Erfurt. Knapper geht es nicht: Nach dem Austritt einer SPD-Abgeordneten hat die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen nur einen Sitz Mehrheit.

Die Thüringer SPD-Landtagsabgeordnete Marion Rosin ist aus der Partei ausgetreten und zur CDU gewechselt. „Heute habe ich meinen Austritt aus der SPD erklärt, der ich seit 18 Jahren angehöre“, erklärte Rosin in einer Pressemitteilung der CDU-Fraktion am Mittwoch in Erfurt. „Dieser Schritt fällt mir nicht leicht, aber er ist notwendig.“

Für Rot-Rot-Grün wird es damit im Landtag wieder enger. Das Dreierbündnis von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat nunmehr im Landtag nur noch 46 Sitze. Auf der Gegenseite kommen CDU, AfD und Fraktionslose 45 Sitze. Damit ist wieder das knappe Mehrheitsverhältnis vom Start der Regierungskoalition hergestellt. In die SPD-Fraktion war zuvor ein ehemaliger AfD-Abgeordneter gewechselt.

„Keine Koalition auf Augenhöhe“

Rosin erklärte, sie habe in zweieinhalb Jahren ihrer Mitgliedschaft im Thüringer Landtag erfahren müssen, „dass es zwischen den die Regierung tragenden Fraktionen der Linken, der SPD und dem Bündnis 90/Die Grünen keine Koalition auf Augenhöhe gibt. Diese Koalition wird durch die dogmatisch-ideologischen Führungskader der Linken geprägt“, begründete sie ihren Schritt.

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    SPD-Chef: „Menschlich enttäuscht“

    Die CDU-Fraktion hat nach Angaben eines Sprechers Rosin bereits am Mittwoch in die Fraktion aufgenommen. Zuvor hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Sie hat gestern Abend per Fax den Austritt aus der Landespartei mitgeteilt.“

    Der SPD-Landesvorsitzende Andreas Bausewein reagierte überrascht auf Rosins Wechsel. „Ich bin menschlich zutiefst enttäuscht und ich kann’s nicht nachvollziehen“, sagte Bausewein am Mittwoch in Erfurt der Deutschen Presse-Agentur. Die von Rosin vorgebrachten Gründe seien für ihn „nicht stichhaltig“.

    Kritik an der Schulpolitik

    Rosin sieht als Grundzug der Politik der Linken eine „zentralistische Tendenz, die der demokratischen Teilhabe der von den Entscheidungen betroffenen Mandatsträger und Bürger kaum Raum lässt.“ Es entstünden zentralistische Strukturen, die den ländlichen Raum in Thüringen von der prosperierenden Entwicklung des Freistaats abhängen würden. „Auch meine bisherige Partei kann oder will sich dem leider nicht entziehen.“

    Die Lehrerin und ehemalige Schulleiterin Rosin war in der SPD für Bildungspolitik zuständig und kritisiert nun die derzeitige Schulpolitik der Koalition. Für sie ist etwa die von Ramelow einberufene Strukturkommission Schule eine „politische Alibiveranstaltung“. Die Koalition werde dringend benötigte Lehrerstellen über die Änderung der Schulstruktur realisieren. Schulschließungen seien die Folge. Aus ideologischen Gründen habe die Linke zudem das bewährte Hortmodell zerschlagen. Das Ergebnis sei ein Desaster, das noch über Jahre nachwirken werde. (dpa)