Astana/Ankara. Mehr als 400.000 Menschen sind im Syrien-Krieg gestorben. Nun sollen Schutzzonen den Flüchtenden Zuflucht bieten. Doch es gibt Kritik.

Russland, die Türkei und der Iran haben die Einrichtung von Schutzzonen im Bürgerkriegsland Syrien vereinbart. Das Memorandum wurde am Donnerstag bei den Syrien-Gesprächen in der kasachischen Hauptstadt Astana unterzeichnet. In Regionen, die von Gegnern der syrischen Führung gehalten werden, soll die Bevölkerung in vier sogenannte Deeskalationszonen flüchten können. Dort soll nach russischen Angaben von Samstag an nicht mehr gekämpft werden.

Die Erfolgsaussichten der Zonen werden unterschiedlich beurteilt. Die US-Regierung reagierte mit Skepsis auf die Einigung. Sie stört sich vor allem an der Rolle des Irans. Drei Vertreter der syrischen bewaffneten Opposition verließen aus Protest gegen die Beteiligung des Irans an dem Memorandum die Sitzung in Astana. Einer von ihnen rief: „Iraner sind Verbrecher, sie dürfen nicht unterzeichnen.“

Die Vertreter der syrischen bewaffneten Opposition.
Die Vertreter der syrischen bewaffneten Opposition. © REUTERS | MUKHTAR KHOLDORBEKOV

Syriens Opposition erklärte, sie sei nicht Teil des Abkommens. „Das Abkommen könnte gut sein, wenn es umgesetzt würde“, sagte Oppositionssprecher, Jihja al-Aridi. „Aber normalerweise sagen das syrische Regime und der Iran das eine und tun das andere.“

Krieg dauert seit mehr als sechs Jahren an

Kritiker führten bislang außerdem an, dass die Sicherheit in solchen Schutzzonen notfalls auch militärisch durchgesetzt werden müsste. In dem seit mehr als sechs Jahren dauernden Krieg in Syrien sind schon über 400.000 Menschen getötet worden.

Moskau und Teheran kämpfen aufseiten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Gemeinsam mit der Türkei treten Russland und der Iran als Garanten der seit Ende 2016 geltenden Waffenruhe auf. Gleichzeitig werden aber die russische Luftwaffe und iranische Milizen für viele Verletzungen der Feuerpause verantwortlich gemacht.

Russlands Luftwaffe flog in den vergangenen Monaten trotz Waffenruhe unter dem Vorwand von Terrorbekämpfung Angriffe auf Rebellengebiete. In den künftigen Schutzzonen ist die Al-Kaida-nahe Extremistengruppe Tahrir al-Scham stark.

Erdogan forderte seit langem Schutzzonen

Der russische Beauftragte Alexander Lavrentyev, der iranische Außenminister Hossein Jaberi Ansari, der kasachische Diplomat Kairat Abdrakhmanov und der UN-Sonderbeauftragte im Syrien-Konflikt Staffan de Mistura (v.l.).
Der russische Beauftragte Alexander Lavrentyev, der iranische Außenminister Hossein Jaberi Ansari, der kasachische Diplomat Kairat Abdrakhmanov und der UN-Sonderbeauftragte im Syrien-Konflikt Staffan de Mistura (v.l.). © REUTERS | MUKHTAR KHOLDORBEKOV

Die Schutzzonen sollen sich nach türkischen Angaben über die gesamte Provinz Idlib sowie über Teile der Provinzen Latakia, Aleppo, Hama, Homs, Damaskus, Daraa und Kuneitra erstrecken. Die notleidende Bevölkerung dort solle versorgt werden, teilte das Außenministerium in Ankara mit. Details sollten in Arbeitsgruppen zwischen den Garantiemächten Russland, Türkei und Iran festgeschrieben werden.

Der russische Staatschef Wladimir Putin hatte zuvor mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan und mit US-Präsident Donald Trump über die Schutzzonen gesprochen. Erdogan wurde danach mit den Worten zitiert, dieser Schritt könne 50 Prozent des Syrien-Konflikts lösen. Er hat die Einrichtung solcher Zonen seit langem gefordert.

Die Schutzzonen würden von Luftangriffen verschont, wenn dort die Waffen schweigen, stellte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Aussicht. Zugleich sagte er: „Das bedeutet aber in keiner Weise eine Pause im Kampf gegen Terrorismus.“

USA haben Bedenken bei Abkommen

An der vierten Runde der Gespräche in Astana nahmen erstmals der UN-Sonderbeauftragte im Syrien-Konflikt, Staffan de Mistura, und ein ranghoher US-Vertreter teil.

Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, erklärte anschließend in Washington, die USA begrüßten alle Vereinbarungen, die die Gewalt in Syrien reduzierten. Man habe bei dem Abkommen aber Bedenken, insbesondere was die Rolle des Irans angehe.

