Präsident das Engagement nicht nur verstetigen, sondern auch verändern. Trump will „Terroristen töten“, womöglich also einen reinen Kampfeinsatz. Hingegen besteht der bisherige Auftrag der Bundeswehr darin, die afghanischen Sicherheitskräfte auszubilden und zur Stabilisierung beizutragen. Das ist das Ziel der internationalen Mission „Resolute Support“.

„Unser Auftrag ist sehr klar im Mandat definiert“, betont von der Leyen, „ und genau darin bewegt er sich auch weiter.“ Die Deutschen verfolgen nach ihrer Definition einen vernetzten Ansatz. Das heißt: Sicherheit gekoppelt mit Diplomatie und Aufbauhilfe. Wenn deutsche Spezialkräfte an der Seite der US-Soldaten Terroristen töten sollen, dann müsste der Bundestag ein neues Mandat formulieren. Dafür gibt es keine Mehrheit im Parlament und wohl auch nicht in der Bevölkerung.

Bleibt Trump bei seiner Meinung?

Merkel wird abwarten und sich Optionen offenhalten – umgekehrt dürfte ihr Herausforderer Martin Schulz (SPD) versuchen, sie aus der Reserve zu locken. Denkbar wäre aber, dass die Amerikaner mit ausgewählten Partnern wie den Briten sich auf den Antiterrorkampf konzentrieren und die Bundeswehr sie bei anderen Aufgaben entlastet. Schließlich ist die Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Armee nicht weniger wichtig geworden, ganz im Gegenteil. Trumps erklärter Wille ist, dass die Afghanen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, einschließlich einer Versöhnung mit den Taliban.

Das zweite Problem sind die politischen Halbwertzeiten von Trump-Entscheidungen. Erst hat er den Amerikanern versprochen, die Soldaten aus Afghanistan abzuziehen, jetzt will er den Einsatz ausweiten. Aber niemand kann ausschließen, dass er morgen schon wieder zu einem ganz anderen Ergebnis kommt.

Die Nachricht aus Washington erreichte von der Leyen in Eckernförde, wo sie sich mit ihrer norwegischen Amtskollegin Ine Marie Eriksen Søreide traf. Beide gingen an Bord eines U-Bootes der Klasse U212 A – Norwegen plant den Kauf von vier neuen U-Booten aus Deutschland.