Washington. Neil Gorsuch kommt an den Obersten Gerichtshof der USA. Es ist der erste echte innenpolitische Erfolg von US-Präsident Donald Trump.

Donald Trump ist – seine Wiederwahl einmal kühn vorausgesetzt – spätestens 2024 Geschichte. Der Mann mit den eisgrauen Haaren, den der amerikanische Präsident gestern Mittag im Weißen Haus feierlich und sichtlich zufrieden ins Amt einführte, wird bei guter Gesundheit noch in 30 Jahren Geschichte schreiben.

Mit Neil Gorsuch (49) ist die seit 14 Monaten existierende Pattsituation von vier tendenziell liberalen und vier konservativen Richtern am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten vorbei. Der wertkonservative Jurist aus Colorado verschiebt die im polarisierten Amerika zuletzt immer wichtiger gewordene letzte Instanz nach rechts – fünf zu vier. Gesellschaftlich immergrüne Streit-Themen wie Abtreibung, Homo-Ehe, Gleichberechtigung, Rechte von Wählern und Frauen und das Verhältnis von Staat und Kirche bekommen neue Brisanz.

Nachfolger von Antonin Scalia

Genau das hatte Trump im Wahlkampf versprochen, um religiös grundierte Wählerschichten für sich zu gewinnen. Dass er Gorsuch als Nachfolger des verstorbenen Konservativen-Idols Antonin Scalia gegen große Widerstände durchsetzte, markiert den ersten innenpolitischen Erfolg.

Um Gorsuch über die Ziellinie zu bringen, haben die Republikaner ein seit über 200 Jahren praktiziertes Abstimmungsverfahren im Senat mit ihrer Mehrheit aufgehoben. Der sogenannte „Filibuster“, quasi ein Endlos-Rederecht, sorgte bisher dafür, dass in strittigen Fragen rund um den Supreme Court im 100-köpfigen „Oberhaus“ des Kongresses eine überparteiliche Konsensbildung herbeigeführt werden musste. Sprich 60 Stimmen. Perdu. Die Republikaner haben den Schutzmechanismus in der vergangenen Woche gekippt. Ab sofort reichen 51 Stimmen.

Historisch beispielloser Wechsel

Das bedeutet: Stirbt in naher Zukunft eine/einer der älteren, den Demokraten zuneigenden Richterinnen und Richter, können Trump und die Republikaner (52 von 100 Stimmen) die ideologische Ausrichtung der auf Lebenszeit ernannten Rechtsprecher auf Jahrzehnte rechts zementieren. Kurzfristig hoffen die Republikaner auf einen historisch beispiellosen Wechsel. Anthony Kennedy, auf dem Papier ein Konservativer, der in seinen Entscheidungen aber immer wieder mit den Liberalen gestimmt hat, ist über 80. Gorsuch war bei ihm als junger Mann Referendar.

Sie kennen und schätzen sich. Zöge sich Kennedy aufs Altenteil zurück, würde sich durch Nachbesetzung das Stimmenverhältnis weiter zugunsten der Konservativen verbessern. Dem Verdacht, er werde auf der Richterbank als verlängerter Arm der Republikaner und Trumps agieren, trat der Hobby-Angler Gorsuch entgehen. Er fühle sich allein der buchstabengetreuen Auslegung der Verfassung verpflichtet, sagte Gorsuch. Niemand wisse, wie am Ende sein Abstimmungsverhalten ausfallen wird; auch Trump nicht.