„Die iranischen Aktivitäten in Syrien haben nur zur Gewalt beigetragen, statt sie zu stoppen, und die bedingungslose Unterstützung für das Assad-Regime hat das Elend für normale Syrer fortgesetzt“, erklärte Nauert. „Angesichts der Misserfolge bei vergangenen Vereinbarungen haben wir Grund, vorsichtig zu sein.“

Die flüchtenden Kinder von Mossul

Der Blick dieses Kindes spricht Bände. So wie viele Kinder ist auch dieses irakische Mädchen mit seiner Familie auf der Flucht. Irakischen Streitkräfte versuchen, den Westteil Mossuls von der Terrormiliz IS zu befreien.
Der Blick dieses Kindes spricht Bände. So wie viele Kinder ist auch dieses irakische Mädchen mit seiner Familie auf der Flucht. Irakischen Streitkräfte versuchen, den Westteil Mossuls von der Terrormiliz IS zu befreien. © REUTERS | STRINGER
Kleiner Junge auf der Flucht.
Kleiner Junge auf der Flucht. © REUTERS | REUTERS / ZOHRA BENSEMRA
Geschwisterpaar auf der Flucht.
Geschwisterpaar auf der Flucht. © REUTERS | STRINGER
Der Kampf zur Vertreibung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aus West-Mossul im Irak treibt Tausende Menschen und Kinder zur Flucht.
Der Kampf zur Vertreibung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aus West-Mossul im Irak treibt Tausende Menschen und Kinder zur Flucht. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Trotz der schwierigen Situation schenkt dieses Mädchen dem Fotografen ein Lachen – ihre Puppe fest im Arm haltend.
Trotz der schwierigen Situation schenkt dieses Mädchen dem Fotografen ein Lachen – ihre Puppe fest im Arm haltend. © REUTERS | REUTERS / ZOHRA BENSEMRA
Dieses Mädchen nimmt eine kleine Pause vom Tragen eines Wasserkanisters. Sie hat es in das Flüchtlingslager Hamam al-Alil geschafft.
Dieses Mädchen nimmt eine kleine Pause vom Tragen eines Wasserkanisters. Sie hat es in das Flüchtlingslager Hamam al-Alil geschafft. © Carl Court
Ostern im Flüchtlingscamp.
Ostern im Flüchtlingscamp. © REUTERS | ARI JALAL
Ein Mitglied der schiitischen paramilitärischen Gruppe namens Abbas Division trägt einen kranken Jungen, der mit seiner Familie aus Mossul fliehen musste.
Ein Mitglied der schiitischen paramilitärischen Gruppe namens Abbas Division trägt einen kranken Jungen, der mit seiner Familie aus Mossul fliehen musste. © REUTERS | STRINGER
Fragende Blicke: Vertriebene Kinder warten auf einen sicheren Ort.
Fragende Blicke: Vertriebene Kinder warten auf einen sicheren Ort. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Warten am Maschendrahtzaun, ...
Warten am Maschendrahtzaun, ... © REUTERS | SUHAIB SALEM
... um Schutz in der Zeltstadt Hamam al-Alil im südlichen Mossul zu bekommen.
... um Schutz in der Zeltstadt Hamam al-Alil im südlichen Mossul zu bekommen. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Ohne Schuhe an den Füßen geht es durch kalten Matsch in eine ungewisse Zukunft.
Ohne Schuhe an den Füßen geht es durch kalten Matsch in eine ungewisse Zukunft. © REUTERS | REUTERS / ZOHRA BENSEMRA
Diese zwei Kinder freuen sich über eine warme Mahlzeit im Flüchtlingslager Hamam al-Alil im südlichen Mossul.
Diese zwei Kinder freuen sich über eine warme Mahlzeit im Flüchtlingslager Hamam al-Alil im südlichen Mossul. © REUTERS | MUHAMMAD HAMED
Jugendliche, die ihre Heimat verlassen mussten.
Jugendliche, die ihre Heimat verlassen mussten. © REUTERS | MUHAMMAD HAMED
Während in mehreren Teilen der Stadt gekämpft wird, sammeln sich die Flüchtenden vor den Toren Mossuls und werden von Hilfskräften aufgegriffen und betreut.
Während in mehreren Teilen der Stadt gekämpft wird, sammeln sich die Flüchtenden vor den Toren Mossuls und werden von Hilfskräften aufgegriffen und betreut. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Diese neun Kinder warten auf ihren Transport an einen sicheren Ort.
Diese neun Kinder warten auf ihren Transport an einen sicheren Ort. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Zwei der flüchtenden Kinder.
Zwei der flüchtenden Kinder. © REUTERS | Suhaib Salem
Auch dieser Junge und dieses Mädchen mussten ihr Zuhause verlassen.
Auch dieser Junge und dieses Mädchen mussten ihr Zuhause verlassen. © REUTERS | Suhaib Salem
In einem Bus geht es in ein Flüchtlingslager, ...
In einem Bus geht es in ein Flüchtlingslager, ... © REUTERS | SUHAIB SALEM
... um den Kindern und ihren Familien Schutz zu bieten.
... um den Kindern und ihren Familien Schutz zu bieten. © REUTERS | MUHAMMAD HAMED
Wie erklärt man diesem kleinen Mann, was gerade geschieht?
Wie erklärt man diesem kleinen Mann, was gerade geschieht? © REUTERS | SUHAIB SALEM
