Washington. US-Präsident Trump nennt seinen Vorgänger Barack Obama „böse oder krank“. Will Trump dadurch von dem Skandal mit Russland ablenken?

Neuer Tiefpunkt im politischen Grabenkrieg in Amerika: US-Präsident Donald Trump hat seinen Vorgänger Barack Obama beschuldigt, dass er ihn vor der Wahl im November von den Geheimdiensten überwachen ließ. In mehreren Kurzmitteilungen auf Twitter, wo über 25 Millionen Menschen dem Präsidenten folgen, schrieb der zurzeit in seinem Florida-Domizil Mar-a-Lago weilende Trump am Samstag, dass seine Telefone abgehört wurden. Belege dafür nannte er nicht.

Die jüngste Twitter-Welle Trumps nach mehreren Tagen der Zurückhaltung, von der selbst enge Mitarbeiter überrascht wurden, setzte vor sieben Uhr Ortszeit ein. „Furchtbar! Gerade herausgefunden, dass Obama meine Telefone im Trump Tower (in New York - d. Red.) kurz vor dem Sieg abhören ließ. Nichts gefunden. Das ist McCarthy.“ US-Senator Joseph McCarthy hatte in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Jagd auf angebliche kommunistische Verräter angeführt, die er in der Regierung und in Reihen des Militärs vermutete. Das gesellschaftliche Klima in Amerika litt noch Jahre später darunter.

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„Böser (oder kranker) Kerl!“

Kurz darauf schrieb Trump, er „wette“, dass ein guter Anwalt „aus der Tatsache“, dass Obama ihn habe abhören lassen, einen „großen Fall“ für die Gerichte machen könne. Trump sprach von einem „neuen Tiefpunkt“. Beweise für seine Anwürfe blieben erneut aus.

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Am Ende legte er mit der bislang massivsten Attacke gegen seinen Vorgänger nach, dem er noch vor Wochen bescheinigte, ihn während der Amtsübergabe sehr herzlich behandelt zu haben: „Wie tief ist Obama gesunken, um während des heiligen Wahlprozesses meine Telefone abhören zu lassen. Das ist Nixon/Watergate. Böser (oder kranker) Kerl!“

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Der republikanische Präsident Richard Nixon musste im Zuge einer vertuschten Abhör-Aktion bei den Demokraten zurücktreten. Watergate, benannt nach einem Washingtoner Hotel, in dem der Lauschangriff stattfand, steht bis heute für den größten innenpolitischen Skandal Amerikas nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Trumps Affront löste umgehend Kritik aus. „Präsidenten ordnen keine Lauschangriffe an. Dafür sind nach richterlicher Einzelfallgenehmigung das Justizministerium und das FBI zuständig“, betonte der ehemalige Obama-Berater Ben Rhodes.

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Trump könnte auf ultrakonservative Medienberichte reagiert haben

US-Medien rätselten zunächst über die Hintergründe der überraschenden Attacke, die weder vom Weißen Haus noch von anderen Regierungsstellen mit Belegen unterfüttert wurden. Anfragen bei Trumps Sprechern blieben unbeantwortet.

Später hieß es in politischen Zirkeln, dass Trump erneut auf tendenziöse Medien-Berichte reagierte haben könnte. Hintergrund: Der in ultrakonservativen Kreisen verehrte Radio-Talkshow-Moderator Journalist Mark Levin hatte am Donnerstag von „Polizeistaat-Methoden“ und einem „stillen Coup“ gesprochen, mit dem die Obama-Regierung Trumps Wahlkampagne angeblich torpediert habe.

„Breitbart“ beim Spekulieren vorne dabei

Den Ball nahm das Internet-Portal Breitbart auf, dessen ehemaliger Chef Stephen Bannon heute Trumps wichtigster Berater im Weißen Haus ist. Dort ist im Kern zu lesen, dass die Obama-Regierung die richterliche Genehmigung eingeholt habe, Donald Trump zu bespitzeln. Obwohl es keine Hinweise für Fehlverhalten gegeben habe, sei das Trump-Team kontinuierlich überwacht worden. Die daraus resultierenden Informationen sollen innerhalb der Regierung breit gestreut worden, um Durchstechereien an die Medien zu begünstigen.

Unter US-Kommentatoren der Sender MSNBC und CNN entstand hingegen der Eindruck, dass Trump – wie schon in mehreren Fällen zuvor – mit seiner Twitter-Attacke „ein Ablenkungsmanöver starten wollte“, um den Dauerbrenner „Russland-Connection“ aus den Schlagzeilen zu verdrängen.

Sensible Daten vor und nach Wahl mit Russland ausgetauscht?

Sein engerer Kreis steht wie berichtet unter dem Verdacht, vor und nach der Wahl auf verschiedenen Ebenen mit Vertrauten von Russlands Präsident Wladimir Putin sensible Informationen ausgetauscht und möglicherweise gegen Gesetze verstoßen zu haben.

Trumps Justizminister Jeff Sessions steht unter Druck, weil er in seiner Nominierungs-Anhörung im Senat unter Eid nicht berichtet hatte, dass er sich im Sommer 2016 zwei Mal mit dem russischen Botschafter in Washington zu Gesprächen getroffen hatte. Sessions wies den Vorwurf zurück, er habe damals sensible Wahlkampfthemen angesprochen.

Demokraten fordern Rücktritt von Justizminister Sessions

Er will aber am kommenden Montag seine Aussagen zu Kontakten mit Russland im Justiz-Ausschuss des Senats präzisieren und sich Fragen stellen. Die oppositionellen Demokraten fordern seinen Rücktritt. „Es handelt sich hier um einen Meineid“, sagte Senator Chuck Schumer.

Sessions streitet das ab, hat sich aber als oberster Jurist der Vereinigten Staaten für befangen erklärt, Untersuchungen in diesem heiklen Fall zu leiten. Sein Stellvertreter oder ein von den Demokraten geforderter unabhängiger Sonder-Ermittler soll die Aufgabe übernehmen.

Trump: Wozu die Aufregung?

Präsident Donald Trump hält Sessions Kontakte zu Russland hingegen für unproblematisch. Botschafter Sergej Kisljak, schrieb Trump auf Twitter, sei in Obamas Amtszeit 22 Mal im Weißen Haus gewesen, vier Mal allein in 2016. Botschaft: Wozu die ganze Aufregung?

Trumps nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn musste vor kurzem sein Amt aufgeben, weil er gegenüber Vizepräsident Mike Pence politisch heikle Inhalte aus Gesprächen mit Botschafter Kisljak (Wirtschaftssanktionen, Syrien etc.) verheimlicht hatte.