Berlin. Die Pkw-Maut ist wohl das umstrittenste Vorhaben der Regierung. Nun hat der Bundestag zugestimmt. Noch aber kann das Projekt scheitern.

  • Der Bundestag hat mehrere Änderungen der seit 2015 geltenden Maut-Gesetze beschlossen
  • Damit soll die Pkw-Maut 2019 kommen
  • Der Bundesrat könnte das Verfahren noch verzögern

Die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen rückt nach jahrelangem Streit ein großes Stück näher. Der Bundestag beschloss am Freitag mehrere Änderungen der seit 2015 geltenden Maut-Gesetze, mit denen die EU-Kommission doch noch grünes Licht für das CSU-Wunschprojekt in der großen Koalition geben will.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte: „Wir schaffen endlich Gerechtigkeit auf unseren Straßen.“ Für eine Umsetzung bis zur Bundestagswahl am 24. September wird die Zeit knapp. Der Bundesrat könnte das Verfahren möglicherweise noch verschleppen. Kassiert werden soll die Maut allerdings erst ab 2019.

Dobrindt weist Kritik zurück

Dobrindt wies massive Kritik an seinen Plänen zurück. Die Devise der Maut laute: „Wer nutzt, der zahlt. Und keiner zahlt doppelt.“ Künftig werde es keinen Unterschied mehr geben zwischen Autofahrern, die sich an der Finanzierung der Infrastruktur beteiligen und jenen, „die bisher kostenlos auf unseren Straßen fahren“. Die Maut habe mit ihrer Ausrichtung an den Umwelteigenschaften der Fahrzeuge eine ökologische Steuerungswirkung, die Einnahmen seien für die Straße zweckgebunden.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte, seine Partei stimme dem CSU-Vorhaben „unter großen Bauchschmerzen“ und aus Koalitionstreue zu. Die SPD sei der Garant dafür, dass kein deutscher Autofahrer belastet werde. In namentlicher Abstimmung votierten 397 Abgeordnete der Koalition für das geänderte Maut-Gesetz, 135 Abgeordnete stimmten dagegen. Bei der SPD gab es 25 Nein-Stimmen, bei der Union 7. Am angestrebten Maut-Ertrag von jährlich 500 Millionen Euro und der Vereinbarkeit mit EU-Recht gibt es weiterhin Zweifel.

Was die Pkw-Maut für Autofahrer vorsieht

Straßennetz: Inländer sollen für das knapp 13.000 Kilometer lange Autobahnnetz und das 39.000 Kilometer lange Netz der Bundesstraßen Maut zahlen. Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf den Autobahnen. Für ausländische Fahrzeughalter wird sie aber auf Bundesstraßen ausgesetzt, um den kleinen Grenzverkehr nicht zu belasten.

Mautpreis für Inländer: Alle inländischen Autobesitzer müssen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird. Sie richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Motors. Im Schnitt kostet sie 67 Euro, maximal 130 Euro. Benziner sind günstiger als Diesel.

Mautpreise für Fahrer aus dem Ausland: Für Ausländer gibt es neben der genauso berechneten Jahresmaut auch zwei mögliche Kurzzeittarife: Eine Zehn-Tages-Maut für 2,50, 4, 8, 14, 20 oder 25 Euro sowie eine Zwei-Monats-Maut für 7, 11, 18, 30, 40 oder 50 Euro (ebenfalls je nach Größe und Umweltfreundlichkeit).

Ausgleich für Inländer: Inländer sollen für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett wieder entlastet werden. Bei besonders sauberen Autos (Euro 6) soll die Steuer sogar stärker sinken als der Mautbetrag.

Besondere Fahrzeuge: Mautpflichtig sind neben Autos auch Wohnmobile. Motorräder, Elektroautos, Wagen von Behinderten, Kleinlastwagen und Krankenwagen sind mautfrei.

Kontrollen: Statt an Klebe-Vignetten sollen alle Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos zu erkennen sein. Kontrolliert werden soll dies in Stichproben durch einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich. Daten sollen nur hierfür erfasst und schnell wieder gelöscht werden.

Strafen: Wer keine Maut zahlt und erwischt wird, muss eine Geldbuße zahlen. Genaue Summen sind noch nicht festgelegt. Geldbußen sollen auch im Ausland eingetrieben werden.

Rückzahlungen: Inländer, die nachweisen können, dass sie in einem Jahr nicht auf Autobahnen und Bundesstraßen gefahren sind, können die Maut zurückfordern. Nachweis könnte ein Fahrtenbuch sein.

Zahlungsstart der Maut: Der Aufbau des Erfassungssystems sowie die Ausschreibung für den Betrieb werden Zeit kosten. Es wird daher damit gerechnet, dass die Maut frühestens ab 2019 kassiert werden kann.

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Opposition attackiert Maut-Pläne

Die Opposition attackierte die Pläne scharf. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warnte, die Maut sei ein „europafeindliches Projekt“ und schlecht für die deutschen Grenzregionen. Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens verlangte, die Ausländermaut sofort „zu versenken“, die auch einen „irrsinnigen Aufwand“ an Bürokratie bedeute.

Konkret beschloss der Bundestag zwei Nachbesserungen der bestehenden Gesetze. Zum einen sollen die Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland stärker gestaffelt werden. Zum anderen soll die für Inländer vorgesehene Maut-Entlastung über eine niedrigere Kfz-Steuer für abgasarme Euro-6-Autos stärker ausfallen, nämlich um 100 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr.

Bundesrat könnte Verfahren verzögern

Das Paket muss noch durch den Bundesrat, zustimmungspflichtig ist es dort aber nicht. Die Länderkammer könnte jedoch den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren verzögern – womöglich so lange, dass eine Umsetzung der Maut bis zur Bundestagswahl nicht mehr perfekt gemacht werden kann. Der Bundesrat fordert mautfreie Abschnitte auf Autobahnen in Grenznähe, was die Bundesregierung bereits abgelehnt hat.

Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried rief den Bundesrat auf, „die diskriminierende Ausländer-Maut zu Fall bringen“. Sollte es zu keinem Einlenken in Berlin kommen, halte sich Wien weiter eine Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) offen. Dobrindt hatte zuvor im Bundestag bekräftigt: „Ich habe für diese ständige Maut-Maulerei aus Österreich überhaupt kein Verständnis.“ (dpa)

Kosten, Strafen, Kontrollen – Das bringt die Pkw-Maut