Berlin. Vor der Bundestagswahl versprechen Parteien von SPD bis zur AfD mehr Förderung von Eltern und Kindern. Ein Überblick über die Pläne.

Für die rund elf Millionen Familien in Deutschland verspricht der Bundestagswahlkampf diesmal besonders interessant zu werden: Mit ungewöhnlich umfangreichen Milliardenversprechen wollen die Parteien um die Gunst der Familien buhlen – vor allem Union und SPD schätzen sie als wichtige Wählergruppe, bieten Steuerentlastungen, Zuschüsse und niedrigere Kita-Gebühren.

Schon sechs Monate vor der Wahl geht es in der Koalition entsprechend hitzig zu. „Ich glaube der Union kein Wort“, kanzelt Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) die Pläne der Konkurrenz ab. Und umgekehrt werfen Familienpolitiker der Union der Ministerin vor, sie betreibe nur Symbolpolitik. Der Kampf um die Familien hat begonnen: Wer plant was zur Wahl?

CDU

Die Kanzlerin hat sich schon festgelegt: Ein Schwerpunkt des Bundestagswahlkampfs der CDU werden diesmal Kinder und deren Chancen sein. „Wir werden vor allem Familien mit Kindern noch stärker unterstützen“, sagt auch Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) und nennt Hilfen bei der Eigentums- und Vermögensbildung, bei Betreuung und Bildung.

So soll Wohneigentum von Familien mit einem Baukindergeld oder Steueranreizen gefördert werden. Das Ehegattensplitting soll schrittweise um ein Familiensplitting ergänzt werden, um Eltern besser zu unterstützen. Vieles ist bei der CDU aber noch im Fluss, das Programm soll im Juni vorgelegt werden. Angela Merkel kann sich etwa eine steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern in den ersten Grundschuljahren vorstellen. Merkel mahnt aber schon, die Haushaltsdisziplin nicht aus den Augen zu verlieren.

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    CSU

    CSU-Chef Horst Seehofer ist in der Union vorgeprescht, hat ein „starkes Maßnahmenpaket für eine familienpolitische Offensive“ angekündigt, das wohl zum Teil auch von der CDU übernommen wird.

    Geprüft werden fünf Maßnahmen, von denen die CSU zwei oder drei ins Wahlprogramm aufnehmen will: ein einmaliger Zuschuss für junge Eltern beim Kauf etwa von Babyausstattung, höhere Steuerfreibeträge für jedes Kind über ein „Kindersplitting“, die schrittweise Abschaffung der Kitagebühren, niedrigere Beiträge zur Sozialversicherung für Familien mit geringem Einkommen und die Einführung eines Bildungskontos, auf das der Staateinzahlt. In der CSU wird mit zusätzlichen Kosten von fünf Milliarden Euro kalkuliert.

    SPD

    Mit Familienministerin Manuela Schwesig hat die SPD einen Startvorteil: Schwesig hat als zuständiges Regierungsmitglied das Thema offensiv vertreten, setzt sich geschickt in Szene: Am Dienstag etwa präsentierte Schwesig den Vorstoß für Kinderrechte im Grundgesetz (was die Union ablehnt), am Tag zuvor hatte sie das Konzept einer Familienarbeitszeit vorgestellt: Eltern von Kindern bis zu acht Jahren sollen für 24 Monate einen Zuschuss von zusammen 300 Euro im Monat bekommen, wenn sie ihre Arbeitszeit in einem Korridor zwischen 26 und 36 Wochenstunden reduzieren.

    Die SPD hat mit Familienministerin Manuela Schwesig einen Pluspunkt.
    Die SPD hat mit Familienministerin Manuela Schwesig einen Pluspunkt. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Markus Schreiber

    In Kernpunkten steht auch das weitere SPD-Familienkonzept schon, obwohl das Programm erst im Frühsommer vorgelegt werden soll: Die SPD will schrittweise die Gebührenfreiheit für Kita-Plätze und einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung verankern. Das Kindergeld soll nach Einkommen gestaffelt werden. Zudem will die SPD die Steuervorteile von verheirateten Paaren zugunsten von Familien mit Kindern über einen „Familientarif“ verringern, der unabhängig vom Trauschein greift – wer heute das Ehegattensplitting schon nutzt, für den soll aber Bestandsschutz gelten.

