Berlin. Ein neues Weißbuch schlägt Wiesen statt Parkplätze und Friedhöfe als Erholungsorte vor. Dafür soll das Baugesetzbuch geändert werden.

  • Das Umweltbundesministerium will künftig gezielt noch mehr Grün in die Städte bringen
  • Bis 2020 sollen insbesondere auch sozial benachteiligte Wohngebiete deutlich grüner werden
  • Dies geht aus dem „Weißbuch Stadtgrün“ des Ministeriums hervor

Ob Parks, Wiesen, Schrebergärten, bepflanzte Dächer und Fassaden oder Beete am Straßenrand – Grünflächen sind in Städten ein wichtiger Bestandteil für eine bessere Lebensqualität. Bäume und Pflanzen sorgen nachgewiesenermaßen für reinere Luft, dämpfen Lärm und tragen somit zu einer besseren Gesundheit aller Bewohner bei. Zugleich sind sie Augenweide für die jährlich steigende Zahl an Großstädtern.

Um die Wohnqualität bundesweit zu verbessern, will das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) künftig gezielt noch mehr Grün in die Städte bringen. Dazu soll im Baugesetzbuch spätestens in der nächsten Legislaturperiode eine „ausreichende Grünflächenversorgung“ verankert werden.

Dies geht aus dem „Weißbuch Stadtgrün“ des Bauministeriums hervor, das unserer Redaktion vorliegt und am Montag offiziell in Essen vorgestellt wird. Bis 2020 sollen insbesondere auch sozial benachteiligte Wohngebiete, die häufig schlechter mit Bäumen und Wiesen versorgt sind, deutlich grüner werden.

Rekordsumme von 790 Millionen Euro

„Die Schaffung, Entwicklung und der Erhalt urbanen Grüns sollen zum selbstverständlichen Aspekt der integrierten Stadtentwicklung und Stadtplanung werden“, sagte Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD). „Grüne Städte sind lebenswerte Städte.“ Städtische Parks und Freiflächen hätten einen „unermesslichen sozialen, ökologischen und ökonomischen Wert. Wir als Bund stehen den Kommunen dabei zur Seite.“

Werten Städte auf: Parkanlagen wie hier der Grugapark in Essen.
Werten Städte auf: Parkanlagen wie hier der Grugapark in Essen. © imago/Jochen Tack | imago stock&people

Städte und Gemeinden sollen dazu im Rahmen der Städtebauförderung schon 2017 erstmals 50 Millionen Euro aus einem neuen Förderprogramm „Zukunft Stadtgrün“ erhalten. Insgesamt stellt der Bund in diesem Jahr 790 Millionen Euro für die Städtebauförderung zur Verfügung – eine Rekordsumme.

Das Weißbuch umfasst zahlreiche Handlungsempfehlungen für mehr Grün in den Städten. Es geht um fachgerechtes Planen, Anlegen und Unterhalten von Grünflächen. So könnten Gebäude, Fassade und Höfe stärker begrünt und Dächer als Gemeinschaftsgärten genutzt werden. Brachflächen und Baulücken sollten wiederbelebt werden.

Trend zu Rad und Carsharing macht’s möglich

Konkret setzt sich der Bund insbesondere in Ballungszentren dafür ein, „dass Stellplatzverordnungen für Fahrzeuge seitens der Länder und Kommunen flexibler gehandhabt werden“. Angesichts des zunehmenden Trends zur Nutzung von Fahrrädern und Carsharing könnten Flächen, die nicht für Parkplätze gebraucht werden, als Frei- und Grünflächen genutzt werden. Die Verpflichtung, Stellplätze für Fahrzeuge zu schaffen, mache Wohnungsneubauten derzeit nur teurer und versiegele wohnungsnahe Flächen, heißt es in dem Weißbuch.

Auch auf Friedhöfen könnten als Orte der Stille und Erholung genutzt werden.
Auch auf Friedhöfen könnten als Orte der Stille und Erholung genutzt werden. © imago/snapshot | imago stock&people

Auch auf Friedhöfen gibt es immer mehr Flächen, die nicht mehr für Bestattungen genutzt werden. Diese Flächen verfügten häufig über eine große biologische Vielfalt sowie kulturelle Bedeutung und könnten zu neuen Freiräumen umgenutzt werden. „Dadurch können Friedhöfe auch zu Erholungsorten werden“, heißt es in dem Weißbuch. Das Potenzial von Friedhöfen für das Stadtgrün soll deshalb untersucht und entsprechende Modellvorhaben zur Neunutzung unterstützt werden.

Grünflächen können Folgen des Klimawandels abmildern

Grüne Flächen können zudem einen aktiven Beitrag zum Schutz vor den Folgen der Klimaveränderungen leisten. Gerade Städte reagieren empfindlich auf Extreme wie Hitze, Trockenheit, Sturm oder Starkregen. So sei es wichtig, Böden nicht überall zu asphaltieren und zu versiegeln, damit Regenwasser möglichst ortsnah versickern und verdunsten kann. Zur Vorbeugung von Flusshochwasser und Starkregen sollten zudem weitere Überschwemmungsgebiete festgelegt werden.

„Für das urbane Wohnen wird grüne Infrastruktur immer wichtiger“, ist Hendricks überzeugt. Ihr Ministerium sieht sich dabei als Partner und nicht als Vormund der Kommunen. „Natürlich werden wir jetzt nicht anfangen, einfach Parks und Wälder in die Stadt zu pflanzen. Darum geht es uns nicht“, versichert die SPD-Politikerin. „Die Verantwortung für die Entwicklung der Stadt liegt im Rathaus.“ Ziel sei es, eine grüne Infrastruktur rechtlich besser zu verankern, Fördermittel bereitzustellen und gute Beispiele zu verbreiten.