Brüssel. In Orgelpfeifen steckt gesundheitsschädliches Blei. Ein EU-Gesetz will das verbieten – und könnte damit das Ende von Orgeln einläuten.

Hoffnung für das deutsche Orgelbauer-Gewerbe: Die EU schickt sich an, auf einen schwerwiegenden Eingriff in das Pfeifenwesen zu verzichten, der womöglich den Untergang der traditionsreichen Branche bedeuten würde. Pfeifen dürfen auch in Zukunft giftig sein, erklärt Joanna Drake, Stellvertretende Generaldirektorin in der Umweltabteilung der Brüsseler EU-Kommission. Kultur solle in diesem Fall vor Umweltschutz gehen.

Orgeln, das ist Teil der Tradition, sind nicht besonders umweltverträglich. Elektro-Geräte, in denen Metalle wie Blei oder Quecksilber verbaut sind, dürfen aber nach einem EU-Gesetz („RoHS-Richtlinie“) ab 2019 nicht mehr verkauft werden. Und weil die allermeisten Orgeln ihre Luft aus einem oder mehreren E-Gebläsen beziehen, würde das auch für die Königin der Instrumente gelten – es droht das Ende der Orgelbauerei.

Orgeln sollen von Vorschrift ausgenommen werden

Doch Brüssel hat die Sache noch einmal geprüft und ist laut Joanna Drake zu folgendem Ergebnis gekommen: „Die meisten Orgelpfeifen bleiben über Jahrhunderte am gleichen Ort, die Austauschrate ist vernachlässigbar. Es gibt bis heute keinen Hinweis auf Gesundheits- und Umweltprobleme, die durch Herstellung und Nutzung von Orgelpfeifen auftreten würden, die grundsätzlich ein sehr langlebiges Produkt sind.“

Folglich empfiehlt die Kommission, Orgeln von der Vorschrift auszunehmen. Das ist zwar noch nicht beschlossene Sache, dürfte aber beim EU-Gesetzgeber – EU-Parlament und -Ministerrat – auf Wohlwollen stoßen.

Alles andere wäre aus deutscher Sicht verheerend. Die Branche beschäftigt hierzulande in 424 Betrieben rund 1500 Mitarbeiter, macht mehr als 80 Millionen Euro Jahresumsatz und ist im Export weltweit, vor allem in Asien, erfolgreich. Auch die neue Elbphilharmonie in Hamburg ist mit einer Orgel aus heimischer Fabrikation bestückt, gefertigt vom Bonner Traditionshaus Johannes Klais.