Berlin. Macron will seine Wahlversprechen einhalten und die Wirtschaft ankurbeln. Es ist richtig, dass er Ernst mit seinem Sparkurs macht.

Emmanuel Macron ist als viel bestauntes Glitzer-Phänomen der französischen Politik gestartet. 39 Jahre jung, frisches Gesicht, leichtfüßiger Stil: Mit diesem Image fegte er seine Konkurrenten aus dem Rennen um den Élysée-Palast. Die Sozialisten wurden pulverisiert, die Konservativen gedemütigt, die Rechtsextremen in Schach gehalten. Und das alles mit einer neuen Bewegung, En Marche. Einer wie Macron könne die malade französische Wirtschaft auf Vordermann bringen und den grassierenden Pessimismus im Land vertreiben, hofften viele.

Doch die Strahlkraft von Heilsbringern ist in der Politik nie von langer Dauer. Der Mann im Élysée hat das Stadium der Euphorie hinter sich gelassen, in dem jeder seine Erwartungen auf ihn projizieren konnte. Er ist im politischen Alltag gelandet, in dem der Fortschritt gegen Widerstände erkämpft werden muss. Nun kommt es auf die Mühen der Ebene an, die mit Bewährungsproben einhergehen.

Kürrzungspläne führen zu Unmut

Es ist richtig, dass Macron Ernst mit seinem Sparkurs macht. Er verfolgt das übergeordnete Ziel, die staatliche Neuverschuldung auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu beschränken. Aus mehreren Gründen. Er steht bei Bundeskanzlerin Angela Merkel im Wort. Nur wenn Frankreich seine überbordenden Defizite herunterfährt, kann es darauf bauen, dass Deutschland mit Milliarden-Investitionen die eigene und die europäische Konjunktur auf Trab bringt.

Macron sieht in der Einhaltung des Maastricht-Kriteriums eine Art Lackmustest für die Reformfähigkeit seines Landes. Und er weiß: Frankreich kann als Wirtschaftsakteur nur dann auf Augenhöhe mit Deutschland auftreten, wenn es seine Hausaufgaben erledigt.

Dass der Präsident mit seinen Kürzungsplänen in Höhe von rund vier Milliarden Euro in diesem Jahr Unmut bei den Betroffenen auslöst, liegt in der Natur der Sache. Zu viele Jahre hatte Paris eine Wohlfühl-Politik betrieben, während sich die Weltwirtschaft dem globalen Wettbewerb unterwarf.

Lockerung des Arbeitsrechts

Die größte Bewährungsprobe für Macron liegt jedoch in der Lockerung des starren französischen Arbeitsrechts. Sie ist das Kernstück seiner Reformpolitik, mit der er die Wirtschaft wieder ankurbeln will. Eckpunkte: Unternehmen und Gewerkschaften sollen auf Betriebsebene mehr Spielraum bei der Festlegung von Arbeitszeiten bekommen. Es geht wohl auch um eine Aufweichung des Kündigungsschutzes, Ausweitung der befristeten Arbeitsverträge sowie eine Deckelung von Abfindungen. Experten sehen hierin wesentliche Blockaden für Neueinstellungen.

Die beiden Parlamentskammern haben Macron grünes Licht gegeben, die Reform des Arbeitsrechts per Verordnungen zu regeln. Der Präsident ist klug genug, dies nicht als Freifahrtschein zu betrachten, sondern die Gewerkschaften einzubinden. Von seiner Überzeugungskraft wird es abhängen, ob die Arbeitnehmervertreter bei der Stange bleiben oder für einen heißen Herbst trommeln. Bisher hat nur die den Kommunisten nahestehende CGT für den 12. September zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen.

Macron muss einen klaren Kurs fahren, für seine Ziele werben und gleichzeitig integrieren. Eine Herkulesaufgabe. Seine Vorgänger François Hollande, Nicolas Sarkozy und Jacques Chirac haben allesamt versucht, das überreglementierte französische Arbeitsrecht zu entkrampfen, sind aber angesichts des öffentlichen Widerstandes eingeknickt. Macron ist dazu verdammt, es besser zu machen. Andernfalls wird er als Supernova der französischen Politik in die Geschichte eingehen: kurzes, helles Aufleuchten, schnelles Verglühen.