Berlin. Die SPD will, dass der Bundestag Freitag über die „Ehe für alle“ abstimmt. Die CDU ist sauer. Die Kanzlerin gibt die Abstimmung frei.

  • Nach einem Sinneswandel der Kanzlerin zur „Ehe für alle“ will die SPD Farbe bekennen
  • SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will noch in dieser Woche eine Abstimmung im Bundestag
  • Merkel hatte gesagt, Abgeordnete sollten darüber frei entscheiden können

Die SPD will eine Abstimmung im Bundestag zur „Ehe für alle“ erzwingen. Die Abstimmung könnte bereits am kommenden Freitag stattfinden. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte bei der Entscheidung eine namentliche Abstimmung im Bundestag.

„Ich will das gerne namentlich abstimmen lassen, damit die Wählerinnen und Wähler auch wissen, wer hinter der Ehe für alle steht“, sagte Oppermann am Dienstagabend dem ZDF-„heute-journal“. „Für die Union ist das ein Riesenproblem.“

Entscheidung über Abstimmung am Mittwoch?

Am Mittwoch will die SPD im Rechtsausschuss des Bundestages einen entsprechenden Gesetzentwurf aus dem Bundesrat für die Abstimmung im Plenum freigeben, den sie bislang aus Koalitionsdisziplin blockiert hatte. Dann fällt die Entscheidung über den Termin.

Die Befürworter der „Ehe für alle“ bei SPD, Grünen und Linken haben im Bundestag eine Mehrheit. In buchstäblich letzter Minute könnte die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare damit noch vor der Bundestagswahl am 24. September kommen.

Merkel für eine Gewissensentscheidung

In der Union löste das Vorpreschen des Koalitionspartners SPD große Verstimmung aus. Trotzdem hob Kanzlerin Angela Merkel den Fraktionszwang für die Unionsabgeordneten auf. CDU-Chefin Merkel sagte am Dienstag nach Teilnehmerangaben in der Sitzung der Unionsfraktion, es gehe bei der Abstimmung um eine Gewissensentscheidung. Für sie gehe es in dieser Frage „eher in Richtung einer Gewissensentscheidung“, als dass der Mehrheitsbeschluss einer Partei durchgesetzt werden solle, hatte Merkel am Abend zuvor bei einer Veranstaltung in Berlin erklärt.

Insgesamt wurde damit gerechnet, dass zwei Drittel bis drei Viertel der insgesamt 309 CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten an diesem Freitag mit Nein stimmen würden, falls es zur Entscheidung kommen sollte.

Kauder wirft SPD Vertrauensbruch vor

Unionsfraktionschef Volker Kauder kritisierte die SPD scharf für die Entscheidung, in dieser Woche zusammen mit der Opposition über einen Gesetzentwurf zur „Ehe für alle“ abstimmen zu wollen. „Das ist ein Vertrauensbruch, und wir werden der Aufsetzung auch nicht zustimmen“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag vor der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin. „Die SPD muss dann eben mit der rot-grünen Opposition zusammen diesen Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung setzen und muss dann gegen uns diese Abstimmung durchführen“, fügte er hinzu. Die SPD hatte dies am Vormittag angekündigt. Die Union sei von der Entscheidung überrascht worden, sagte Kauder.

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„Nicht von Knall auf Fall“

Er warf der SPD nicht nur Nervosität, sondern indirekt Regierungsunfähigkeit vor. „Ein solches Thema, das hoch sensibel ist, einfach Knall auf Fall in den deutschen Bundestags zu bringen, zeigt, dass diese Partei ihrer Verantwortung in schwerer Zeit nicht gerecht werden kann“, kritisierte er. Mit der Gleichstellung Wahlkampf zu machen, zeige, „dass die Herausforderungen unseres Landes bei ihr nicht gut aufgehoben sind“.

Der CSU-Abgeordnete Peter Ramsauer warnte die CDU in der Debatte indes vor einer Zerstörung der letzten konservativen Werte. „Ich will das Thema überhaupt nicht im Bundestag haben“, sagte Ramsauer der „Rheinischen Post“. Deutschland habe ganz andere Probleme. „Aber die CDU-Führung soll sich davor hüten, auch noch die letzten konservativen Werte zu zerstören“, betonte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag.

SPD: „Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt“

In der SPD herrscht daher am Dienstag eitel Sonnenschein. „Der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt. Und der Torwart ist nicht mal drin. Da muss man ihn reinmachen“, freut sich Fraktionschef Thomas Oppermann. Aus Sicht der Sozialdemokraten hat sich CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel bei der „Ehe für alle“ eine Blöße gegeben. Davon will die SPD profitieren, indem sie drei Monate vor der Bundestagswahl bei der „Ehe für alle“ Fakten schafft - und den Wählern demonstriert, „dass wir uns nicht an die Union ketten“, wie ein SPD-Abgeordneter am Rande der Fraktionssitzung sagt.

Dem Bundestag liegen drei Gesetzentwürfe für die uneingeschränkte “Ehe für alle“ vor – von den Linken, den Grünen und vom Bundesrat. Die große Koalition aus Union und SPD ist in der Frage gespalten und hat bislang eine Abstimmung verhindert, indem sie im Rechtsausschuss das Thema 30 mal vertagte. Die drei Gesetzentwürfe schlagen übereinstimmend vor, Paragraf 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) so zu ergänzen, dass klar gestellt wird, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe eingehen können. (W.B./dpa/epd)