Themar. 6000 Rechte feiern in einer Kleinstadt ein Neonazi-Festival. Die Stimmung bei den Bewohnern ist gedrückt – trotz mutigen Protests.

Manchmal wird es laut, oft ist der Protest aber stumm. Die kleine Stadt Themar im Süden Thüringens zeigt Flagge gegen die rechten Besucher, die am Samstag zu einem Festival anreisen.

In dem beschaulichen Städtchen hängen viele Plakate. Darauf stehen Sprüche wie „Wer kein Selbstbewusstsein hat, braucht Nationalbewusstsein“ oder „Es gibt zu viele braune Vollpfosten in diesem Land.“. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Die von ihr erwarteten massenhaften Gegenproteste bleiben aber aus.

Rolläden runter, Autos in Sicherheit

Während an mehreren Punkten im Ort Malstationen und Konzertbühnen aufgebaut sind, sind die Straßen dazwischen oft wie leer gefegt. „Es ist schon eine komische Stimmung im Ort“, sagt ein Anwohner. Mehr Menschen als sonst hätten ihre Rollläden heruntergelassen oder Autos in Sicherheit gebracht, berichtet er. In der ganzen Stadt gibt es an diesem Tag etliche freie Parkplätze.

Das Festivalgelände musste vergrößert werden, damit alle Rechten Platz hatten.
Das Festivalgelände musste vergrößert werden, damit alle Rechten Platz hatten. © REUTERS | MICHAELA REHLE

Der Protest richtet sich gegen die, die nicht in Themar wohnen, aber seit dem Morgen in die 3000-Einwohner-Stadt strömen: Rechtsgesinnte aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland. Sie wollen in Themar eines der größten Neonazi-Festivals feiern, das Deutschland seit langem erlebt hat. Mit mehr als 5000 Konzertbesuchern rechneten die Sicherheitsbehörden im Vorfeld. Als die Polizei am späten Abend durchgezählt haben wird, steht fest: Tatsächlich sind etwa 6000 Rechte in die kleine Stadt gereist.

1000 Polizisten im Einsatz

Die Rechten kommen zu Fuß in einem nicht enden wollenden Strom kleiner Gruppen. Die Polizei hat die Straße, auf der sie gehen, gesperrt. Gitter sorgen dafür, dass die Rechten zwar zu ihrer Veranstaltung gelangen. Ins Stadtzentrum von Themar – dort, wo die Einwohner protestieren – sollen sie aber nicht gelangen.

Das Motto der braunen Truppe.
Das Motto der braunen Truppe. © REUTERS | MICHAELA REHLE

Etwa 1000 Beamte aus mehreren Bundesländern sind im Einsatz. Sie sollen dafür sorgen, dass die Rechten nicht auf Gegendemonstranten treffen. Auf den T-Shirts, die die Teilnehmer tragen, stehen Schriftzüge wie „Sturm auf Themar“ oder „Division Thüringen“.

„Stadt ist zusammengerückt“

Letzteren Spruch haben einige Gegendemonstranten aufgegriffen und zu einem Protest-Slogan gemacht. „Die Vision für Thüringen“ steht nun auf den weißen T-Shirts, die sie tragen.

Einer, der mit einem solchen T-Shirt in der Stadt unterwegs ist, ist Thomas Jakob. Er wohnt in Erfurt, stammt aber aus Themar. Seit Wochen schon sei er in die Organisation der Gegenproteste eingebunden. Auch er nimmt die Stimmung im Ort wahr. „Man merkt, dass die Stadt wieder zusammengerückt ist“, sagt Jakob. Die Plakataktion werde von vielen Bürgern mitgetragen. Deshalb hingen viele der Sprüche nicht nur an Laternenmasten und zwischen Bäumen im Stadtgebiet, sondern auch an den Privathäusern. „Das ist der eine Teil der Bevölkerung“, sagt Jakob. „Und ein großer Teil hat einfach Angst.“

Vorbildlicher Protest

Viele Bewohner machten sich Gedanken und malten originelle Schilder.
Viele Bewohner machten sich Gedanken und malten originelle Schilder. © dpa | Martin Schutt

Es gibt viel Anerkennung dafür, dass das kleine Themar trotzdem einen so vielfältigen, wenn auch kleinen Protest organisiert hat – etwa von den Thüringer Landtagsabgeordneten, die als parlamentarische Beobachtungsgruppe in der Stadt sind. Die Polizei spricht am Nachmittag von mehreren Hundert Gegendemonstranten. Sie hatte im Vorfeld allerdings mit 2000 gerechnet.

Gemessen daran, wie klein Themar sei und dass die Stadt im ländlichen Raum liege, wehre sich der Ort vorbildlich, sagt Grünen-Landtagsabgeordnete Madeleine Henfling. Das habe auch damit zu tun, dass die Verantwortlichen in der Stadt sich von vorneherein klar gegen die Rechten positioniert hätten. „Sie haben nicht darüber debattiert, ob sie protestieren, sondern nur, wie sie es machen. Davon können sich andere eine Scheibe abschneiden.“ (dpa)