Kinderlachen im Zeltlager.
Kinderlachen im Zeltlager. © Carl Court
Ein kleines Mädchen steht vor einem kriegsbeschädigten Haus in West-Mossul.
Ein kleines Mädchen steht vor einem kriegsbeschädigten Haus in West-Mossul. © REUTERS | ZOHRA BENSEMRA
Diese zwei Jungs sitzen vor ihrem zerstörten Familienhaus.
Diese zwei Jungs sitzen vor ihrem zerstörten Familienhaus. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Inmitten von Trümmern sitzt dieses junge Mädchen in einem provisorischen Bearbeitungszentrum.
Inmitten von Trümmern sitzt dieses junge Mädchen in einem provisorischen Bearbeitungszentrum. © REUTERS | REUTERS / ZOHRA BENSEMRA
Einige Kinder sind durch die Kämpfe schwer verletzt worden.
Einige Kinder sind durch die Kämpfe schwer verletzt worden. © REUTERS | REUTERS / ZOHRA BENSEMRA
Kinder jeden Alters sind auf der Flucht.
Kinder jeden Alters sind auf der Flucht. © REUTERS | ZOHRA BENSEMRA
Auf Papas Schultern.
Auf Papas Schultern. © REUTERS | ZOHRA BENSEMRA
Die Kinder flüchten mit ihren Familien aus dem umkämpften Mossul.
Die Kinder flüchten mit ihren Familien aus dem umkämpften Mossul. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Diese Mutter kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.
Diese Mutter kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. © REUTERS | ZOHRA BENSEMRA
Für einen Moment scheint dieses Mädchen den Schmerz zu vergessen.
Für einen Moment scheint dieses Mädchen den Schmerz zu vergessen. © REUTERS | ARI JALAL
Doch natürlich sind auch die Kinder erschöpft und traurig.
Doch natürlich sind auch die Kinder erschöpft und traurig. © REUTERS | ARI JALAL
Diese Situation ereignete sich kurz vor Erreichen des Flüchtlingslagers Hamam al-Alil.
Diese Situation ereignete sich kurz vor Erreichen des Flüchtlingslagers Hamam al-Alil. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Warten auf den sicheren Weitertransport.
Warten auf den sicheren Weitertransport. © REUTERS | ZOHRA BENSEMRA
Manche Kinder in diesem Land haben noch nie erlebt, wie sich Frieden anfühlt.
Manche Kinder in diesem Land haben noch nie erlebt, wie sich Frieden anfühlt. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Man kann nur hoffen, dass die Kinder das Erlebte einigermaßen gut verarbeiten.
Man kann nur hoffen, dass die Kinder das Erlebte einigermaßen gut verarbeiten. © REUTERS | Suhaib Salem
Ein Blick in große dunkle Kinderaugen.
Ein Blick in große dunkle Kinderaugen. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Auch dieser kleine Junge musste sein Zuhause verlassen.
Auch dieser kleine Junge musste sein Zuhause verlassen. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Mit weit aufgerissenen Augen schaut dieses Kind in die Kamera.
Mit weit aufgerissenen Augen schaut dieses Kind in die Kamera. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Mit der Nuckelflasche und ...
Mit der Nuckelflasche und ... © REUTERS | SUHAIB SALEM
... dem Schnuller geht es auf einen Hilfstransporter.
... dem Schnuller geht es auf einen Hilfstransporter. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Auch die ganz Kleinen helfen mit.
Auch die ganz Kleinen helfen mit. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Kinder müssen hautnah Kämpfe zwischen der irakischen Armee und der Terrormiliz Islamischer Staat miterleben.
Kinder müssen hautnah Kämpfe zwischen der irakischen Armee und der Terrormiliz Islamischer Staat miterleben. © REUTERS | STRINGER
Flüchtende Kinder schützen sich mit Pappkartons vor dem schlechten Wetter.
Flüchtende Kinder schützen sich mit Pappkartons vor dem schlechten Wetter. © REUTERS | SUHAIB SALEM
Ein Kinderwagen wurde im Matsch zurückgelassen.
Ein Kinderwagen wurde im Matsch zurückgelassen. © REUTERS | SUHAIB SALEM
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Syrien-Verhandlungen in Genf finden Ende Mai wieder statt

De Mistura kündigte an, dass die Syrien-Verhandlungen unter Führung der UN in Genf Ende Mai fortgesetzt sollen. Die fünfte Runde der von Russland, der Türkei und dem Iran organisierten Gespräche in Astana solle Mitte Juli stattfinden, sagte ein Sprecher des Außenministeriums von Kasachstan.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zog nach Angaben von Menschenrechtsbeobachtern am Donnerstag aus der strategisch wichtigen Stadt Al-Tabka im Norden Syriens ab. Mitte April war ein von Kurden angeführtes Bündnis erstmals in Vororte von Al-Tabka eingerückt. Die Stadt gilt als wichtig für die Rückeroberung der IS-Hochburg Al-Rakka, die etwa 55 Kilometer entfernt liegt. (dpa)