Essen/Düsseldorf. Nach dem vereitelten Anschlag auf ein Essener Einkaufszentrum steht der Oberhausener Imran René Q. im Fokus. Er soll in Syrien sein.

Das wegen eines Terroralarms am Samstag geschlossene Einkaufszentrum am Limbecker Platz im Essen hatte am Montag wieder geöffnet. Ermittler gehen aber davon aus, dass die Anschlagsgefahr durch islamistische Terroristen sehr ernst war. Denn Ort und Zeit des Angriffs waren genau benannt worden. Inzwischen steht auch die Identität des mutmaßlichen Drahtziehers des vereitelten Anschlags fest. Nach „WAZ“-Informationen handelt es sich um den 24 Jahre alten Imran René Q. aus Oberhausen.

Der Sohn eines Pakistaners und einer Deutschen aus Oberhausen ist offenbar im Frühjahr 2015 in das syrische Kampfgebiet ausgereist. Dort soll sich der Dschihadist der Terrormiliz IS angeschlossen haben. Die deutschen Behörden stufen ihn als „Gefährder“ ein.

Lebensgefährtin soll mit in Syrien sein

Ermittler gehen davon aus, dass die Anschlagsgefahr sehr ernst war.
Ermittler gehen davon aus, dass die Anschlagsgefahr sehr ernst war. © REUTERS | THILO SCHMUELGEN

Wie diese Redaktion erfuhr, soll sich seine ebenfalls aus Oberhausen stammende Lebensgefährtin, die 21 Jahre alte Deutschtürkin C., mit ihm in Syrien aufhalten. Laut Sicherheitsbehörden sind in den letzten Jahren etwa zwei Dutzend Dschihadisten aus dem Ruhrgebiet nach Syrien ausgereist. Sie stammen aus Oberhausen, Dinslaken und Solingen, also aus Salafisten-Hochburgen in NRW.

Verfassungsschützern war die Kommunikation von Imran René Q. in einem Facebook-Chat aufgefallen. Er rief zu einem Anschlag durch mehrere mit Bomben ausgerüstete Selbstmordattentäter am Samstag gegen 16.30 Uhr in dem Essener Einkaufszentrum auf.

Diese Information war „ungewöhnlich konkret“, sagte ein Sprecher der Essener Polizei. Derzeit gebe es aber keine Hinweise mehr auf ein bevorstehendes Attentat. Daher konnte das Zentrum am Montag wieder öffnen.

Das NRW-Innenministerium hält die Sperrung des Einkaufszentrums für gerechtfertigt. „Wenn sich ein so deutlicher Hinweis auf einen Anschlag ergibt, dann muss man handeln. Das ist keine Überreaktion“, sagte ein Ministeriums-Sprecher. Das besondere in diesem Fall sei, dass man zwar die Anschlagsdrohung aus Syrien hatte, aber nicht wusste, an welche potenziellen Attentäter sie genau gerichtet war.

Ermittlungen gegen mögliche Komplizen

Das Einkaufszentrum war am Samstag geschlossen worden.
Das Einkaufszentrum war am Samstag geschlossen worden. © REUTERS | THILO SCHMUELGEN

In der Nacht von Freitag auf Samstag fiel in Berlin im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) von Bund und Ländern die Entscheidung: Die Polizei soll das Einkaufszentrum absperren. Die Ermittlungen gegen mögliche Komplizen von Q. in Deutschland laufen da bereits auf Hochtouren.

Doch offenbar ist den Sicherheitsbehörden nicht klar, wer genau der Adressat des brisanten Terror-Aufrufs von Imran René Q. ist – wer die möglichen Attentäter in Deutschland sind. Zwei Personen, die Q. noch aus seiner Zeit in Oberhausen kennt und die wie er zur salafistischen Szene zählen, wurden festgenommen, mussten jedoch wieder freigelassen werden.

Offenbar gibt es noch keine ausreichenden Hinweise, dass sie einen Anschlag im Auftrag des IS in Deutschland geplant hatten. Aus Polizeikreisen war am Montag aber zu erfahren, dass die beiden Freigelassenen weiter im Verdacht stehen. Die Ermittlungen auch gegen sie laufen weiter.

Behörden sind weiter in Alarmbereitschaft

Waffen oder Sprengstoff fanden Ermittler bis jetzt offenbar nicht. Ermittelt wird von Seiten der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf derzeit nur gegen Q. Die Alarmbereitschaft der Sicherheitsbehörden ist weiter hoch. Man will keine Risiken eingehen. „Man darf sich nach dem Fall Anis Amri auch keine Fehler mehr leisten“, sagt ein Ermittler dieser Redaktion.

Die Nervosität ist groß, mögliche weitere unentdeckte Attentäter nicht rechtzeitig aufzuspüren und Terror-Pläne zu durchkreuzen. Dann lieber Vorsichtsmaßnahmen einleiten – auch ohne den Tätern unmittelbar auf der Spur zu sein, das ist derzeit die Devise in den Sicherheitsbehörden.