    Linke

    Auch die Linkspartei hat in ihrem Wahlprogramm-Entwurf konkrete familienpolitische Forderungen verankert. Zu den wichtigsten Punkten gehört eine massive Aufstockung des Kindergeldes (von jetzt 192 Euro für das erste und zweite Kind) auf 328 Euro – das soll ein erster Schritt zu einer Kindergrundsicherung sein. Deutlich erhöhen will die Linke auch die Hartz-IV-Sätze für Kinder und Jugendliche, um sie aus verdeckter Armut herauszuholen. Zugleich sollen sämtliche Leistungen für Bildung, Kinderbetreuung und Erziehung gebührenfrei zur Verfügung stehen, die Linke spricht von einem „Infrastruktursozialismus“.

    Alleinerziehende sollen finanziell besser gestellt werden. Auch die Linke will zudem Arbeitszeitmodelle fördern, bei denen Mütter und Väter zugunsten der Kindererziehung weniger arbeiten, und den Elterngeldanspruch flexibler gestalten. Die Partei verspricht ein Ganztags-Betreuungsangebot für alle Kinder, wozu neben „hochwertigen Kita-Plätzen“ auch flächendeckende Ganztags-Schulplätze zählen.

    Grüne

    Die Grünen haben bereits einen fertigen Wahlprogramm-Entwurf vorgestellt, der für Familien ehrgeizige Versprechen enthält: Einer der Kernpunkte ist ein 12-Milliarden Euro schweres Entlastungspaket für Familien, das Kinderarmut bekämpfen und bisherige Schwachstellen der Förderung beseitigen sollen. Aus dem „Familien-Budget“ würden unter anderem höhere Hartz-IV-Regelsätze für Kinder finanziert, ein unbürokratischer Kindergeld-Bonus für Alleinerziehende und Geringverdiener und eine einheitliche Kindergrundsicherung für alle Kinder.

    Für neu geschlossene Ehen wollen die Grünen das Ehegattensplitting abschaffen, weil es eine Hürde für die Erwerbstätigkeit von Frauen sei. Stattdessen soll parallel zum „Familien-Budget“ die Individualbesteuerung greifen. Ähnlich wie die SPD wollen auch die Grünen die Arbeitszeitreduzierung von Eltern fördern, damit die mehr Zeit für ihre Kinder haben. Zu den Forderungen zählt auch die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz und ein Wahlrecht ab 16 Jahren.

    FDP

    Im Mittelpunkt der familienpolitischen Forderungen der FDP steht ein „Kindergeld 2.0“, das alle kindesbezogenen Leistungen zu einem eigenständigen Anspruch des Kindes zusammenfasst. Das Leistungspaket aus Grundbetrag, einkommensabhängigem Flexibetrag sowie Gutscheinen für Bildung und Teilhabe soll von einer zentralen Stelle ausbezahlt werden. Familien sollen durch höhere Kinderfreibeträge und bessere Absetzbarkeit von Betreuungskosten entlastet werden. Am steuerlichen Splittingverfahren für Ehe- und eingetragene Lebenspartnerschaften will die FDP festhalten.

    AfD

    Die Gesellschaft soll von Grund auf familien- und kinderfreundlicher werden, heißt es im Wahlprogramm-Entwurf der AfD. Familienpolitik mit Orientierung an der klassischen Familie und dem Ziel einer ausgeglichenen Geburtenbilanz müsse den Maßstab setzen für andere Politikfelder. Im Grundgesetz soll als Staatsziel eine „kinderfreundliche Gesellschaft und der Erhalt des Staatsvolks“ verankert werden.

    Zu den Forderungen gehören die Entlastung von Familien bei Steuern und Sozialbeiträgen etwa über ein „Familiensplitting“, ein Baby-Begrüßungsgeld und die Gleichstellung von Familienarbeit mit anderen Berufen in der Sozialversicherung.