Nairobi. Bei der Wahl in Kenia zeichnet sich ein Sieg von Amtsinhaber Kenyatta ab. Doch die Opposition zweifelt – und wittert Wahlmanipulation.

Bei der Präsidentenwahl in Kenia scheint ein Sieg von Amtsinhaber Uhuru Kenyatta im ersten Wahlgang sicher. Nach Auszählung in 95 Prozent der Wahllokale kam Kenyatta am Donnerstag auf rund 54,3 Prozent der Stimmen, sein wichtigster Herausforderer Raila Odinga auf 44,8 Prozent, wie die Wahlkommission mitteilte.

Oppositionschef Odinga steht zudem mit seinem Vorwurf, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen vom Dienstag seien massiv gefälscht worden, alleine da. Die Chefs aller ausländischen Beobachtermissionen bescheinigten der Abstimmung einen glaubwürdigen Verlauf: Sowohl die Vertreter der Europäischen Union wie des Commonwealth und der Afrikanischen Union teilten mit, dass ihnen keine größeren Unregelmäßigkeiten bekannt geworden seien.

Unbekannte scheiterten mit einem Hacking-Angriff

Bereits am Vortag hatte die kenianische Wahlkommission IEBC den Vorwurf Odingas zurückgewiesen, das Computersystem der unabhängigen Kommission sei gehackt und die Zahlen manipuliert worden. „Unser System ist sicher“, sagte IEBC-Direktor Ezra Chiloba: „Es gab zu keinem Zeitpunkt einen internen oder externen Zugriff, weder vor, während noch nach den Wahlen.“ IEBC-Präsident Wafuli Chebukati sprach später von einem Versuch Unbekannter, in das Computersystem einzudringen, der allerdings gescheitert sei.

EU-Missionschefin Marietje Schaake forderte den Verlierer auf, sich seine Niederlage einzugestehen. „Kandidaten und ihre Unterstützer müssen akzeptieren, dass nicht zu gewinnen ein natürlicher Teil des demokratischen Kräftemessens ist“, sagte die niederländische Politikerin. Ghanas Ex-Präsident John Mahama sprach im Namen des Commonwealth von einem „glaubwürdigen Wahlverlauf“.

Polizisten erschießen Anhänger Odingas

Odinga hatte dagegen vom „größten Betrugsfall in der Geschichte Kenias“ gesprochen. Seine Organisation, die Nationale Super Allianz (Nasa), verfüge über Beweise, dass Hacker mit den Zugangsdaten des vor zehn Tagen ermordeten Wahlbeamten Chris Msando die Stimmen im Computersystem der IECB manipuliert hätten. Nasa-Angaben zufolge liege Odinga mit mehr als acht Millionen Stimmen weit vor Kenyatta, der nur auf gut sieben Millionen gekommen sei. Das vorläufige Endergebnis der Wahlkommission soll an diesem Freitag bekannt gegeben werden.

Nachdem Odinga seine Vorwürfe öffentlich gemacht hatte, kam es in mehreren Teilen Kenias zu Gewalttätigkeiten. In einem Slum der Hauptstadt Nairobi erschossen Polizisten zwei Anhänger Odingas, die mit Buschmessern eine Polizeistation angegriffen hätten. In der Odinga-Hochburg Kisumu kam es zu Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei – insgesamt sollen in der Nacht zum Donnerstag vier Kenianer ums Leben gekommen sein. Odinga rief seine Anhänger zur Mäßigung auf. Er könne allerdings nicht verhindern, dass es angesichts der derzeitigen Spannungen zu weiteren Zwischenfällen kommt, fügte der Oppositionschef hinzu.

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      Auch am Donnerstag wurden aus zwei Slums von Nairobi einzelne Zwischenfälle gemeldet: Dabei habe die Polizei erneut scharfe Munition eingesetzt. Im Slum Kawangware soll ein Demonstrant von einer Polizeikugel verletzt worden sein. Je länger die Wahlkommission mit der Veröffentlichung der Ergebnisse warte, desto größer würden die Spannungen, sagte der Politologe Hezron Mogambi: „Die Resultate sollten schnellstmöglich bekannt gegeben werden.“

      Kenyatta ist Erbe einer Dynastie

      Am Sieg Kenyattas gibt es allerdings außer im Odinga-Lager kaum Zweifel. Für ihn sprach seine ethnische Zugehörigkeit. Er ist Kikuyu, gehört also zu der größten Ethnie Kenias. Das ist wichtig in einem Land, in dem immer noch entlang der ethnischen Linien gewählt wird. Außerdem ist Uhuru Kenyatta ein Spross der wichtigsten Politdynastie Kenias: Sein Vater Jomo Kenyatta gehörte zu den Freiheitshelden, die Kenias Unabhängigkeit 1963 von den Briten erkämpften. Er wurde erster Präsident des Staates und blieb bis zu seinem Tod 1978 im Amt. In dieser Zeit legte er den Grundstock für das Familienimperium, das Uhuru Kenyatta erbte. Laut Wirtschaftsmagazin „Forbes“ gehört er zu den reichsten Männern Afrikas. Die Familie besitzt unter anderem große Ländereien und ein erfolgreiches Molkereiunternehmen.

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          In der Politik hatte Uhuru Kenyatta nicht immer eine glückliche Hand. So fiel ein Schatten auf seine Vita, weil er nur knapp einem Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof entging. Ihm wurde Anstiftung zu Mord, Vertreibung und Raub vorgeworfen, als im Dezember 2007 ein Streit über das Ergebnis der Präsidentenwahl ausgebrochen war. Damals wurde Mwai Kibaki zum Sieger erklärt. Mehr als 1000 Menschen wurden getötet, Hunderttausende vertrieben.

          Die soziale Schere geht weit auseinander

          Kenias Wirtschaft wuchs unter Kenyattas Präsidentschaft solide um fünf bis sechs Prozent jährlich. Mit einem geschätzten Pro-Kopf-Einkommen von 1400 US-Dollar pro Jahr gilt Kenia als ein Land im Mittelfeld. Allerdings ging die soziale Schere durch das Wachstum weiter auseinander. 44 Prozent der 46 Millionen Kenianer leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Lebensmittelpreise sind stark gestiegen, und die Arbeitslosigkeit ist hoch.