Madrid. Nach den Anschlägen von Barcelona bleiben noch viele Fragen offen. Einer der Verdächtigen ist nun wieder freigelassen worden.

Fünf Tage nach den Anschlägen in Spanien hat der Ermittlungsrichter einen der vier gefassten mutmaßlichen Mitglieder der Terrorzelle mangels Beweisen auf freien Fuß gesetzt. Ein weiterer Verdächtiger solle lediglich für weitere 72 Stunden in Polizeigewahrsam bleiben, wie spanische Medien am späten Dienstagabend unter Berufung auf Justizkreise berichteten. Für die übrigen beiden jungen Männer habe Richter Fernando Abreu in Madrid Untersuchungshaft ohne Anrecht auf Kaution angeordnet, hieß es. Die Staatsanwältin hatte nach der richterlichen Anhörung der vier Verdächtigen in der Hauptstadt U-Haft für alle gefordert.

Die vier jungen Männer wurden am Dienstag von einem großen Polizeiaufgebot in Handschellen und unter riesiger Medienaufmerksamkeit zum Staatsgerichtshof in Madrid gebracht. Die Behörden wollen unter anderem herausfinden, ob die Gruppe Helfer in Spanien hatte und ob sie Verbindungen ins Ausland unterhielt.

Mehrere Gebäude in Barcelona sollten Ziele werden

Einer der vier mutmaßlichen Terroristen in Haft hat nach Medienberichten Pläne zu Sprengstoffanschlägen gestanden. Auch die weltberühmte Basilika Sagrada Familia und weitere Gebäude Barcelonas sollten in die Luft gejagt werden. Das habe der 21-jährige Mohamed Houli Chemlal vor dem Ermittlungsrichter in Madrid ausgesagt, berichtete die Zeitung „El Mundo“ unter Berufung auf Justizkreise.

Die anderen acht Mitglieder der laut der Polizei zerschlagenen Zelle sind alle tot. Am Montag hatten Beamte in Subirats unweit von Barcelona den als Haupttäter beschuldigten Younes Abouyaaquoub erschossen. Der 22-Jährige soll den Lieferwagen gesteuert haben, mit dem Dutzende Passanten am Donnerstag auf Barcelonas Flaniermeile Las Ramblas niedergefahren wurden. Dabei tötete der Marokkaner 13 Menschen. Auf seiner Flucht hatte Abouyaaquoub noch einen weiteren Menschen ermordet, um an das Auto des Mannes zu kommen.

Mutmaßlicher Kopf der Barcelona-Terrorzelle kam ums Leben

Der als Kopf der Terrorzelle gesuchte Imam Abdelbaki Es Satty kam zusammen mit einem weiteren Terroristen wenige Stunden vor den Anschlägen bei der Explosion in einem Haus in Alcanar südlich von Barcelona ebenfalls ums Leben. Das bestätigte der Chef der Regionalpolizei von Katalonien, Josep Lluís Trapero, am Montag. Im Haus soll die Zelle ihre Anschläge geplant haben.

Als erster der vier Festgenommenen wurde nach Justizangaben Mohamed Houli Chemlal befragt. Der 21-Jährige war bei der Explosion in Alcanar verletzt worden. Der junge Mann, der im Schlafanzug zur Anhörung gebracht wurde, habe in knapp eineinhalb Stunden alle Fragen des Richters und der Staatsanwältin beantwortet. Die Staatsanwältin habe für ihn danach Untersuchungshaft ohne Anrecht auf Kaution gefordert, hieß es. Die drei anderen Verdächtigen sollten erst abends befragt werden.

Wo hielt sich Abouyaaqoub nach dem Anschlag auf?

Die Ermittler wollen unter anderem auch feststellen, wo sich der mutmaßliche Haupttäter Abouyaaqoub in den drei Tagen nach dem Anschlag in Barcelona aufhielt und ob er auf der Flucht Hilfe erhielt. Spanischen Medienberichten zufolge vermutet die Polizei, dass er zuletzt nur zu Fuß unterwegs gewesen sei. Er sei ungepflegt gewesen, schrieb die Zeitung „La Vanguardia“. Abouyaaquoub habe die Kleidung gewechselt, habe aber keine Tasche, kein Telefon oder Bargeld bei sich gehabt.

Bei dem Anschlag in Barcelona und einem wenig später vereitelten Attentat im Küstenort Cambrils rund 100 Kilometer südwestlich der katalanischen Metropole starben insgesamt 15 Menschen; mehr als 120 – darunter 13 Deutsche – wurden verletzt. Am Dienstag wurden noch 43 Verletzte in Krankenhäusern behandelt, wie die stellvertretende Regierungschefin Soraya Saéz de Santamaría im Fernsehen mitteilte. „Einige befinden sich noch in kritischem Zustand“, sagte sie. (dpa)