Stockholm. Die Polizei hat fast Gewissheit über den Todesfahrer von Stockholm. Schwedens Ministerpräsident Löfven richtet eine Botschaft ans Volk.

Schweden hat Gewissheit. Am Montag hat Landespolizeichef Dan Eliasson auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben, dass der am Freitagabend festgenommene Usbeke mit „Sympathien für den Islamischen Staat“ der Todesfahrer war. Eliasson sagte, er sei sich „sicher“. Ihm wird Terror und Mord vorgeworfen.

Die Fahrt des 39-jährigen Rakhmat Akilov am Freitag über die zentrale Fußgängerzone Drottninggata im Stockholmer Zentrum in das Kaufhaus Ahlens nahm vier Menschen das Leben und verletzte 15. Zu den Toten gehört auch ein elfjähriges Mädchen.

Lkw fährt in Stockholm in Menschenmenge

Anschlag in Stockholm: Am 7. April raste in der schwedischen Hauptstadt ein Lastwagen in eine Menschenmenge und dann in ein Kaufhaus.
Anschlag in Stockholm: Am 7. April raste in der schwedischen Hauptstadt ein Lastwagen in eine Menschenmenge und dann in ein Kaufhaus. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
Kurz vor 15 Uhr fuhr der Lkw an der Kreuzung der beiden Einkaufsstraßen Drottninggatan und Kungsgatan zunächst in eine Menschenmenge.
Kurz vor 15 Uhr fuhr der Lkw an der Kreuzung der beiden Einkaufsstraßen Drottninggatan und Kungsgatan zunächst in eine Menschenmenge. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
Anschließend setzte er seine Fahrt fort und krachte in das Kaufhaus Åhléns.
Anschließend setzte er seine Fahrt fort und krachte in das Kaufhaus Åhléns. © dpa | Anders Wiklund
Auf der Stockholmer Königinstraße brach ein Brand...
Auf der Stockholmer Königinstraße brach ein Brand... © REUTERS | TT NEWS AGENCY
und völliges Chaos aus.
und völliges Chaos aus. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
Schon kurz nach dem Anschlag sprachen offizielle Stellen von Terror: „Schweden ist angegriffen worden. Alles deutet auf eine Terrortat hin“, sagte Ministerpräsident Stefan Löfven im schwedischen Fernsehen.
Schon kurz nach dem Anschlag sprachen offizielle Stellen von Terror: „Schweden ist angegriffen worden. Alles deutet auf eine Terrortat hin“, sagte Ministerpräsident Stefan Löfven im schwedischen Fernsehen. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
Zunächst war nicht klar, ob es sich um einen oder mehrere Täter handelte. Der Fahrer des Lkw konnte flüchten, nachdem das Fahrzeug in dem Kaufhaus zum Stehen gekommen war. Polizisten mit Gasmasken ...
Zunächst war nicht klar, ob es sich um einen oder mehrere Täter handelte. Der Fahrer des Lkw konnte flüchten, nachdem das Fahrzeug in dem Kaufhaus zum Stehen gekommen war. Polizisten mit Gasmasken ... © REUTERS | TT NEWS AGENCY
... und schweren Waffen sicherten die Stockholmer Innenstadt ab und fahndeten nach dem Täter.
... und schweren Waffen sicherten die Stockholmer Innenstadt ab und fahndeten nach dem Täter. © REUTERS | STAFF
Beamte fuhren mit einem Polizeiwagen durch die Stadt und riefen „Warnung vor einer Terrortat“. Augenzeugen berichteten von Menschen, die in Decken eingehüllt wurden.
Beamte fuhren mit einem Polizeiwagen durch die Stadt und riefen „Warnung vor einer Terrortat“. Augenzeugen berichteten von Menschen, die in Decken eingehüllt wurden. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
Die Polizei warnte die Bevölkerung davor, die Innenstadt zu betreten.
Die Polizei warnte die Bevölkerung davor, die Innenstadt zu betreten. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
Der Verkehr von Zügen und U-Bahnen wurde stillgelegt, der Hauptbahnhof geräumt.
Der Verkehr von Zügen und U-Bahnen wurde stillgelegt, der Hauptbahnhof geräumt. © REUTERS | STAFF
