Berlin. Der Witwe von Brandt wurde wie der Kohl-Witwe vorgeworfen, Deutungsmacht über ihren Mann auszuüben. Jetzt kritisiert sie Kohl-Richter.

Die Historikerin Brigitte Seebacher, 70, Witwe von Willy Brandt, kritisiert die Gedenkfeierlichkeiten um Helmut Kohl. Dessen Witwe Maike Kohl-Richter hatte durchgesetzt, dass Kohl nicht mit einem deutschen Staatsakt geehrt wird.

Seebacher sagte dazu im Gespräch mit dem „Spiegel“: „Das steht ihr nicht zu. Wenn der Bundespräsident einen solchen Akt ansetzt, kann sie hingehen oder es bleiben lassen.“ Bundestagspräsident Norbert Lammert habe Recht damit, dass die Würdigung einer herausragenden politischen Lebensleistung nicht nur eine Familienangelegenheit sei.

Brandt-Witwe: „Der Nachlass muss aus dem Haus“

Seebacher moniert auch den Umgang mit den Dokumenten im Nachlass Kohls, die sich in seinem Privathaus in Oggersheim befinden. Dort dürften sie nicht bleiben, die Papiere seien „kein Privateigentum“; wer solche Quellen zu Hause aufbewahre, setze sich dem „Verdacht der Säuberung“ aus. Der Zugang zum Nachlass Kohls sei „nach objektiven Kriterien“ zu gestalten. Über Kohl-Richter sagte sie: „Wir sollten uns mit Nachreden und ebenso mit Ratschlägen zurückhalten. Mit der einen Ausnahme: Der Nachlass muss aus dem Haus.“

Seebacher war von 1983 bis zu seinem Tod 1992 mit Altkanzler Willy Brandt verheiratet. Ihr wurde damals ebenfalls vorgeworfen, Deutungsmacht über ihren Mann auszuüben und ein schwieriges Verhältnis zum Rest der Familie zu haben. (fmg)