Paris. So deutlich hat selten jemand öffentlich Putin die Meinung gesagt: Frankreichs Präsident Macron attackiert Russlands Staatsmedien.

Gerade erst hatte er die Oberhand beim Handshake mit Donald Trump behalten, nun bot Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron Wladimir Putin die Stirn: Der Kremlchef musste mitanhören, wie Macron neben ihm die russischen Sender Russia Today (RT) und Sputnik runterputzte: Sie dienten nur der Beeinflussung und seien Propaganda-Werkzeuge, so der Franzose.

Beim Besuch des russischen Präsidenten habe man „äußerst offen und direkt“ gesprochen, sagte Macron am Dienstag. Hinter verschlossenen Türen ging es um die Ukraine, um Chemiewaffen in Syrien und um die Verfolgung Homosexueller in Tschetschenien. Einen Stich hatte Macron aber schon öffentlich gesetzt. Unbeeindruckt vom russischen Gast wetterte er gegen die vom russischen Staat finanzierten TV-Sender. In den Augen von weiten Teilen der französischen Öffentlichkeit hatten diese im Wahlkampf Stimmung für die Rechtspopulistin Marine Le Pen gemacht.

„Aufrührerische Unwahrheiten verbreitet“

Eine Reporterin von RT Frankreich hatte in der Pressekonferenz beklagt, russische Reporter hätten keinen Zutritt zur Wahlkampfzentrale von Macron vor der Präsidentenwahl gehabt. Sie fragte, wie Macron das Verhältnis zu Journalisten anderer Länder gestalten wolle. Was er dann sagte, brachte US-Journalisten zu der drastischen Aussage: „Macron hat mehr Eier als Trump und die Republikaner zusammen.“ Macron legte los:

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„Ich habe ein hervorragendes Verhältnis zu ausländischen Journalisten, vorausgesetzt, sie verhalten sich wie Journalisten. (...) Wenn Presseorgane aufrührerische Unwahrheiten verbreiten, dann sind das keine Journalisten mehr, dann sind das Stimmungsmacher. Russia Today und Sputnik waren im Wahlkampf Stimmungsmacher, die in mehreren Fällen Lügen über mich und meine Kampagne verbreitet haben. Deshalb habe ich sie als nicht willkommen erachtet. (...) Alle richtigen Journalisten, auch russische, waren bei der Kampagne zugelassen. (...) Das sind die Regeln, sie haben sich nicht geändert.

Es war eine ernste Angelegenheit, dass sich ausländische Presseorgane eingemischt haben, von denen ich nicht weiß, unter welchem Einfluss sie standen. Sie haben schwerwiegende, unwahre Beschuldigungen inmitten eines demokratischen Wahlkampfs aufgebracht. Ich rücke davon nicht ab (...), dass nämlich Russia Today und Sputnik nicht als professionelle Medien gehandelt haben, sondern als Agitatoren, als Verbreiter von Propaganda und Lügen. Nicht mehr und nicht weniger.“

Putin zeigte während dieser Sätze eine verkniffene Miene, reagierte aber nicht weiter darauf. Zur Frage einer Beeinflussung der Wahl durch russische Hacker sagte er, das seien unbewiesene Gerüchte, die Journalisten verbreiten könnten. Es gebe darüber nichts zu diskutieren, und Macron habe dies auch nicht thematisiert. Putin sagte, in wichtigen internationalen Fragen sehe er mit Macron aber auch eine gemeinsame Basis.

RT-Chefredakteurin nennt Haltung „widerlich“

RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan meldete sich aber: Nach Macrons Logik müsse Russland alle westliche Medien ausweisen, weil die immer gegen Putin berichteten und die Opposition unterstützten. In russischen Medien findet die Opposition kaum statt.

Frankreichs führende Zeitungen hätten am Tag der Präsidentschaftswahl in Frankreich um die Stimme für Macron gebeten. „Wir haben nur versucht, Balance zu halten, und werden jetzt als Propaganda bezeichnet“, rechtfertigt Simonjan die eigene Berichterstattung. Menschen, die Macrons Aussagen über RT und Sputnik bejubelten, hätten die beiden Sender noch nie gesehen: „Das ist widerlich.“

Bundespresseamt lässt RT-Berichterstattung auswerten

Das Bundespresseamt beobachtet die Beiträge von RT seit 2014 und lässt einem kleinen hochrangigen Kreis die Auswertung zukommen, wie der„Stern“ 2016 berichtete. RT wird vom russischen Staat finanziert. Dem Sender wird in westlichen Medien regelmäßig das Verbreiten von Propaganda, Desinformation oder „Fake News“ vorgeworfen; eine Einmischung Russlands in den deutschen Bundestagswahlkampf wird befürchtet.

Umgekehrt stellt RT die Leitmedien in schlechtes Licht. In einer Auswertung des Bundespresseamts hieß es: „Weiterer Fixpunkt der RT-Deutsch-Agenda bleibt die Kritik an den ,Leitmedien’.“

Live-Übertragungen ein Markenzeichen

Mit abweichenden und zum Teil absurden Meinungen erreicht der Sender die Anhänger von Verschwörungstheorien. Bei manchen Zuschauern in Deutschland punktet er mit Liveübertragungen von Protesten und Kundgebungen. So übertrug RT auch das Treffen der europäischen Rechten in Koblenz mit Le Pen, dem Niederländer Geert Wilders und AfD-Chefin Frauke Petry direkt. (law)