Die Innenstadt von Stockholm um das Kaufhaus Ahlens City: Der Anschlag ereignete sich in der weitgehend autofreien Einkaufsstraße Drottninggatan im Zentrum Stockholms.
Die Innenstadt von Stockholm um das Kaufhaus Ahlens City: Der Anschlag ereignete sich in der weitgehend autofreien Einkaufsstraße Drottninggatan im Zentrum Stockholms. © dpa | Google
Auch das Parlamentsgebäude in Stockholm wurde abgesperrt. Am Abend wurde ein Verdächtiger festgenommen, ein 39-jähriger Mann aus Usbekistan. Er ist nach eigenen Angaben ein Sympathisant der Terrormiliz „Islamischer Staat“.
Auch das Parlamentsgebäude in Stockholm wurde abgesperrt. Am Abend wurde ein Verdächtiger festgenommen, ein 39-jähriger Mann aus Usbekistan. Er ist nach eigenen Angaben ein Sympathisant der Terrormiliz „Islamischer Staat“. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
In der Nacht schleppte die Polizei den Lastwagen einer Brauerei ab, den der Täter für den Anschlag gekapert hatte.
In der Nacht schleppte die Polizei den Lastwagen einer Brauerei ab, den der Täter für den Anschlag gekapert hatte. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
Die Fahrerkabine war ausgebrannt.
Die Fahrerkabine war ausgebrannt. © dpa | Markus Schreiber
Die Spuren des Anschlags in der Nacht zu Samstag.
Die Spuren des Anschlags in der Nacht zu Samstag. © dpa | Markus Schreiber
Am Morgen nach dem Anschlag zeigten viele Menschen in Stockholm öffentlich ihre Trauer und Anteilnahme.
Am Morgen nach dem Anschlag zeigten viele Menschen in Stockholm öffentlich ihre Trauer und Anteilnahme. © REUTERS | TT NEWS AGENCY
Die Flaggen hingen am Samstag auf Halbmast.
Die Flaggen hingen am Samstag auf Halbmast. © dpa | Antti Aimo-Koivisto
Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel kamen zum Ort des Anschlags, um Rosen abzulegen.
Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel kamen zum Ort des Anschlags, um Rosen abzulegen. © dpa | Boe Torstein
Bundeskanzlerin Angela Merkel legte beim Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern eine Schweigeminute für die Opfer ein.
Bundeskanzlerin Angela Merkel legte beim Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern eine Schweigeminute für die Opfer ein. © dpa | Jens Büttner
In Schweden riss die öffentliche Anteilnahme auch am zweiten Tag nach dem Anschlag nicht ab.
In Schweden riss die öffentliche Anteilnahme auch am zweiten Tag nach dem Anschlag nicht ab. © dpa | Kenta Jönsson
Der Platz in der Nähe des Einkaufszentrums „Åhléns City“ am Sonntag.
Der Platz in der Nähe des Einkaufszentrums „Åhléns City“ am Sonntag. © dpa | Jessica Gow
Schon am Sonntag besuchten wieder viele Menschen die gerade wiedereröffnete Fußgängerzone Drottninggatan vor dem Einkaufszentrum „Åhléns City“.
Schon am Sonntag besuchten wieder viele Menschen die gerade wiedereröffnete Fußgängerzone Drottninggatan vor dem Einkaufszentrum „Åhléns City“. © dpa | Markus Schreiber
Dort hinterließen einige von ihnen Botschaften der Solidarität.
Dort hinterließen einige von ihnen Botschaften der Solidarität. © Getty Images | Michael Campanella
Andere bekundeten mit Blumen auf einem Polizeifahrzeug ihre Anteilnahme.
Andere bekundeten mit Blumen auf einem Polizeifahrzeug ihre Anteilnahme. © dpa | Linnea Rheborg
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Weitere Person als Komplize verdächtigt

Gegen Akilov wird wegen Terror und Mord ermittelt. Eine weitere Person sitzt in Haft. Sie wird der Komplizenschaft verdächtigt. Die Polizei räumte am Montag ein, dass sie auf der Suche nach weiteren Personen sei, um sie zu verhören. Am Montag gab es demnach mehrere Hausdurchsuchungen. Insgesamt habe die Polizei bislang 600 Personen verhört. Mehrere Personen wurden festgenommen, einige aber wieder freigelassen.

