Steven Mnuchin will Wirtschaft in Amerika auf Trab bringen
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Von Dirk Hautkapp und Philipp Neumann
Berlin. Der neue US-Finanzminister Steven Mnuchin versucht, beim Berlin-Besuch gute Stimmung zu verbreiten: „Wir wollen keinen Handelskrieg“.
Telefoniert haben sie schon vor einem Monat miteinander. Gestern nun hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seinen neuen amerikanischen Kollegen Steven Mnuchin dann erstmals persönlich getroffen. Der Mann mit dem Zungenbrecher-Namen, von dem noch nicht einmal Amerikaner genau wissen, wie man ihn ausspricht (Mnuchin selbst sagt „Menuschin“), war zu Gast in Berlin.
Mehr als eineinhalb Stunden saßen die beiden zusammen und bereiteten, wie Schäuble es ausdrückte, eine „Gesprächsgrundlage“, um Probleme zu lösen – Probleme, die die Deutschen unter der neuen amerikanischen Regierung in der Steuer- und Finanzpolitik erwarten. So gesehen war das joviale „Du“, mit dem Schäuble Steven anschließend auf der Pressekonferenz anredete, ein erstes wichtiges Ergebnis.
Schäuble als Gastgeber
Für Mnuchin war es ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Baden-Baden, wo an diesem Freitag die Finanzminister und Notenbankchefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) zusammenkommen. Auch hier ist Schäuble der Gastgeber, denn Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz der G20 inne.
Schäuble und seine Kollegen wollen dort von Mnuchin wissen, wie er die Wahlversprechen von Präsident Donald Trump umsetzen will: Wie die Steuerreform aussehen wird, die Trump seinen Wählern als „Riesending“ angekündigt hat. Und wie – unter anderem mit Hilfe dieser Reform – die amerikanische Konjunktur in Schwung kommen soll. „Vier Prozent Wachstum pro Jahr“ lautet Trumps Vorgabe hier.
Nicht mehr nutzen
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Wachstum und Wohlstand
Auch die von Trump angekündigten Strafsteuern auf Importe in die USA, die vor allem die deutsche Wirtschaft schwer treffen würde, sind Thema bei den G20, wobei Schäuble aber bereits ankündigte, die Handelspolitik werde in Baden-Baden wohl ausgeklammert. Mnuchin selbst blieb bei seinem Auftritt in Berlin in allen diesen Punkten relativ zugeknöpft. Erst auf mehrfache Nachfragen bekannte er: „Wir wollen keinen Handelskrieg.“
Über die Importsteuer habe man noch nicht entschieden. Im selben Atemzug stellte er dann aber klar, dass sich die US-Regierung zuallererst um den amerikanischen Arbeitnehmer kümmern werde. Davon würden auch andere Staaten profitieren. Schäuble dagegen betonte mehrfach demonstrativ, man müsse international für Wachstum und Wohlstand sorgen – mit der Betonung auf international.
Spitze von Goldman Sachs
So verschieden die Standpunkte, so unterschiedlich sind die beiden Männer, die da nebeneinander saßen. Auf der einen Seite der Berufspolitiker Schäuble, dessen Vater schon Politik machte und der sein gesamtes Leben im Staatsdienst verbracht hat. Und auf der anderen der Investmentbanker, der es wie schon sein Vater bis an die Spitze von Goldman Sachs schaffte, und der mit einem geschätzten Privatvermögen von 500 Millionen Dollar selbst in Trumps Kabinett der Superreichen heraussticht.
Wie der 54-Jährige, der an der noblen Upper East Side von Manhattan aufwuchs und die Elite-Universität Yale absolvierte zu diesem Reichtum kam, löst noch immer Kritik aus. Vor acht Jahren übernahm Mnuchin in Kalifornien einen beinahe bankrotten Hypothekenfinanzierer, taufte ihn auf den Namen „One-West“ und sanierte ihn. In der Finanzkrise sorgte das Bankhaus durch 36.000 Zwangsversteigerungen für böse Schlagzeilen.
Untypische Vita
In einem Fall wurde eine 90 Jahre alte Rentnerin aus ihrem Haus geworfen, als sie bei ihrer Kreditrate 27 Cent zu wenig überwiesen hatte. Mnuchin verkaufte seine Anteile an der Firma 2015 mit 1,8 Milliarden Dollar Gewinn. Für das Geschäftsgebaren der Bank entschuldigte er sich später. Mnuchin, der nach zwei gescheiterten Ehen inzwischen mit der schottischen Schauspielerin Louise Linton liiert ist, hat für das Team Trump, dem er schon im Wahlkampf als oberster Kassenwart diente, eine eher untypische Vita.
Der Sohn aus jüdischem Hause arbeite mit dem Milliardär und Demokraten-Unterstützer George Soros zusammen. 2008 spendete er im Wahlkampf an Hillary Clinton und den späteren Sieger Barack Obama. Die Nähe zu den politischen Feinden Trumps speiste sich aus Mnuchins Zeit an der Westküste. Dort finanzierte er Kino-Schlager wie „Mad Max“ oder „Avatar“, er ging auch beim liberalen Hollywood-Volk ein und aus.
Konjunktur auf Trab
Dass sich Mnuchin über seine Pläne als Finanzminister noch so bedeckt hält, kann daran liegen, dass auch er noch nicht genau weiß, wie viel Handlungsspielraum ihm Trump lassen wird. Auf die Frage, wem man in Sachen Währungs- und Finanzpolitik zuhören solle, antwortete er: „dem Präsidenten und dann auch mir“.
So viel immerhin ist klar: Die Steuerreform, die mittlere Einkommen, aber vor allem Unternehmen entlasten soll, wird „die größte seit Ronald Reagan“. Mnuchin will sie bis August über die Bühne bringen, dann geht die amerikanische Politik in die Sommerpause. Die US-Konjunktur auf Trab zu bringen, werde etwas länger dauern, aber auch da könne man „Ende nächsten Jahres“ möglicherweise schon etwas mehr Wachstum sehen, versprach er.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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