Berlin. Tausende Kameras sollen die Gesichter von Fahrgästen erkennen. Ein Pilotprojekt, das zur Terrorabwehr dienen soll. Kritik gibt es schon jetzt.

Mit einem freiwilligen Test im Berliner Bahnhof Südkreuz soll von diesem Dienstag an herausgefunden werden, ob Überwachungskameras und Computer die Gesichter von Fahrgästen automatisch erkennen können.

Von dem Pilotprojekt versprechen sich Bundesinnenministerium, Bahn, Bundespolizei und Bundeskriminalamt neue Erkenntnisse zur Abwehr möglicher Terrorakte. Mit der Technik soll es demnach möglich werden, Straftaten und Gefahren im Vorfeld zu verhindern.

Kritik an biometrischen Gesichtserkennungs-Programmen

Mehr als 200 Testpersonen hatten sich für den sechsmonatigen Probelauf gemeldet. Es sind zumeist Pendler. Ihre Namen und Fotos der Gesichter wurden gespeichert. Drei Kameras filmen an einem Ein- und Ausgang sowie an einer Rolltreppe des großen Fern- und S-Bahnhofs. Ein Computerprogramm vergleicht dann die Aufnahmen mit den gespeicherten Fotos.

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Datenschützer halten den Einsatz der biometrischen Gesichtserkennungs-Programme für rechtswidrig. Berlins Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk verwies auf das „enorme Missbrauchsrisiko“ der biometrischen Gesichtserkennung. Passanten könnten nicht nur beobachtet, sondern zugleich identifiziert werden.

„Erhebliche soziale Kontrolle auf Menschen“

Das verfassungsrechtlich verbriefte Recht, sich unbeobachtet und anonym in der Öffentlichkeit zu bewegen, drohe ausgehöhlt zu werden. „Hinzu kommt, dass mit der Technik auch eine erhebliche soziale Kontrolle auf Menschen ausgeübt werden kann“, betonte Smoltczyk.

Der SPD-Politiker Christopher Lauer, früher bei den Piraten Experte für Internet und Datenschutz, kritisiert eine „totale Fixierung auf nutzlose Überwachungstechnik“. Bei drei Millionen Fahrgästen im gesamten Berliner Verkehrsnetz würde schon eine Fehlerquote von eins zu einer Million zu drei falschen Polizeieinsätzen führen.

Auch der Deutsche Anwaltverein sieht das Vorhaben „sehr kritisch“. Vereinspräsident Ulrich Schellenberg will sich am Mittag am Südkreuz zeigen lassen, was Gesichtserkennung bedeutet und dazu Stellung nehmen. Zudem hat ein Verein für den Nachmittag eine Protestaktion angekündigt. (dpa)