Berlin. Rein in die Wahlkabine, Kreuzchen setzen, Erinnerungsfoto knipsen und dann der Zettel in die Urne. Was 2013 ging, ist jetzt verboten.

Pizza essen, Muffins backen oder mit dem Hund raus gehen – für die jüngere Generation gehört längst dazu, all das mit der Handykamera festzuhalten und der ganzen Welt zu zeigen. Ob auf Facebook, Twitter, Instagram oder Snapchat, das ist Geschmackssache.

Museen fühlen sich schon gezwungen, Selfie-Sticks zu verbieten, weil Kunstgenuss ohne Selbst-Fotografie vielen unmöglich scheint. Jetzt verordnet der Staat einen neuen selfie- und fotofreien Raum: Die Wahlkabine für die Bundestagswahl am 24. September.

Wer erwischt wird, verschenkt seine Stimme

„In der Wahlkabine darf nicht fotografiert oder gefilmt werden“, heißt es in der neuen Bundeswahlordnung, die am Freitag in Kraft getreten ist. Etwas weiter unten heißt es dann, der Wahlvorstand habe „einen Wähler zurückzuweisen“, der „für den Wahlvorstand erkennbar in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt“ habe. Heißt: „Wer erwischt wird, darf seinen Wahlzettel nicht abgeben“, erklärt ein Sprecher des Innenministeriums.

Wozu das Verbot? Es geht ums Wahlgeheimnis, Wählen ist Privatsache. Niemand darf gezwungen werden zu verraten, wo er sein Kreuzchen gemacht hat. Wer unter Druck gesetzt wird, kann ja immer noch lügen – mit einem Foto des Wahlzettels wird das schon schwieriger. Das Bilder-Verbot dient also dem Schutz der Privatsphäre des Wählers.

Verbot wird nur bedingt durchsetzbar sein

Wähler sollen außerdem nicht beeinflusst werden dadurch, dass sie erfahren, wie andere abgestimmt haben – deswegen gibt es auch Prognosen und Hochrechnungen zum Wahlausgang immer erst um 18 Uhr, wenn die Wahllokale zumachen. Ein bisschen einschränken kann das Bilderverbot die Stimmungsmache am Wahltag wohl.

Natürlich lässt das Handyverbot beim Wählen sich nur bedingt durchsetzen. Für Briefwähler gilt es gar nicht erst, denn was die machen, sieht ja sowieso keiner. Auch am Wahltag darf niemand zuschauen, was die Bürger hinter dem Sichtschutz tun. Das Smartphone muss zudem nicht draußen vor der Kabine bleiben.

Foto auf Facebook ist nicht strafbar

Wenn man es erst geschafft hat, heimlich zu fotografieren, wie sieht es dann mit dem Hochladen auf Facebook und Co. aus? Damit mache man sich nicht strafbar, heißt es im Innenministerium. Ein Straftatbestand sei dagegen, wenn man die Wahlentscheidung eines anderen veröffentliche.

Für die Landtagswahlen gilt das Verbot übrigens nicht automatisch. Im Saarland etwa waren Handyfotos erlaubt, das hängt von den Wahlordnungen der Bundesländer ab – in denen von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo im Mai gewählt wird, steht übers Fotografieren und Filmen nichts.

Das Thema Wahl-Selfies beschäftigt nicht nur die Deutschen: Popstar Justin Timberlake zum Beispiel hatte in den USA Ärger wegen eines Wahl-Selfies. Der 36-Jährige wusste nach eigenen Angaben nicht, dass die in seinem Heimatstaat Tennessee verboten sind. (dpa)