Medien hatten angegeben, dass der Täter Sprengstoff neben sich im Lastkraftwagen hatte. „Das ist kein Sprengstoff im gewöhnlichen Sinne gewesen, aber etwas in diese Richtung“, sagte Eliasson nun. „Im System gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass etwas passieren würde“, unterstrich er. Der mutmaßliche Täter soll bereits zuvor in Ermittlungen der Geheimpolizei Säpo zur finanziellen Unterstützung des Islamischen Staats (IS) verwickelt gewesen sein, ihm konnte aber nichts nachgewiesen werden, hieß es in schwedischen Medien.

Bericht: Unter falschem Namen Asyl beantragt

Der Zeitung „Dagens Nyheter“ liegen Dokumente zu seinem Fall von der Migrationsbehörde vor. Akilov beantragte demnach im November 2014 unter einem falschen Namen Asyl in Schweden. Der Antrag wurde 2016 abgelehnt, weil die Migrationsbehörde an seinem Schutzbedürfnis zweifelte. „Espressen“ und „Aftonbladet“ zitieren aus dem Polizeiverhör nach der Festnahme, er sei „zufrieden mit dem, was er getan habe“.

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Kurz vor der Pressekonferenz der Polizei am Montag hielt das Land um 12 Uhr während einer Schweigeminute inne, um der Opfer des Terroranschlages zu gedenken. „Die Stärke, die Entschiedenheit, der Zusammenhalt, die Unbeirrtheit in unseren Werten kann ein Mörder uns niemals nehmen. Unser Zusammenhalt wird immer stärker sein, als die Kräfte, die uns auseinanderreißen wollen. Unser Gesellschaftsmodell wird sich nicht unterwerfen“, sagte der sozialdemokratische Ministerpräsident Stefan Löfven an einer nationalen Gedenkzeremonie vor dem Stockholmer Stadthaus unter Anwesenheit der Königsfamilie.

Ministerpräsident will Abschiebepraxis verbessern

Ministerpräsident Stefan Löfven auf dem Weg zur Gedenkfeier für die Opfer des Anschlags von Stockholm.
Ministerpräsident Stefan Löfven auf dem Weg zur Gedenkfeier für die Opfer des Anschlags von Stockholm. © Getty Images | Michael Campanella

Nach dem ersten Schock kamen auch kritische Töne auf. Hätte die Tat verhindert werden können?“, fragte etwa die bürgerliche Zeitung „Svenska Dagbladet“. Der Todesfahrer kommt aus Usbekistan und hatte 2014 einen Asylantrag gestellt. Der wurde im Dezember 2016 in letzter Instanz abgelehnt. Offiziell wurde er von der Polizei seitdem gesucht. Doch in Schweden kommen Migrationsamt und Polizei Abschiebungsaufträgen kaum nach, räumten die Behörden bereits lange vor dem Attentat ein.

Regierungschef kündigt Verbesserungen an

Schweden hat, gemessen an seiner Einwohnerzahl, mehr Flüchtlinge aufgenommen als jedes andere EU-Land. Rund 12.000 abgelehnte Asylbewerber sollen derzeit in Schweden untergetaucht sein. Bis 2021 sollen rund 49.000 abgelehnte Asylbewerber in Schweden verschwunden sein, prognostizierte das Migrationsamt kürzlich.

Etwa ein Drittel der Auszuweisenden weigere sich, schätzte das Migrationsamt 2016 ein. Ministerpräsident Löfven versprach, die Abschiebepraxis zu verbessern. „Wir müssen die Möglichkeiten verbessern, das durchzusetzen“, sagte er.

Hätten Autosperren den Anschlag verhindern können?

„Wenn die Angaben über diese Person stimmen, fordern wir, dass jemand dafür die Verantwortung übernimmt. Vor allem von der Regierung“, sagte der Chef der Rechtsaußenpartei Schwedendemokraten, Jimmie Akesson, im Fernsehsender SVT.

Sicherheitsexperten kritisierten zudem das Fehlen von Autosperren in belebten Fußgängerzonen Stockholms. Sie hatten den Bau solcher Anlagen bereits kurz nach den Attentaten in Nizza und Berlin auch für den späteren Anschlagsort in Stockholm eingefordert.