Sankt Petersburg/Moskau. Hunderte Festnahmen gab es bei Protesten in Russland. Auch eine Riesen-Ente wanderte in Polizeigewahrsam. Die Ente hat Symbolcharakter.
Manche haben sie auf den Kopf gesetzt, manche trugen die Ente auf einem Plakat, mindestens ein Demonstrant ist im Entenkostüm gekommen – und eine riesige aufgeblasene Ente tanzte unter Gejohle und Jubel der Masse über den Köpfen der Protestierenden: Gummienten sind zum quietschbunten Symbol der Menschen geworden, die in Russland gegen Korruption auf die Straße gehen. Vor allem junge Kremlkritiker lehnen sich auf.
Am Montag gab es nach dem Aufruf von Oppositionspolitiker Alexej Nawalny in einigen russischen Städten größere Kundgebungen – auch ohne Nawalny selbst: Der war beim Verlassen seiner Wohnung festgenommen worden.
Hunderten jungen Leuten sollte es am Montag in den Stunden darauf ähnlich ergehen. Unter den ersten Festgenommenen in Sankt Petersburg waren einige junge Mädchen, wie Fotos in sozialen Netzwerken zeigten. Aus der Menge waren Rufe „Russland ohne Putin“ oder „Dieb Putin“ laut geworden. Eine junge Moskauer Mitarbeiterin eines unabhängigen Kandidaten postete ein Foto, das sie mit anderen jungen Leuten in einem Gefangenentransporter zeigte.
Ex-Präsident soll auf Luxus-Anwesen Entenhaus gebaut haben
Doch warum ist die Ente so präsent bei den Kundgebungen? Auch das geht zurück auf Nawalny. Er hatte mit seiner Anti-Korruptionsstiftung einen Report veröffentlicht, der den engen Putin-Vertrauten und früheren Präsidenten Dmitri Medwedew in Nöte gebracht hat: In einem Sommerdomizil von Medwedew leben demnach auch die Enten wie Könige. Medwedew habe in einem Teich ein eigenes Entenhaus bauen lassen. Der Organisation zufolge sind für Kauf und Sanierung des Gutes rund 400 Millionen Euro aus dem russischen Erdgasgeschäft abgezweigt worden.
Wenn Russen eine Ente sehen, ist das für sie inzwischen eine klare Botschaft: So soll Korruption der Führungsriege angeprangert werden. Die Demonstranten geben sich dabei durchaus patriotisch, viele haben auch Russland-Fahnen dabei. Bei den Protesten waren auch junge Familien mit kleinen Kindern, Kinderwagen, die mit Enten dekoriert waren.
Enten und Festnahmen bei Demos
Proteste am Nationalfeiertag
Die nicht genehmigten Demonstrationen fallen zusammen mit dem russischen Nationalfeiertag. In Moskau kollidierten die Proteste mit einem Volksfest, bei dem historische Szenen nachgespielt wurden.
Nach Schätzungen von Beobachtern gab es in Moskau rund 600 Festnahmen, berichtet dpa, Reuters-Reporter sprachen dort von 200 Festnahmen. In der zweitgrößten Stadt St. Petersburg wurden dem Innenministerium zufolge 500 Demonstranten in Gewahrsam genommen. An den Protesten nahmen dort demnach rund 3500 Personen teil. In den Staatsmedien wurde über die Kundgebungen nicht berichtet. Der russische Auslandssender RT dagegen zeigte Bilder der Proteste und der Festnahmen.