Brüssel. Der 354 Kilometer lange Übergang zu Niger soll besser geschützt werden. Damit soll die Hauptzugangsroute aus Afrika geschlossen werden.

EU-Grenzschutz in der Sahara? Die Überschrift ist da, mit dem Kleingedruckten wird es schwierig. Worum es geht, haben Bundesinnenminister Thomas de Maizière und sein italienischer Kollege Marco Minniti so formuliert: „Das Ziel ist es, so schnell wie möglich eine EU-Mission an der Grenze zwischen Libyen und Niger zu installieren.“ Dort, mitten in der großen Wüste, am 354 Kilometer langen Übergang zwischen den beiden Ländern, soll die Hauptzugangsroute aus Afrika schon an vorgeschobener Stelle geschlossen werden. Von einem Beschluss über die Ausführung ist die Europäische Union indes noch weit entfernt.

Denn die Mühlen mahlen auch in diesem Fall langsam. Schon auf ihrem Sondergipfel Anfang Februar in Malta hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre EU-Partner das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Im Rahmen eines umfassenden Aktionsplans zur Steuerung der Migration auf der Mittelmeer-Route begrüßte der Gipfel ausdrücklich, dass Italien mit der Regierung des libyschen Premiers Fayes Al Sarradsch eine Kooperationsvereinbarung getroffen hatte, um die Migration in den Griff zu bekommen. Unterstützung durch die gesamte EU wurde zugesagt.

Was bisher unternommen wurde – Hilfe für die libysche Küstenwache, „Migrationspartnerschaft“ mit Niger und anderen nordafrikanischen Ländern - hat jedoch wenig Entlastung gebracht.

Bis Mitte April 42.500 Bootsflüchtlinge registriert

Der Problemdruck ist vielmehr stetig gewachsen. „Die ersten Monate des Jahres haben gezeigt, dass unsere Maßnahmen nicht ausreichen“, schreiben de Maizière und Minniti in einem Brief an die EU-Kommission und die Regierung des gegenwärtigen EU-Vorsitzenden Malta. Bis Mitte April habe Italien schon 42.500 Bootsflüchtlinge registriert, 97 Prozent kamen aus Libyen. Zugleich steige die Zahl der Ertrunkenen und Vermissten weiter an. „Unsere Unterstützung für Libyen … darf nicht an der Küste enden.“

In Hinterland hat der Niger-Korridor eine besondere Bedeutung. „Die logistische Infrastruktur für den Menschenschmuggel existiert schon seit Jahrhunderten – Handelswege überbrückten das gesamte Gebiet der Sahara und der Sahel“, heißt es in einer Studie der Afrika-Denkfabrik ISS. „Die Route über den Niger … bildet aktuell den Hauptzugang nach Libyen. Dies gilt vor allem für Migranten aus Subsahara-Afrika.“

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    Das Malta-Programm für die libyschen Landgrenzen müsse „jetzt auch zügig umgesetzt werden“, fordern de Maizière und Minniti. „Die Unterstützung der lokalen Gemeinschaften entlang der libysch-nigrischen Grenze ist der fehlende Baustein, um unsere Anstrengungen an der Küste Libyens und im Niger zu verbinden und Migrationsströme entlang der Route zu reduzieren.“

    Konkret schwebt den beiden Ministern dreierlei vor: die Stämme und Siedlungen in der Grenzregion sollen Hilfe beim Straßenbau, der Krankenversorgung, für Schulen und Arbeitsplätze bekommen. Zwecks strafferer Kontrolle der Migranten müsse es technische und finanzielle Hilfe geben. Und libysche Grenzschützer sollen gezielt für den Kampf gegen Schleuser geschult und ausgerüstet werden.

    Wie das im einzelnen funktionieren soll, ist aber auch den Italienern als Vorreitern des geplanten Engagements nicht klar, obwohl sie im Grenzgebiet bereits Erfahrungen gesammelt haben. Deswegen sollen erstmal Erkundungsmissionen vor Ort Bedarf und Möglichkeiten sondieren. Einen entsprechenden Beschluss wollen Rom und Berlin auf dem EU-Gipfel im Juni herbeiführen. Ob das gelingt, ist freilich alles andere als sicher.

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