Berlin. Beschimpfung hier, Ausweisung dort – der Streit zwischen der Türkei und den Niederlanden beherrscht die Schlagzeilen in halb Europa.

Die Eskalation im niederländisch-türkischen Streit am Wochenende wird in ganz Europa mit großer Sorge verfolgt. Entsprechend ausgiebig befassen sich die Medien mit dem Thema. Fast in keinem Kommentar fehlt der Hinweis, dass sich beide Länder im Wahlkampf befinden – die Türkei strebt auf das Referendum über ein Präsidialsystem zu, die Niederländer wählen am Mittwoch ein neues Parlament. Sind die scharfen Töne also mehr ein Signal an die eigenen Wähler?

Hier ein Überblick über die Presselage in Europa. Und dazu die Titelseiten der wichtigsten niederländischen Tageszeitungen von diesem Montag:

• „Times“ (Großbritannien): „Dem konservativen Ministerpräsidenten der Niederlande Mark Rutte ging es wenige Tage vor entscheidenden Wahlen zweifellos darum, die Unterstützung für den rechtsextremen Politiker und Chef der Freiheitspartei Geert Wilders einzudämmen. Ihre Parteien liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Bedauerlicherweise könnte Rutte aber gerade dadurch, dass er hart gegen die Türken vorging, der Wahlkampagne von Wilders ungewollt Glaubwürdigkeit verliehen haben. Das wäre genau das, was die Niederlande und Europa absolut nicht brauchen.“

Die niederländische Tageszeitung „De Telegraaf“ begrüßt ihre Leser an diesem Montag mit einer eindeutige Schlagzeile auf Seite 1: „Wir sind hier der Chef!“

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• „Kommersant“ (Russland): „Vor der Parlamentswahl ist zwischen den Niederlanden und der Türkei ein Streit entbrannt, der nicht nur den Ausgang des Wahlkampfs in einem EU-Gründungsmitglied entscheiden könnte. Er könnte auch die Lage in anderen europäischen Staaten mit einer starken türkischen Diaspora verschärfen. Der Skandal mit der Türkei spielt der niederländischen Partei der Freiheit, die an die Macht strebt, und anderen ultrarechten Kräften in Europa in die Hände.“

• „Tagesanzeiger“ (Schweiz): „Erdogan setzt darauf, dass der Eklat seine nationalistischen Anhänger vor dem Referendum vom 16. April über die Einführung eines Präsidialsystems mobilisiert. Nach dem Auftrittsverbot kann sich Erdogan als Opfer inszenieren, als Einzelkämpfer, der es mit den Europäern aufnimmt. Doch auch dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte könnte die Kollision nutzen. Der Rechtsliberale hat gegenüber Erdogan klare Kanten gezeigt und dürfte damit bei den Parlamentswahlen nächsten Mittwoch punkten.“

Die niederländische Tageszeitung „De Volkskrant“ titelt an diesem Montag auf der Frontseite: „Gewalttätiger Streit mit der Türkei“:

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• „Politiken“ (Dänemark): „Die türkische Regierung mit Präsident Recep Tayyip Erdogan an der Spitze hat in den vergangenen Tagen das Klischee des türkischen Verfolgungswahns voll erfüllt. Leider ist das nicht zum Lachen. Im Gegenteil ist es zutiefst besorgniserregend, wenn die Türkei Diplomatie betreibt, indem sie ihre Partner Nazis nennt oder türkische Minister in bestimmte EU-Länder schmuggelt, nachdem sie ausdrücklich gebeten wurden, sich daraus fernzuhalten.“

• „La Repubblica“ (Italien) „Das Referendum, für das Erdogan in Europa Propaganda machen will, würde die letzten verfassungsrechtlichen Garantien gegen die Übermacht seiner Regierung auslöschen. Warum sollten die Europäer auf ihrem eigenen Boden eine Radikalisierung eines Zusammenstoßes dulden, der die Millionen eingewanderten Türken sowieso schon spaltet? Das autoritäre und aggressive Abdriften Erdogans, beschleunigt durch den gescheiterten Putsch, scheint bereits unaufhaltsam. Und die Vorstellung, dass die Türkei ein EU-Mitglied werden kann, wird vollkommen absurd.“

Es geht nicht nur um den Populisten Geert Wilders in den Niederlanden, glaubt das britische Wochenmagazin „Independent“ . Es sieht die Regierungen in ganz Europa am Zug. „Die Führungen Europas werden sich mit der Bewegung gegen die etablierte Elite auseinandersetzen müssen“ titelt das Magazin einen Beitrag über die Lage in den Niederlanden vor der Wahl an diesem Mittwoch.

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• „Pravda“ (Slowakei): Die Türkei muss die Emotionen zügeln. Aber auch Europa ist nicht ohne Schuld. Stets hat man der Türkei nur eine vage Perspektive geboten. Jetzt ist es Zeit für eindeutigere Haltungen. Es wäre falsch, allen Türken die Tür zu Europa zu verschließen. Aber wir dürfen auch nicht Erdogan erlauben, dass er seinen ,Kampf’ gegen den Westen dauerhaft als Wahltaktik einsetzt.“ (W.B./mit Material von dpa)