Kairo. Fünf arabischen Staaten blockieren seit Montag das Emirat Katar. Ein neuer Höhepunkt im kalten Krieg zwischen Saudi-Arabien und Iran.

In einer einzigartigen diplomatischen Strafaktion haben die vier wichtigsten Golfstaaten plus Ägypten am Montag ihre Beziehungen zu Katar gekappt und damit in den eigenen Reihen das tiefste Zerwürfnis seit Jahrzehnten ausgelöst. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jemen, Bahrain sowie Ägypten kündigten an, alle katarischen Diplomaten müssten innerhalb von 48 Stunden das Land verlassen.

Obendrein wurden alle Flug-, Land- und Seeverbindungen zu der superreichen Halbinsel unterbrochen. Sämtliche Kataris müssen innerhalb der nächsten zwei Wochen aus Saudi-Arabien, den Emiraten und Bahrain ausreisen. Auch die international nicht anerkannte Regierung in Ost-Libyen, die unter dem Einfluss von Kairo steht, schloss sich diesem spektakulären Boykott an.

Unterstützung der Muslimbrüder und des schiitischen Iran

Zur Begründung hieß es in Riyadh und Abu Dhabi, Katar unterstütze militante Islamisten von Al Qaida und dem „Islamischen Staat“. Man müsse die eigene staatliche Sicherheit vor den „Gefahren des Terrorismus und Extremismus“ schützen. Die Führung in Doha wies die Anschuldigungen als „ungerechtfertigt“ und „aus der Luft gegriffen“ zurück und warf den anderen Golfstaaten vor, sie wollten Katar unter ihre politische Vormundschaft stellen.

Ein Dorn im Auge ist den sunnitischen Monarchen und Emiren vor allem Katars Unterstützung der Muslimbruderschaft sowie seine Beziehungen zu Erzfeind Iran, mit dem sich das Emirat sein wichtigstes Gasfeld teilt. Wenige Tage zuvor hatte der Chef einer saudischen Lobbyorganisation in Washington Katars Herrscher Tamim bin Hamad al-Thani per Twitter gedroht, ihm könne das gleiche Schicksal blühen wie Ägyptens Mohammed Mursi.

Auch andere Golfstaaten sponsern Terror-Organisationen

Der Muslimbruder-Präsident war im Juli 2013 durch einen Militärputsch des heutigen Staatschefs Abdel Fattah al-Sissi gestürzt worden und sitzt seitdem in Haft. Aus den Reihen des Golfkooperationsrates verweigerten sich jedoch Oman und Kuwait dem Kalten Krieg gegen Katar, welches 300.000 Einwohner und 11.000 Mann unter Waffen hat.

Nach westlichen Erkenntnissen gehören nicht nur reiche Bürger und religiöse Stiftungen aus Katar, sondern auch aus Kuwait und Saudi-Arabien zu den Hauptsponsoren radikaler sunnitischer Gruppen in Nahost, unter anderem der „Al-Nusra-Front“ in Syrien.

Stadion-Baustellen für Fußball-WM 2022 könnten betroffen sein

Praktisch sämtliche arabische Fluggesellschaften am Golf kündigten an, Doha von Dienstag früh an nicht mehr zu bedienen. Umgekehrt stellte Qatar Airways, was den Luftraum der anderen Golfnationen nicht mehr nutzen darf, alle Flüge in die Nachbarstaaten und nach Ägypten ein. Seine Flugzeuge müssen nun nach dem Start über den iranischen Luftraum ausfliegen.

Über seine Landgrenze zu Saudi-Arabien importiert die Halbinsel, die etwa halb so groß ist wie Hessen, etwa 40 Prozent seiner Lebensmittel. Auch die Baustellen der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 dürften betroffen sein, sollte die Seeblockade länger anhalten. Zahlreiche Bürger in Doha eilten am Montag in die Supermärkte, um sich mit Lebensmitteln einzudecken.

Trump-Besuch als Blankovollmacht für mehr Repressionen

Der außenpolitische Paukenschlag steht offenbar in direktem Zusammenhang zu dem Besuch von Donald Trump in Riyadh vor zwei Wochen, den die sunnitischen Potentaten obendrein auch als Blanko-Vollmacht für zusätzliche Repressionen nach innen verstanden. Ägyptens Präsident Sissi setzte sofort nach Riyadh das umstrittene NGO-Gesetz in Kraft, was auch den Rest der Zivilgesellschaft am Nil strangulieren wird.

Gleichzeitig ließ er zwei Dutzend Websites von regimekritischen Medienorganisationen sperren, darunter „Al Jazeera“. Bahrain verbot die wichtigste Oppositionspartei. Saudi-Arabien verurteilte einen weiteren Bürgerrechtler zu einer langen Haftstrafe, unter anderem wegen seiner Kontakte zu ausländischen Journalisten.

Trump hatte für gemeinsame Front gegen Iran geworben

Der US-Präsident hatte in seiner Rede vor 35 muslimischen Staatschefs den Iran als Hauptursache für die Instabilität in der Region angeprangert und für eine gemeinsame sunnitische Front gegen die Islamische Republik plädiert. „Das Ganze ist das erste vorläufige Ergebnis des Schwerttanzes“, twitterte höhnisch ein enger Mitarbeiter von Irans Präsident Hassan Rowhani, der damit auf Trumps Tanzeinlage bei dem traditionellen Spektakel in Riyadh anspielte.

US-Außenminister Rex Tillerson rief die Streithähne am Golf auf, ihre Differenzen durch Dialog beizulegen und spielte die Folgen für die internationale Allianz gegen den „Islamischen Staat“ herunter. Die USA unterhalten in Katar den wichtigen Stützpunkt Al Udeid mit 10.000 Soldaten, von dem aus alle Militäroperationen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afghanistan gesteuert werden.