Moskau/Berlin. Christian Linders Vorstoß zur Krim sorgt für viel Unmut. Russische Medien jedoch feiern ihn – bleiben aber nicht immer bei den Fakten.

Einen „Mitbeteiligten an Putins Verbrechen“ nennt die ukrainische Staatsführung Christian Lindner inzwischen. Allein ist sie damit nicht. Nachdem der FDP-Chef am Wochenende in einem Interview mit unserer Redaktion gefordert hatte, die Krim solle nach der russischen Annexion als „dauerhaftes Provisorium“ betrachtet werden, gingen zahlreiche Politiker in der Bundesrepublik und der Ukraine auf die Barrikaden.

Doch es gibt auch die andere Seite. Zumindest in den russischen Medien kursiert zurzeit viel Lob für Lindners Vorstoß, den Status quo auf der Krim vorläufig zu akzeptieren. Was der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin verurteilte,weil es „die offensichtlichen Verletzungen des Völkerrechts“ ignoriere oder „sogar rechtfertige“, bejubeln Russlands Zeitungen, Internetportale wie Utro.ru und Nachrichtensender wie das zur Gazprom-Medienholding zählende NTW als faktische Anerkennung der Annexion.

Verzerrungen und propagandistische Interpretationen

In den Kommentaren und Zitaten finden sich allerdings nicht nur Lob und Zustimmung, sondern auch etliche heftige Verzerrungen von Lindners Aussage. So interpretierte der Sender NTW Lindners Vorstoß entsprechend der russischen Propaganda als: „Deutsche liberale Politiker zeigen sich bereit, den Anschluss der Krim an Russland anzuerkennen“.

Das Onlineportal Utro.ru sieht im Vorstoß des FDP-Politikers sogar eine komplette Wende in Deutschlands Außenpolitik: „Deutschland tauscht die USA gegen Russland aus“.

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    Auch die staatliche Nachrichtenagentur „RIA Nowosti“ sorgte mit ihrer irreführenden Überschrift „Europäische Politiker erkennen die Halbinsel de facto als russisch an“ für Aufsehen. Etliche russische Onlineportale übernahmen den Titel unverändert. Andere titelten mit Behauptungen wie „Deutschland will Trump trotzen und die Krim als russisches Gebiet anerkennen“ oder „In Europa ändert sich der Standpunkt zur Krim“.

    In Deutschland indes bekommt Lindner für seine Äußerung nur von wenigen Politikern Rückendeckung – auch die Bundesregierung widerprach ihm. Lindner zur Seite sprang zuerst Linkenfraktionschefin Sahra Wagenknecht, die Lindners Kurs als Rückkehr zur Entspannungspolitik gelobt hatte. Am Samstag äußerte sich dann auch AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland im RBBInforadio wohlwollend: „Die Sanktionen schaden Russland und schaden uns, sie bringen aber niemals die Krim zurück.“ Den Konflikt halte er nicht für juristisch lösbar, so Gauland. (nsa)