Berlin. Deutschland darf Atomwaffenprogramm anderer Länder finanzieren: Ein Gutachten des Bundestags kommt zum Ergebnis, das nicht mehr drängt.

Fragestellung mit großer Sprengkraft: Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiresewetter hatte den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags prüfen lassen, ob Deutschland Geld in Atomwaffen stecken darf. Den Gutachter zufolge ist eine Ko-Finanzierung des Atomwaffenprogramms eines anderen Landes zulässig. Kiesewetter erklärt nun, die Debatte sei inzwischen erledigt.

Bei der Prüfung ging es darum, ob der Atomwaffensperrvertrag und der Zwei-Plus-Vier-Vertrag zur deutschen Einheit völkerrechtlich einem solchen Schritt entgegenstehen. Nein, meinen die Experten des Bundestags. Es lasse sich nur schwer ein vertragliches Verbot ableiten, die Modernisierung von Atomwaffen zu unterstützen oder zu finanzieren.

EU-Atomwaffen derzeit nicht möglich

Eine Finanzierung aus dem EU-Haushalt halten die Gutachter derzeit für rechtlich nicht möglich, weil die EU keinen Militärhaushalt habe. Sie schreiben, „eine Ko-Finanzierung eines ausländischen (z.B. französischen oder britischen) Nuklearwaffenpotenzials (...) ließe sich aus dem deutschen Verteidigungshaushalt bestreiten und auf der Grundlage einer entsprechenden bilateralen völkerrechtlichen Vereinbarung, welche auch die ,Gegenleistung“ der Finanzierung regelt, rechtlich ausgestalten“.

Das Gutachten ist nach Informationen der New York Times bereits im November von Kiesewetter in Auftrag gegeben worden, die Antwort kam allerdings erst im Mai. Die Rahmenbedingungen haben sich aber durch denn Kurswechsel von US-Präsident Donald Trump geändert.

Gedankenspiel von CDU-Abgeordnetem Kiesewetter

Kiesewetter hatte bereits im November der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, er fände angesichts der Unsicherheit um den Nato-Kurs von Trump eine europäische atomare Abschreckung sinnvoll, die maßgeblich auch von Deutschland finanziert würde. Das stehe allerdings noch nicht zur Debatte, sagte er damals. Es dürfe hier keine Denkverbote geben.

Nun erklärt Kiesewetter unserer Redaktion: „Die Debatte über einen europäischen Schutzschirm hat sich für mich schon längst erledigt. Das Gutachten hatte ich unter dem Eindruck der Wahl Trumps in Auftrag gegeben. In der Zwischenzeit hat er die Zweifel an der Schutzgarantie für Europa aber längst ausgeräumt.“ Er sei froh, das die US-Garantie für Europa nach wie vor gilt.

Die Gutachter werfen in ihrem Papier auch zugleich die Frage auf, warum Deutschland überhaupt in Atomwaffenprogramme anderer Länder einsteigen solle – US-Atomwaffen hin oder her. Es gebe für Frankreich und bis zum Inkrafttreten des Brexit auch für Großbritannien bereits eine Beistandsverpflichtung, die als ultima ratio auch den Atomwaffeneinsatz einschließe. (law)